(Mias Sicht)
Ich war froh, als ich drei Wochen später endlich nach Hause konnte. Die Schusswunde schmerzte noch etwas, aber es war erträglich. Andrew packte meine restlichen Sachen in eine kleine Reisetasche, bevor er mich kurz küsste.
„Haben wir alles?“, fragte er und schaute sich in dem Zimmer um. Langsam nickte ich und lächelte ihn an. Was für ihn wohl das Zeichen war, die Krankenschwester mit einem Rollstuhl zu holen. Andrew schnappte sich die Tasche, hauchte mir noch einen Kuss auf die Stirn und verabschiedete sich kurz mit den Worten, dass er den Wagen vorfahren würde.
„So, Mia. Heute verlassen Sie uns.“, betrat die junge Krankenschwester den Raum und lächelte mich freundlich an. Seit ich im Krankenhaus war, kümmerte sie sich um mich, dass wir uns eigentlich auf duzen geeinigt hatten, allerdings sprach sie mich nur mit dem Vornamen an und siezte mich weiterhin.
Ich erwiderte das Lächeln und nickte langsam. „Ich freu mich schon auf meine eigenen vier Wände.“
„Das glaub ich Ihnen.“, erwiderte sie kichernd und stellte den Rollstuhl direkt neben das Bett. „Der Arzt war schon da?“, fragte sie nach und zog ihre Brauen hoch, als ich den Kopf schüttelte.
„Ich wusste nicht einmal, dass er kommen wollte.“, meinte ich überrascht und merkte nun, dass ich wohl noch etwas warten musste, bis ich nach Hause konnte.
„Das haben wir gleich, ich piep ihn an.“, erwiderte sie und griff auch schon nach dem Telefon auf meinem Beistelltisch. Keine zwei Minuten später klingelte das Telefon schon und Jacky nahm ab.
„Ja?“, nahm sie das Gespräch entgegen und ich wartete kurz. „Genau, es geht um Ihre Entlassung und Ihre Untersuchung.“, erwiderte sie und nickte noch einmal, bevor sie auflegte. „Er ist gleich hier, Mia.“, sagte sie nun an mich gewandt, dass ich nickte und mich zurück lehnte.
Es dauerte tatsächlich keine fünf Minuten, bis ein älterer, aber freundlich aussehender Mann den Raum betrat. Weiße Strähnen zogen sich durch seine blonden Haare, die kaum auffielen, und seine blauen Augen leuchteten freundlich. Er lächelte, als er sich neben mein Bett stellte.
„Entschuldigen Sie bitte, dass Sie warten mussten.“, entschuldigte er sich und reichte mir seine Hand, die ich sofort entgegen nahm.
„Kein Problem, Dr. Davies.“, erwiderte ich lächelnd und musste noch die Untersuchung über mich ergehen lassen. Er tastete meine Wunde ab, dass ich leise zischte und besah sich noch die Kopfwunde.
„Gut, soweit bin ich zufrieden, vergessen Sie aber nicht, Ihre Tabletten regelmäßig zu nehmen.“, ermahnte er mich.
„Das wird kein Problem sein, mein Mann wird mich sicher oft genug daran erinnern.“, erwiderte ich lächelnd und wollte lieber nicht daran denken, dass ich zu Hause auch nur auf der Couch rumliegen durfte, aber nicht, weil es der Arzt sagte.
Dr. Davies lachte erheitert. „Das kann ich mir vorstellen, wir sehen uns dann in zwei Wochen zum Fäden ziehen und zur Nachuntersuchung.“, wies er an und schrieb es in meine Akte, die Jacky ihm gegeben hatte. „Jacky wird Sie dann nach draußen bringen.“, verabschiedete er sich, reichte mir noch einmal die Hand, die ich abermals entgegen nahm.
„Danke, Dr. Davies.“, verabschiedete ich mich ebenfalls und wandte mich dann Jacky zu, als er das Zimmer wieder verlassen hatte.
