Riley knurrte ungehalten und genervt. Arian hatte sein Mittagessen, bestehend aus Kartoffelbrei und Gemüse, in einem Anfall von kindlicher Spucksucht über das Hemd des jungen Vampirs verteilt und danach erst einmal zehn Minuten wie am Spieß geheult, bevor Sammy es geschafft hatte, ihn zu beruhigen und ins Badezimmer zu verfrachten, um ihn zu waschen. Mit spitzen Fingern entledigte sich Riley nun des Kleidungsstücks und musste doch wieder grinsen, als er seinen Sohn im angrenzenden Bad vergnügt lachen hören konnte.
Zum Glück belastete der Kleine sich nicht allzu lange mit irgendwelchen Dingen.
Frisch umgezogen verließ der junge Vampir das Schlafzimmer und warf einen Blick in das Arbeitszimmer von Phobos. Für gewöhnlich hielt sich dieser um die Mittagszeit dort auf, um seiner Tätigkeit als Kartograph nachzukommen, doch dieses Mal war der Raum leer. Nur ein kleines Feuerchen brannte im Kamin.
»Wo ist der schon wieder?«
»Mylord?« Ein junger Lakai war vor Riley zum Stehen gekommen und verneigte sich so tief, dass er beinahe auf die Nase fiel. Der Vampir rollte mit den Augen. Er hasste es, wenn die Diener so katzbuckelten. Bevor er in Belletristica und dem Schloss gelebt hatte, war er prima ohne Angestellte zurechtgekommen und hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass er nun jederzeit über welche verfügen konnte.
»Was gibt’s?«, fragte Riley salopp.
»Ich soll Euch von Mylord Phobos ausrichten, er erwartet Euch im Rosengarten.«
Der junge Vampir zog die Braue hoch. Der Garten war eines der Dinge im Schloss, wo sich die Gesetze der Natur und der Physik nicht so verhielten, wie sie es eigentlich sollten. Denn obwohl es im Schattengebirge viel zu kalt war, um so empfindliche Blumen wie Rosen zu ziehen, blühte es an diesem Ort das ganze Jahr über, egal ob es stürmte oder schneite, ganz ohne Gewächshaus.
»Danke«, murmelte Riley und wandte sich ab. Was hatte dieser Mann jetzt schon wieder ausgeheckt? Mit einem Grinsen um die Lippen eilte der junge Vampir durch die verwaisten Korridore. Kein Wunder, dass der Rosengarten ein verwunschener Ort war, es war ja schon eine Irrfahrt, diesen überhaupt zu finden.
Riley atmete tief durch, als er den Säulengang betrat, von dem aus filigrane, schnörkelige Eisenstangengeflechte zwischen hohen Hecken gespannt waren. Immergrün und einen berauschenden Duft ausströmend rankten sich vollkommene Blüten an den Stangen empor, blühten in ausladenden Büschen in ordentlich angelegten Beeten und wanden sich durch die labyrinthisch erscheinenden Wege des Gartens. Obgleich es eisig kalt in den Bergen war und überall Schnee lag, war die Temperatur an diesem Ort mild.
Der Rosengarten verzauberte Riley, doch er war ihm auch unheimlich.
»Phobos?«, rief er durch die von Hecken gesäumten Gassen und stutzte, als er leises Geigenspiel hörte. Seinen guten Ohren trauend, folgte er dem Klang und fand schließlich den anderen Vampir auf einer kreisrunden Lichtung, die von einem Pavillon überspannt wurde. Auch hier waren die Stangen des Bauwerks von wundervollen Rosen umrankt und alles war in Duft gehüllt.
In der Mitte stand ein eleganter Tisch, gedeckt mit einem blütenweißen Tuch, feinem Teeservice, Gebäck und einer hübschen kleinen Torte, auf deren weißer Sahnecreme blutrote Erdbeeren drapiert worden waren. Es duftete nach dem Tee und Phobos stand an der Seite. Er senkte die Violine, als er Riley kommen sah.
Dieser machte große Augen und sah sich um. »Was ...?«
»Hallo, Liebling. Schön, dass du es einrichten konntest«, lächelte Phobos und zog einen Stuhl für Riley zurecht, damit dieser sich setzen konnte.
»Was machst du andauernd für Sachen?«, hauchte der junge Vampir und konnte Wärme in seinen Wangen spüren. Phobos strich ihm spielerisch mit den Lippen über den Nacken und nahm anschließend neben ihm Platz.
»Ich fand, unser letztes Date ist schon viel zu lange her.«