Einleitung
Oni (jap. 鬼, kana おに) sind eine der größten Ikonen der japanischen Folklore. Sie sind wilde Dämonen, Träger von Katastrophen, Verbreiter von Krankheiten und Bestrafer der Verdammten in der Hölle. Am ehsten sind sie mit dem westlichen Oger vergleichbar und doch grundverschieden.
Merkmale
Oni sind groß und beängstigend, stehend sind sie problemlos größer, als der größte Mann, gelegentlich sogar ein vielfaches größer. Sie zeichnen sich durch eine variable Färbung, zeigen aber meist eine rote oder blaue Haut. Gelegentlich besitzen sie grüne, gelbe und/oder schwarze Haut. Andere Färbungen sind fast schon ein Unikat. Sie tragen wilde Haare, zwei oder mehr Hörner und fangähnliche Eckzähne. Bei anderen Färbungen können auch die Anzahl der Hörner variieren. Ebenfalls kann die Augen-, Finger- und Zehnzahl variieren. Meist sind Oni mit Lendentüchern aus Tierfellen begleitet, häufig Tigerfellen, obwohl dieser nicht typisch für Japan ist. Alle Oni besitzen extreme Stärke und Konstitution, sie sind geschickt in Zaubern.
Oni sind rein männlich, ihr weiblicher Gegenpart ist das Dämonenwesen Kijo.
Ab dem 13. Jahrhundert finden sich auch Beschreibungen von eher tölpelhaften Oni. Im Laufe der Zeit setzt sich dieser Gegentrend zum konventionellen Oni-Bild immer weiter fort. Es gibt auch Darstellungen grundsätzlich positiver Art von Oni. Dabei treten sie meist als Beschützer auf und vertreiben andere, meist schwächere Geister, aus ihrem Revier.
Vorkommen
Oni entstammen der Hölle und siedeln oft in der Nähe von Höhlen. Sie wurden aber auch schon in abgelegenen Bergen, auf Inseln und verlassenen Festungen gesichtet. In der Hölle sind sie am zahlreichsten, dort bilden sie ganze Armeen, die den Unterweltsgenerälen unterstehen.
Lebensweise
Ernährung
Oni ernähren sich grundlegend von allem, eine Vorliebe für (großes) Vieh, Menschen und Alkohol ist aber zu erkennen. Nahrung die mit Lastern zu verbinden ist, ist ihnen genehmer, als Lasterfreie Nahrung.
Verhalten
Nach ihrer Geburt werden sie zu den ogerischen und brutalen Dienern von Großfürst Enma, dem Herrscher der Hölle, und schwingen eiserne Keulen, mit denen sie Menschen nur zum Vergnügen zermalmen und zerstören. Die Aufgabe eines Onis ist es, schreckliche Strafen wie das Abschälen der Haut, das Zerquetschen von Knochen und andere Qualen, die zu schrecklich sind, um sie denen zu beschreiben, die böse waren (aber nicht ganz böse genug, um als Dämonen selbst wiedergeboren zu werden), zu verhängen.
Entstehung
Oni werden geboren, wenn wirklich böse Menschen sterben und in einer der vielen buddhistischen Höllen enden, wo sie in Oni verwandelt wurden.
Gelegentlich, wenn ein Mensch so böse ist, dass seine Seele jenseits jeder Erlösung ist, verwandelt er sich noch zu Lebzeiten in einen Oni und bleibt auf der Erde gebunden, um die Lebenden zu terrorisieren.
Kulturelle Bedeutung
Oni sind grundsätzlich ausgesprochen gefährlich, Oni welche sich zu Lebzeiten verwandelt haben, gelten als am gefährlichsten, da sie häufig in direkter Nachbarschaft zu Menschen Leben.
Trotz ihrer Gefährlichkeit, wahrscheinlich gerade wegen dieser, gibt es zahllose Geschichten über Oni, die sich so unterschiedlich gestalten, wie es Menschen gibt und doch zeichnen sie fast immer das Bild einer Geisel der Menschheit. Sie treten gehäuft in der japanischen Kunst , Literatur und im Theater auf. So sind sie unter anderem in den Märchen von Momotaro ( Peach Boy ), Issun-bōshi und Kobutori Jīsan vorzufinden, wo sie gemäß mihrer Natur Schurken darstellen.