„Schön, dann haben wir’s. Ich bring Sie da jetzt nach draußen, Ihr Mann wartet sicher schon.“, meinte sie und wies auf den Rollstuhl, in dem ich mich nur ungern setzte, aber es war nun einmal Vorschrift. Seufzend ließ ich mich auf dem Sitz nieder und ließ mich von Jacky durch die Gänge fahren. Ich hörte wie sie hinter mir redete ohne, dass ich wirklich zuhörte, denn meine Gedanken drehten sich eher um mein weiteres Leben. Schon seit Wochen überlegte ich, wie mein Leben noch weiter gehen würde, ohne Dämonen, bis auf Andrew. Als ich erfahren hatte, dass er ein Dämon war, war ich wirklich durcheinander, aber Andrew war der einzige Dämon, der gut und freundlich zu mir war.
Baal hatte sich die ganzen Wochen nicht bei mir blicken lassen, was mir sagte, dass er wirklich weg war und hoffentlich auch nicht so schnell wieder kam.
„Da bist du ja.“, hörte ich Andrews Stimme, als ich mit Jacky die Rampe am Eingang des Krankenhauses nach unten fuhr.
„Der Arzt musste noch nach mir sehen.“, erwiderte ich entschuldigend und Andrews Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen.
„Warum? Was war los?“, fragte er und half mir beim Aufstehen, wobei er mir einen Kuss auf die Stirn hauchte.
Jacky winkte lächelnd ab. „Es war nur die abschließende Untersuchung vor der Entlassung.“, erklärte sie ihm, dass die Sorgenfalte wieder verschwand und er lächelnd nickte.
„Gut, dann bring ich dich mal nach Hause.“, meinte er schließlich an mich gewandt und lächelte mir an, dass mir die Knie weich wurden.
Nachdem ich mich von Jacky verabschiedet hatte und sie wieder nach drin gegangen war, half mir Andrew beim Einsteigen, bevor er sich auf den Fahrersitz sinken ließ. Vorsichtig schnallte ich mich an und wandte meinen Kopf zu Andrew der mich schmunzelnd beobachtete.
„Was?“, fragte ich schwach lächelnd und blickte in seine Augen.
„Nichts.“, erwiderte er, wobei er seine Hand auf meine Wange legte und sich zu mir beugte, um mich zu küssen. Es war ein wirklich zärtlicher Kuss, der langsam intensiver wurde, indem seine Zunge in meinen Mund wanderte und meine umspielte.
Ich keuchte schwer, als er nun von mir abließ und über meine erhitzte Wange strich. Er schmunzelte etwas, als er mir noch einen keuschen Kuss auf die Lippen hauchte und den Motor anließ.
Ich lehnte mich zurück und versuchte, meine Atmung wieder zu beruhigen, während Andrew uns nach Hause fuhr.
Langsam stiegen wir aus und während er meine Tasche nahm, quälte ich mich aus dem Wagen, denn meine Wunde protestierte bei dieser Bewegung. Seufzend stützte ich mich am Wagen ab und atmete tief durch.
„Alles in Ordnung?“, fragte Andrew besorgt und legte einen Arm um meine Taille, um mich zu stützen und mich an seinen Körper zu ziehen.
„Natürlich, es hat nur etwas gezogen.“, erwiderte ich schmunzelnd, über seine Besorgnis und küsste ihn auf die Wange.
Gemeinsam liefen wir ins Haus und nach oben in unsere Wohnung, wo Andrew die Tür aufschloss. Ich ließ mich direkt auf die Couch fallen und seufzte genüsslich, endlich wieder zu Hause zu sein und dachte daran, mir später noch einen schönen Tee zu machen.
Langsam blickte ich mich um und blickte auf die Stelle vor der Schlafzimmertür, wobei ich unwillkürlich an Sam denken musste, wie er auf mir saß und mich berührt hatte. Niemals würde ich das vergessen, aber besser damit umgehen, denn er war weg, genauso wie Vassago und Tyron. Ich hatte endlich meine Ruhe, war zwar arbeitslos, aber, so gut wie, dämonenfrei.
