Die Fengli (vereinfachtes Chinesisch: 风狸; traditionelles Chinesisch:風狸/風貍; Pinyin: fēng lí, zu Deutsch "Windleopardenkatze") ist ein legendäres fliegendes Säugetier aus China. Das Wesen hat auch weitere Alias, wie Fengshengshou (风生兽;風生獸; fēng shēng shòu), Fengmu (风母;風母; fēng mǔ oder 猦𤝕, zu Deutsch "Mutter des Windes") oder Pinghou (平猴; píng hóu, zu Deutsch "flacher Affe").
Seit der Edo-Zeit (1603 bis 1868) wird die Art auch in Japan erwähnt, dort nennt man sie Fūri (jap. 風狸, kana ふうり) und betrachtet sie als Yōkai. Sie werden auch Fūseijou (風生獣), Fūbo (風母, zu Deutsch "Windmutter") und Heikō (平猴, zu Deutsch "flacher Affe") genannt. Fälschlicherweise wird die Art auch als Kazetanuki (風貍/かぜたぬき), zu Deutsch "Wind-Tanuki bzw. Wind-Marderhund" bezeichnet.
Merkmale
Sie sind etwa 50 bis 93 Zentimeter groß und so mit einem Marderhund oder Flussotter vergleichbar. In ihrer Erscheinung sollen sie einem Affen oder einem sehr kleinen Leoparden ähneln. Die Augen sind von roter Farbe und der Schwanz eher kurz. Das schwarze Fell, mit seinem leopardartigen Muster, wird von einer blaugrünlichen Mähne geziert. Die Mähne verläuft dabei von Nasenspitze bis zur Schwanzspitze.
Besonders beeindruckend soll ihre Sprungkraft sein, so sollen sie in der Lage sein, von einem Berg zum nächsten zu springen.
Sie gelten als sehr zerbrechlich und würden sofort sterben, wenn sie von einem Schlag getroffen werden. Allerdings kann keine Klinge ihre Haut durchdringen, Feuer lässt sie völlig kalt und sollten sie tatsächlich sterben, genügt es, wenn ihr Mund geöffnet ist und Wind geht, um sie wieder ins Leben zu rufen. Diese enorme Selbstheilung hat aber auch ihre Grenzen, ist der Schädel gebrochen oder Nase mit Blättern des Zwergkalmus (Acorus gramineus) gefüllt, versagt die Wiederauferstehung.
Vorkommen
Fengli sind wilde Tierwesen aus den Bergen und Klippenlandschaften Chinas und anderen Teilen Südostasiens. Insbesondere in den Regionen Guangxi und Sichuan in China ist die Art anzutreffen.
Strittig ist das japanische Vorkommen der Art. In der Wakan Sansai Zue (和漢三才図会, zu Deutsch "Illustrierte chinesisch-japanische Enzyklopädie", eine illustrierte japanische Leishu-Enzyklopädie aus dem Jahr 1712) wurde festgestellt, dass es in Japan keine Fūri und damit Fengli gibt. Die Enzyklopädie Fu-So Mimi Bukuro (ファイル, zu Deutsch "Ein Budget japanischer Notizen") widerspricht dieser Aussage und weist darauf hin, dass Fūri sehr wohl in Japan leben würden. Allerdings stellt diese Quelle die Fūri den Tannuki nahe bis gleich und könnte hier eine Fehlinterpretation darstellen, sodass die Fengli möglicherweise nur durch Überlieferungen in Japan vorliegt.
Lebensweise
Ernährung
Die chinesischen Fengli ernähren sich von Früchten. Spinnen werden aber allgemein bevorzugt, jene Fengli, welche als Fengshengshou bezeichnet werden, haben sich auf Spinnen spezialisiert.
Die japanischen Fūri ernähren sich hauptsächlich von Spinnen und dem duftenden Holz von Weihrauchbäumen, auch sollen sie Vögel erbeuten. Hierfür benutzen sie eine spezielle Art von Gras (die Art ist unbekannt, es heißt, aber immer, es sei ein spezielles Gras) und klettern in den Wipfel eines Baumes. Sie halten das Gras in den händeartigen Pfoten, um einen Vogel anzulocken. Wenn ein Vogel zum Gras kommt, kann der Fūri den Vogel fangen und fressen. Aber auch die chinesischen Fengli nutzen Gras (oder direkt Zauberstäbe), um Beute zu machen.
Verhalten
Fengli sind nachtaktive Geschöpfe und verschlafen den Tag zusammengerollt. Nachts springen sie von Baum zu Baum, oder von Klippe zu Klippe, mit Sprüngen, die sie fast schon fliegen lassen. Es heißt, ihre Bewegungen seien dem Wind gleich und ähnele fliegenden Vögeln.