Im Frühling halten einige Dörfer in Japan alljährliche Zeremonien ab, um Oni zu verscheuchen. Während des Setsubun-Festivals werfen Menschen Sojabohnen aus ihren Häusern und rufen Oni wa soto! Fuku wa uchi! (鬼は外!福は内!), was soviel wie Oni heraus, Glück herein bedeutet und mit einigen Brauchtümern aus dem europäischen Raum gelichzusetzen ist. Dämonen heraus, Glück herein!). Affenstatuen werden auch als Beschützer vor Oni angesehen, da das japanische Wort für Affe Saru gleichlautend mit dem für „verlassen“ ist.
Auf Grundlage des Prinzips des gutartigen Oni besitzen Japanische Gebäude manchmal „oni-gesichtige Dachziegel“ (鬼瓦, onigawara), welche ähnlich Pech fernhalten, wie ein westlicher Wasserspeier.
Beim Hanamatsuri (Blumenfest) in Shidara treten als Oni verkleidete Tänzer (Sakaki-oni) auf die mit ihrem Tanz Segen verteilen und böse Geister abwehren.
Japanische Gebäude können manchmal L-förmige Vertiefungen im Nordosten aufweisen, um sich gegen Oni zu wehren. Zum Beispiel haben die Mauern, die den Kaiserpalast von Kyoto umgeben, Ecken in dieser Richtung.
Eine Theorie besagt, dass der Tempel Enryaku-ji absichtlich auf dem Berg Hiei gebaut, der sich in der Kimon-Richtung (nordöstlich) von Kyoto befand , um die Hauptstadt zu schützen. Allerdings wurde der Tempel 788 gegründet, sechs Jahre bevor Kyoto Hauptstadt wurde. Sollten die damaligen Herrscher so viel wert auf Feng-Shui geleget haben, wäre der Umzug von Nagaoka-kyō nach Kyoto weiter in den Nordosten ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.
In der Region rund um die Präfektur Tottori wird ein Zauber aus Stechpalmenblättern und getrockneten Sardinenköpfen als Schutz gegen Oni verwendet.
Das Japanische Fangenspiel Oni Gokko (鬼鬼ごっ), weist dem Fangenden die Rolle des Oni zu, da in vielen Geschichten der Oni in der Balz die weiblichen Kiju jagt und fängt.
So ist in der Spielreihe Gargaros, ein roter Oni mit einem Horn, der Bestrafer aller Spieler die zu oft über eine rote Ampel gehen (sofern man bereits den Halboni Butzemon besiegt hat) und straft all jene, die an der Uhr herumspielen um sich Vorteile zu generieren. In Street Fighter tritt der Oni "Oni Akuma" (zu Deutsch "Oger Dämon") als Endgegner auf. Auch hier hat er einen destruktiven Charakter.
Männer in Oni-Kostümen führen in der moderne häufig japanische Paraden an, um Unglück zu zerstreuen.
Viele japanische Redewendungen und Sprichwörter verweisen auch auf oni. Zum Beispiel bedeutet der Ausdruck oya ni ninu ko wa oni no ko (親 親 に ぬ 子 は は) zu deutsch: "ein Kind, das seinen Eltern nicht ähnelt, ist das Kind eines oni". Meist findet diese Redewendung Anwendung von einem Elternteil, der das Kind so zu Recht weist. Durch die Tatsache, dass sie stets oder häufig mit eiserner Keule dargestellt werden, entstand der Ausdruck "Oni mit einem Eisenschläger" (鬼 鬼 金 金 oni-ni-kanabō) , was so viel mit Unbesiegbarkeit gleichgesetzt wird.
Shuten-dōji
Shuten-dōji ist der größte und gemeinste aller Oni und zeitgleich auch ihr König, nach der Legende wurde vom Helden Minamoto Raikō getötet. Obwohl dieser bereits den Oni enthauptet hatte, attackierte der Kopf den Helden weiter mit mächtigen Bissen. Dieser konnte sein Leben nur bewahren, da er mehrere Helme trug. Shuten-dōji hatte sein Versteck am Berg Ōe (大 大) nordwestlich der Stadt Kyoto oder Ibuki , je nach Überlieferung. Gelegentlich wird der Berg im Süden Yotos gemutmaßt.
