Die Erkenntnis durchzuckte sie wie ein Blitz. Phoebes Herz schlug ihr bis zum Hals vor Angst und Aufregung: "Du wirst auch von der Polizei gesucht!", erinnerte sie sich.
Nadjas Augen funkelten im Licht der Straßenlaternen: "Denkst du, von fahrenden Zügen zu springen ist ein Hobby von mir?"
Die Frau hatte die Arme selbstbewusst verschränkt und lächelte.
Phoebe stolperte einen Schritt zurück: "Du bist die Bankräuberin!"
Sie hätte erwartet, dass Nadja es abstreiten würde, oder sie angreifen, oder laut lachen. Stattdessen blieb die Frau ernst und nickte.
Phoebe war schwindelig. Auf dem Foto der Suchanzeige, die sie vor vielen Tagen im Internet gesehen hatte, hatte Nadja nicht gelächelt und ihre Haare waren kürzer gewesen. Das Foto schien generell ein paar Jahre älter zu sein. Nadjas Gesicht war inzwischen schmaler, strenger und sie hatte mehr Lachfalten. Das Leben auf der Flucht schien ihr zu gefallen.
Phoebe sah sich auf der Straße um: "W-wieso hast du keine Angst?"
"Du musst dreist sein, um zu überleben", erklärte Nadja: "So dreist du nur kannst, aber nicht so dreist, dass dich die Menschen nicht mehr vergessen."
Phoebe fühlte sich schwach: "Wenn die Polizei dich sieht!"
"Sieht sie erst mal nur eine junge Frau mit ihrer Freundin", erklärte Nadja und fasste Phoebe sacht am Arm: "Ich kenne mich damit aus, auf der Flucht zu sein."
Phoebe atmete mehrfach tief durch. Nadja senkte den Blick ihrer grünen Augen nicht ein einziges Mal. Sie schien in Phoebes Augen nach etwas zu suchen.
"Entspann dich. Komm, gehen wir ein Stück."
Nadja nahm Phoebes Arm und zog sie über den Bürgersteig. Phoebe taumelte hinter ihr her. Eigentlich sollte es sie nicht überraschen: "Deswegen das ganze Geld!"
Nadja nickte, ohne den Blick zu ihr zu wenden. Die Frau behielt die Straße im Blick.
"Steht dein Angebot noch?", fragte Phoebe ängstlich. Es erschreckte sie, wie viel ihr die Antwort bedeutete.
"Welches Angebot? Dass du mit mir kommen kannst?"
Phoebe nickte schwach.
"Wenn dich die Tatsache, wer ich bin, nicht stört: Gerne."