Kulturelle Bedeutung
Interaktion mit Menschen
Sollte jemand die Dreistigkeit besitzen, dem Fengli das Gras zu entwenden, welches sie zur Vogeljagd nutzen, selbst auf einen Baum klettern und versuchen einen Vogel zu fangen, wird diese Person unweigerlich vom Baum stürzen, der Vogel, der sich verleiten ließ, wird vom Himmel ebenfalls auf den Boden stürzen.
Zwar mag dieses Wesen sehr flink sein, doch es lässt sich mit einem Netz relativ leicht fangen. Ein gefangenes Fengli wird sich verlegen verhalten, seinen Kopf senken und mit großen Kulleraugen um seine Freilassung bitten.
Medizinischer Nutzen
Der Urin des Fengli ist wirksam gegen Lepra. Die milchige Flüssigkeit ist aber meist nur von Fengli zu erhalten, welche auf einem Bauernhof oder ähnlichem aufgezogen wurden.
Eine Mischung aus dem Gehirn mit Chrysanthemenblüten verlängert das Leben um 500 Jahre, nachdem 10 Jin (Kätti, "chinesisches Pfund" entspricht 5 Kilogramm) der Medizin verabreicht wurden. Die Langlebigkeitsbehauptung wurde wahrscheinlich aufgrund der Begründung aufgestellt, dass die langlebigen Unsterblichen (xianren) auch als flugfähig galten.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Fengli erscheint in verschiedenen chinesischen Atlanten der Herbologie und Medizin. Diese wurden von japanischen Autoren in der Edo-Periode (1603 bis 1868) referenziert, sodass die Art auch in die japanische Folklore übernommen wurde. Als möglicher Ursprung gilt der Malaien-Gleitflieger (Cynocephalus variegatus), der ebenfalls in der Lage ist von Wipfel zu Wipfel zu springen bzw. zu gleiten. Ihn verbindet weiterhin das befleckte Feld, auch wenn es bei diesem Säugetier weißfleckig ist und bei der Fengli eher schwarzfleckig. Allerdings ist dieser Unterschied bei der Nachtaktivität beider Lebewesen wohl kaum auszumachen. In der Ernährung unterscheiden sich beide hingegen völlig. So frisst der Malaien-Gleitflieger Früchte, Beeren und Nektar tragende Blüten und zeigt keinerlei karnivore Tendenzen. Vermutlich fließen hier die ebenfalls nachtaktiven Fledermäuse oder eine Schleichkatzenart mit ein.
In Abschnitt "Vierbeinige Tiere II" von Bencao Gangmu (chinesisch 本草綱目 / 本草纲目, Pinyin Běncǎo Gāngmù, zu Deutsch "Das Buch heilender Kräuter" aus dem Jahr 1596) wird das Wesen Fengli als Colago bezeichnet, was untermauert, dass es sich um einen Gleitflieger handelt, da dies einer ihrer vielen Namen ist.
Da es in Japan keine Malaien-Gleitflieger gibt (in China heute auch nicht mehr, aber das alte China lag nicht immer zwingend im heutigen Staatsgebiet und hatte mit den südlicheren Ländern auch Handel betrieben), nahm man den Marderhund als Referenzverwandtschaft an. Weshalb in Japan die Fūri gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Marderhund teilt.
Die Affenähnlichkeit könnte auf Plumploris (Nycticebus) zurückzuführen sein, welche mit den Malaien-Gleitfliegern vermischt wurden.
Taxonomische Stellung
In Japan wird die Fengli bzw. Fūri zu der sehr formenreichen Gruppe der Yōkai zugeordnet, welche allerdings keine Verwandtschaftsgemeinschaft beschreibt, sondern übernatürlichen Kreaturen und Phänomene, die in der japanischen Folklore vorkommen.
Taxonomisch ist die Art den Säugetieren zuzuordnen und dort steht sie wahrscheinlich innerhalb der Primatomorpha. Dieser Gruppe gehören Primaten und Riesengleitern an. Entweder stellt die Fengli ein Wesen einer der beiden Gruppen dar, dann vermutlich eine Form von Riesengleitern (Dermoptera) oder aber dieses Bindeglied zwischen den beiden Taxa.
Eine alternative These stellt die Art in die näheren Verwandtschaft der Bengalkatze (Prionailurus bengalensis) oder Leopardkatze, da der Fengli -Artikel im Bencao Gangmu ursprünglich ein Unterartikel im vorangehenden Kapitel der Leopardkatze war.
Der Jiqu (狤𤟎; jí qū), der angeblich Parfüm aß (indischer Weihrauch oder Mastix), wurde in der Originalquelle als eigenständiges Tier beschrieben, wurde aber vom Bencao Gangmu mit dem Fengli gleichgesetzt. Da das Bencao Gangmu, was Aliase angeht, auch beim Fengli Fehler gemacht hat, scheint es sich beim Jiqu wahrscheinlich eher um eine eigene Art zu handeln. Diese scheint aber nahe mit dem Fengli verwandt zu sein, was die Fehlinterpretation erklären dürfte.
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