Es wurde schon wieder dunkel, als Phobos unter seinen Pergamenten hervor auftauchte, um sich eine Pause zu gönnen. Er streckte sich murrend und wohlig, bevor er hinter seinem Tudor-Schreibtisch hervortrat und die Tür zu seiner Arbeitsstube öffnete. Es duftete im Schloss nach frischem Kaffee und etwas süßlichem. Mit hochgezogenen Augenbrauen, weil er von Natur aus immer erst einmal misstrauisch war, was seine Lakaien anbelangte, stieg er die mit Teppich belegten Stufen der Freitreppe in die Halle hinab und begab sich in den Küchentrakt. Der Duft wurde stärker und allmählich dämmerte dem Unsterblichen, dass es Kuchen sein musste.
Sich dennoch wappnend vor dem Chaos, das er vermutete, öffnete er die massive Tür zur Schlossküche und der schwere Geruch von Zucker, Vanille und noch heißen Plätzchen schlug ihm förmlich entgegen.
»Hmmm«, machte er unwillkürlich, denn Vampire liebten alles, was süß war. Er blickte sich um und seine Augenbrauen wanderten noch ein Stück weiter die Stirn hinauf. Niemand von den Anwesenden in der Küche bemerkte ihn, denn alles wuselte munter herum. Bestimmt ein halbes Dutzend Lakaien waren mit der üblichen Arbeit beschäftigt, spülten benutztes Geschirr, schälten Kartoffeln und bereiteten einen gigantischen Schinken für das Abendessen vor, doch ein paar andere rührten in Schüsseln, zerschlugen Eier, schmolzen Schokolade oder schlugen Sahne steif.
Inmitten dieser betriebsamen Hektik erkannte Phobos erst nach einigen Minuten seinen Ehemann Riley, der wie ein Dirigent einen Kochlöffel schwang und eine kreischend pink-weiß-karierte Bäckerschürze trug. Ihr gemeinsamer Sohn Arian saß in seinem Hochstuhl, strampelte mit seinen kurzen Beinchen und schob sich Happen über Happen rohen Plätzchenteig in seinen ohnehin bereits total verschmierten Mund. Er war es, der Phobos entdeckte.
Ari wandte den Kopf, streckte die Ärmchen aus und krähte »PAPA!« durch den Raum, ganz so, wie man es von ihm gewöhnt war.
Die Lakaien reagierten sofort, wandten sich zur Tür und zu ihrem Herrn und verneigten sich wie in einer Bewegung, bevor sie nahtlos mit dem weiter machten, was sie zuvor getan hatten.
Riley schlängelte sich durch sie hindurch und blieb vor Phobos stehen. Er hatte rosa Zuckerguss an der Lippe, den der andere Vampir sanft mit dem Daumen wegwischte und von seinem Finger leckte.
»Was machst du hier?«, murmelte Phobos, musterte die Schürze, die aus der Nähe noch grässlicher war, und lächelte.
Riley wiegte sich kokett in den Hüften und hielt den Stoff wie ein Kleidchen, bevor er lachte. »Sieht man das nicht? Ich backe.«
»Warum?«
»Na warum wohl, du Dussel? Heute ist der erste Dezember!«