Mein Blick fiel auf Andrew, der aus der Küche kam und mich liebevoll anlächelte.
„Was hältst du von einem schönen Tee?“, fragte er noch immer lächelnd und setzte sich neben mich. Ich war etwas überrascht, dass er mir das anbot, denn eigentlich war ich nicht der Teetyp.
„Sicher, gern.“, erwiderte ich und blickte ihn verwirrt an, wobei er einen Arm um meine Schulter legte und mir einen Kuss auf die Schläfe hauchte.
„Du hast mir gefehlt.“, flüsterte er mir ins Ohr und zog mich in seine Arme, achtete aber auf meine Wunde. Ich schmiegte mich an seine Brust, legte meine Arme um seine Taille und genoss seine Nähe und seinen Geruch.
„Du mir auch.“, erwiderte ich fast stimmlos und barg mein Gesicht an seiner Brust. Ich wusste noch, wie weh es getan hatte, als er plötzlich weg war, aus meinem Leben getreten war, ohne sich zu melden. Nur drei Nachrichten hatte ich damals auf meinem Handy, das ich später an Baal abtreten musste.
Ich murrte, als Andrew mich sanft von sich schob, was ihn zum Lachen brachte.
„Ich hol nur deinen Tee.“, verteidigte er sich, wobei ich glaubte, dass es kein Zufall war, dass er das mit dem Tee wusste.
Noch vor drei Wochen, als ich erfahren hatte, dass er ein Dämon war, gestand er außerdem, dass er, genauso wie Baal, Gedanken lesen konnte. Natürlich hatte er mir versichert, dass er meine Gedanken noch nie gelesen hatte, aber es gab für alles ein erstes Mal.
Ich lächelte ihn dankbar an, als er die Tasse vor mich auf den Tisch stellte und mich noch einmal auf die Lippen küsste.
„Lass ihn dir schmecken.“, murmelte er mir zu und setzte sich wieder neben mich und legte auch einen Arm wieder um meine Schulter. Ich nickte dankbar und lehnte mich an ihn, während er nun den Fernseher anschaltete und die Nachrichten laufen ließ.
Ich unterdrückte ein Grinsen, als ich vorhatte, zu testen, ob Andrew meine Gedanken las oder nicht.
Ich glaub ich hol mir gleich eine Decke, dachte ich und wartete einfach ab, wie Andrew reagierte und ob überhaupt. Und tatsächlich, Andrew hauchte mir einen Kuss auf die Schläfe, stand auf und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer.
„Andrew?“, rief ich, bevor er aus dem Raum verschwinden konnte. Er drehte sich zu mir um und lächelte mich fragen an. „Wenn du jetzt mit einer Decke wiederkommst, weiß ich bescheid.“, stellte ich trocken klar, dass Andrew nervös auf seiner Unterlippe kaute.
„I-ich wollte nur ins Bad.“, murmelte er und fuhr sich durch sein Haar.
„Verkauf mich nicht für dumm.“, entgegnete ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Andrew seufzte und setzte sich wieder neben mich, nahm meine Hand in seine. „Ich wollte nur, dass es dir an nichts fehlt.“, versicherte er und küsste meine Hand.
Ich nickte lächelnd. „Ich weiß, Andrew. Ich vertrau dir.“, erwiderte ich und lehnte mich an ihn.
„Willst du trotzdem eine Decke?“, fragte er nun nach, dass ich sofort nickte. Mir war tatsächlich etwas kühl, auch, wenn es in Andrews Armen wärmer wurde, fröstelte ich.
Wir machten es uns auf der Couch wieder bequem, wobei ich in Andrews Armen lag und mehr oder weniger den Nachrichten folgte. Allerdings hörte ich auf, als es um ein Haus ging, welches sich außerhalb der Stadt befand und nun verkauft werden sollte. Eigentlich, denn in diesem Haus wurden eine Leiche und mehrere Blutspuren gefunden. Ich setzte mich aufrecht hin und starrte in den Fernseher, als ich das Haus wieder erkannte. Die Kamera zeigte einige Räume von innen und auch den Platz, wo die Leiche gefunden wurde, dass ein Schauer über meinen Rücken jagte und mir schlecht wurde.