Möglicher Ursprung
Zu Beginn der Yokai/Yurei-Erzählung waren alle Wesen als "on" bezeichnet worden, was so viel wie "verborgen" bedeutet. Im zehnten Jahrhundert beschrieb Oni einen verstorbenen Geist, wie das Schriftzeichen heute noch in China verstanden wird. Erst als die Japaner anfingen ihre Fabelwesen zu kategorisieren, wurde die Bezeichnung für einen engeren Kreis von Kreaturen beschrieben, in dieser zeit gewann der Oni auch an seiner heutigen Form und erhielt Eigenschaften des Yaksha und dem Rakshasa.
Nach dem chinesischen Taoismus und dem Onmyōdō, den Wegen von Yin und Yang, wird die nordöstliche Richtung als Kimon (鬼鬼 , "Dämonentor") bezeichnet und gilt als eine unglückliche Richtung, durch die böse Geister gingen. Legt man die zwölf Tierkreiszeichen auf eine gedankliche Scheibe der Himmelsrichtungen, ist die Himmelsrichtung Nordosten, genau zwischen den Tierkreiszeichen Ochse und Tiger. Eine Thorie besagt, dass die markanten Hörner und Tigerfelle sich von dieser Parallele ableiten.
Quellen
Reider (2003), p. 135.
Jones, David E. (2002). Evil in Our Midst: A Chilling Glimpse of Our Most Feared and Frightening Demons. Square One Publishers. p. 168. ISBN 978-0-7570-0009-6.
Buchanan, Daniel Crump (1965). Japanese Proverbs and Sayings. University of Oklahoma Press. p. 136. ISBN 978-0-8061-1082-0.
Hastings, James (2003). Encyclopedia of Religion and Ethics. Part 8. Kessinger Publishing. p. 611. ISBN 978-0-7661-3678-6.
Reider (2010), p. 7.; pp. 155–156.
Foster (2015), p. 119.
Oni und kappa. In: Religion-in-Japan: Ein Web-Handbuch. Universität Wien. Bernhard Scheid, 3. September 2018, abgerufen am 21. Juni 2019.
Kawamura Kunimitsu: „Oni“. In: Encyclopedia of Shinto. Kokugaku-in, 13. März 2005
Parry, Richard Lloyd (1999). Tokyo, Kyoto & ancient Nara. Cadogan Guides. p. 246.: "the walls of the Imperial Palace have a notch in their top-right hand corner to confuse the evil spirits".
Havens, Norman; Inoue, Nobutaka (2006). "Konjin". An Encyclopedia of Shinto (Shinto Jiten): Kami. Institute for Japanese Culture and Classics Kokugakuin University. p. 98. ISBN 9784905853084.
Frédéric, Louis (2002). "Kan'ei-ji". Japan Encyclopedia. President and Fellows of Harvard College. p. 468. ISBN 978-0-674-00770-3.
Huang Yung-jing 黄永融 (1993), master's thesis, "Fūsui shisō ni okeru gensokusei kara mita Heiankyō wo chūshin to suru Nihon kodai kyūto keikaku no bunseki 風水思想における原則性から見た平安京を中心とする日本古代宮都計画の分析", Kyoto Prefectural University, The Graduate School of Human Life Science. Cited by Yamada, Yasuhiko (1994). Hōi to Fūdo 方位と風土. Kokin Shoin. p. 201.
Chong, Ilyoung (2002). Information Networking: Wired communications and management. Springer-Verlag. p. 41. ISBN 978-3-540-44256-1.
Buchanan, Daniel Crump (1965). Japanische Sprichwörter und Redewendungen University of Oklahoma Press. p. 136. ISBN 978-0-8061-1082-0
https://en.wikipedia.org/wiki/Shuten-d%C5%8Dji
https://streetfighter.fandom.com/wiki/Oni
Verborgene Pfade