Ich stieg in die U-Bahn, bemühte mich nicht, mit den anderen Passagieren um einen Sitzplatz zu kämpfen, lehnte stattdessen lieber gemütlich an der verschmierten Glasscheibe und lernte Vokabeln. Vielleicht sollte ich besser sagen, ich tat so, als lernte ich Vokabeln. Viel interessanter erschien mir dann nämlich ein Gespräch zwischen zwei Männern, die schätzungsweise Mitte zwanzig waren. Mit Fußball kenne ich mich ja nicht so aus, aber ich denke so sehr ging es in dem Gespräch gar nicht um Fußball, sondern mehr um eine Stadt, die ihren Namen doch gar nicht verdient hatte. Einer der beiden diskussionsaktiven Männer führte in die Debatte ein: "Warum heißt Kaiserslautern eigentlich Kaiserslautern, wenn es doch dort gar kein Kaiser's gibt." Ich musste mir ein explosives Lachen zwanghaft verkneifen, obwohl mir dies in einer solchen Situation beinahe unmöglich scheint. Der Gegenspieler stieg ohne jeglichen lächerlichen Kommentar in die Diskussion mit ein: "Was ist denn Kaiser's? Das kenne ich überhaupt nicht." Das hätte er, wie sich anschließend herausstellte, nicht fragen sollen. Jetzt begann nämlich sein Gegenüber damit, sich voll und ganz über die Entstehung, Geschichte und finanzielle Entwicklung von dem Lebensmittelladen Kaiser's auszulassen. Kaiser's sei nämlich neben damals noch Reichelt, Rewe und Co. eine große Kette gewesen, die im Laufe der Zeit finanziell leider so abgemagert wäre, dass sie von dem heutigen Edeka und Rewe je zur Hälfte aufgekauft und die Filialen geschlossen wurden. Außerdem gab es diesen Konzern ohnehin nur in Berlin. Damit endete erstmal seine ausführliche Schilderung über diesen Lebensmittelkonzern; sein Partner schien schwer beeindruckt: "Und diesen Laden gibt es jetzt wirklich nicht mehr?" Ich dachte nur, ob es tatsächlich möglich ist, dass sich jemand so intensiv für vergangene Lebensmittelgeschäfte interessierte. Das Gespräch endete dann jedoch zu meiner Verwunderung noch ganz vernünftig. Der Kaiser's-Experte stellte schließlich dann doch fest, dass der Name Kaiserslautern doch einen anderen Ursprung haben müsse, irgendwas in Richtung erster Weltkrieg oder so. Damit endete auch mein Vokabellernen und ich stieg aus und war letztlich über diese große Wendung doch etwas verwundert.