»Jaden«, begrüsste mich mein Bruder, als dieser die Tür öffnete.
Ich schob mich an ihm vorbei ohne ihn zu grüssen und schaute mich im Haus um. Es sah noch genau gleich aus, wie vor 170 Jahren.
»Was tust du hier?« Devon betrat das Wohnzimmer und liess mich keinen Moment aus den Augen.
»Ich wollte mein Zuhause wieder einmal sehen«, antwortete ich und strich mit den Fingern über die Bücher in den Regalen.
»Du bist seit 170 Jahren nicht mehr hier gewesen. Wieso genau jetzt?«, fragte mein kleiner Bruder mich weiter.
»Ich muss ein neues Leben anfangen. In Rom war ich zu lange. Tapetenwechsel.«
Ich drehte mich um und schaute meinen Bruder spöttisch an.
»Und das tust du hier, weil?«
Seine Haltung war aggressiv, obwohl er keinen Grund dazu hatte. Wenn hier jemand das Recht hatte wütend zu sein, dann war das ja wohl ich.
»Das ist mein Zuhause Devon.«
Ich schenkte mir ein Glas Whiskey ein und fragte: »Willst du auch?«
Er schüttelte den Kopf.
»Devon? Wo bleibst du?«, vernahm ich eine weibliche Stimme auf der Treppe. Ich drehte mich um und war innerhalb weniger Sekunden da, wo die Stimme herkam.
»Wer bist du meine Süsse?«
Das Mädchen hatte lange schwarze Haare und grüne Augen. Sie war schlank und hatte eine gute Figur.
Eine richtige Augenweide.
Doch das Wichtigste überhaupt; Sie war ein Mensch.
»Ich bin - «
»Das ist Kayla«, unterbrach Devon das Mädchen.
»Ah...Kayla«, schnurrte ich. Mein Bruder stellte sich neben seine Freundin und legte ihr den Arm um die Schultern.
Über eineinhalb Jahrhunderte hatte ich auf die perfekte Rache an meinem Bruder gewartet.
Und jetzt war der Moment gekommen.
Ein selbstzufriedenes Lächeln schob sich in mein Gesicht.
»Und wer bist du?«, fragte Kayla mich.
»Oh wie unhöflich von mir. Ich bin Jaden Wright. Devons älterer Bruder«, antwortete ich mit einem Blick auf ihn.
»Nett dich kennenzulernen«, meinte sie etwas verwirrt.
Anscheinend hatte sie bisher noch nichts von mir gewusst.
»Ich geh‘ dann mal schlafen.« Mit einem Zwinkern stieg ich die Treppe rauf und ging in mein altes Zimmer.
Mein kleiner Bruder hatte renoviert.
Das Bett war neu und das Badezimmer war nun gefliest und nicht mehr mit Holzbrettern ausgelegt.
Mit einem Lächeln legte ich mich aufs Bett und schlief innerhalb weniger Minuten ein.
Ich wurde von Gestöhne geweckt und drehte mich knurrend auf die Seite.
Scheiss Supergehör.
Da ich sowieso nicht mehr schlafen konnte, beschloss ich aufzustehen. Ich zog mir eine Hose an und ging nach unten ins Wohnzimmer.
Ich schenkte mir ein volles Glas Scotch ein und leerte es in wenigen Zügen. Um den heutigen Tag zu überstehen, brauchte ich ein gutes Frühstück.
»Morgen Kayla«, sagte ich lächelnd und drehte mich um.
»Guten Morgen Jaden«, begrüsste sie mich mit einem irritierten Blick auf meinen nackten, durchtrainierten Oberkörper.
»Willst du Frühstück?«, fragte ich sie und hob mein Glas.
Sie zog kritisch die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Ich folgte ihr in die Küche und setzte mich an den Tisch.
»Wie lange bist du schon mit meinem Bruder zusammen?«
»Drei Monate«, antwortete Kayla, während sie Kaffee machte.
»Wo habt ihr euch kennengelernt?« Ich war neugierig, wann sie sich kennengelernt hatten. Mein Bruder hatte schon seit Ewigkeiten niemanden mehr an sich herangelassen.
Dieses Mädchen war also etwas Besonderes und somit die richtige Rache für mich.
»In der Schule.« Sie drehte sich um und setzte sich mit ihrer Tasse an den Tisch. »Jetzt bin ich dran mit den Fragen.«
Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch.
»Weshalb hat Devon mir noch nie von dir erzählt?«
»Keine Ahnung.«
Sie verdrehte die Augen.
»Wo warst du?«
»Nicht hier.« Es war amüsant sie zu provozieren.
»Jaden war auf Reisen«, antwortete Devon als er die Küche betrat.
»Weshalb bist du zurückgekommen?« Kayla schaute verwirrt zwischen ihrem Freund und mir hin und her.
»Ich hatte Heimweh.« Ich grinste Devon an und er schaute mich böse an.
»Ich muss los. Wir sehen uns in Englisch«, meinte Kayla und stand auf. Sie schlang die Arme um meinen Bruder und küsste ihn zum Abschied.
Es war ein laaaaaaaaaanger Kuss.
»Krieg ich auch einen Abschiedskuss?« Ich leckte mir über die Lippen.
Devon knurrte auf, Kayla strafte mich mit einem angewiderten Blick. Kaum hatte seine Freundin das Haus verlassen, drückte er mich an die Wand.
»Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst...«, fauchte er.
»Dann was Devon? Willst du mich umbringen? Das kannst du nicht und das weißt du auch«, knurrte ich. Mit einer blitzschnellen Bewegung drückte ich ihn an die Wand.
»Ich will nur ein bisschen von ihrem Blut kosten«, murmelte ich.
»Wehe Jaden!« Seine Augen glühten vor Hass.
»Ich könnte ihr doch erzählen wer du bist...«
Er knurrte auf und schlug mir ins Gesicht. Brüllend rammte ich ihn gegen die Wand. Meine Hand schoss in seinen Brustkorb und umschloss sein Herz.
Devon schrie auf und schaute mir in die Augen. »Das wagst du nicht.«
»Du hast keine Chance gegen mich. Du weisst nie wann ich zuschlagen werde, wie oder wen es treffen wird. Ich lasse dich aus einem einzigen Grund am Leben. Weil ich Rache will. Ich will, dass du so sehr leidest wie ich. Dass du alles verlierst, was dir etwas bedeutet. Dass du zerbrichst.«
Mit jedem Wort war meine Stimme leiser und drohender geworden. Ich zog die Hand aus seinem Brustkorb und er sank stöhnend zu Boden.
»Greif mich nie wieder an.«