Es war dasselbe Haus, wo Sam und Vassago mich überfallen und Soi getötet hatten. Mit Schrecken sah ich dabei zu, wie ein Leichensack zu einem Wagen gebracht und darin verstaut wurde, dass ich aufsprang und ins Bad rannte, wo ich mich schließlich übergab.
„Mia?“, rief Andrew besorgt meinen Namen und stand auch schon hinter mir, nachdem ich mich versichert hatte, dass nichts mehr kam und ich gespült hatte. Langsam stand ich auf, spülte meinen Mund aus und starrte auf das Waschbecken. Meine Wunde pochte und meine Gedanken liefen Amok.
„Mia, Schatz, was ist los?“, fragte er und strich mir sanft über den Rücken. Ich schüttelte nur den Kopf, nicht wissend, wie ich es ihm beibringen sollte. Liebevoll nahm er mich in den Arm und brachte mich ins Schlafzimmer, wo wir uns auf das Bett setzten. „Red mit mir.“, bat er und streichelte sanft meine Schulter.
Tränen rannen über meine Wangen, während ich meinen Mut zusammen nahm und von den Ereignissen des Hauses erzählte, bis hin zu Callie und die erste Begegnung mit Baal. Schweigen hing nun im Raum, was ich nicht unterbrechen wollte, ich wusste nicht, was Andrew nun dachte und war mir auch nicht sicher, ob ich das wirklich wissen wollte.
„Es tut mir so leid, Mia.“, wisperte er mir zu und wischte meine Tränen beiseite. „Ich hätte dich niemals allein lassen dürfen.“, fügte er noch hinzu und nahm mich fest in den Arm.
Ich schmiegte mich an seine Brust, genoss seine Arme um meinen Körper und die Sicherheit, die er mir schenkte.
Langsam legten sich meine Hände auf seine Wangen, bevor mein Blick seinem begegnete und ich ihn sanft küsste. „Ich liebe dich.“, wisperte ich ihm zu, bevor ich mich wieder an seine Brust schmiegte.
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(Andrews Sicht)
Ich genoss die Zeit mit meiner Mia. Nachdem ich sie so lange nicht bei mir haben konnte, wollte ich diese Zeit unbedingt nachholen und ihr alles geben, was sie brauchte. Wobei ich nicht einmal davor zurückschreckte, ihre Gedanken zu lesen, was ich zuvor noch nie getan hatte. Allerdings war ich beruhigter, als sie nun wusste, was ich wirklich war, zumindest zur Hälfte war. Ich dachte wirklich, sie würde mich abweisen, mich hassen, war aber erleichtert, als das nicht der Fall war.
Gerade, als ich hörte, wie sie wohl eine Decke brauchte, stand ich auf, um ihr diese zu holen, wobei ich mich wohl verriet, denn sie rief nach mir.
„Wenn du jetzt mir einer Decke wiederkommst, weiß ich bescheid.“, stellte sie klar, dass ich fast unbewusst auf meiner Unterlippe kaute. Ich fuhr nervös durch mein Haar, als ich versuchte, sie davon zu überzeugen, dass ich ins Badezimmer wollte, was sie natürlich nicht glaubte, dafür war sie einfach zu schlau.
Seufzend erklärte ich ihr, dass es nur zu ihrem besten gedacht war und war froh, als sie mir versicherte, dass sie mir vertraute. Ich genoss Mias nähe sehr und nachdem ich ihr nun die Decke geholt und um ihre schmalen Schultern gelegt hatte, genossen wir etwas Zweisamkeit, bis Mia auf den Fernseher starrte und in nächsten Moment ins Badezimmer rannte und sich übergab.
Anfangs machte ich mir sorgen, es könnte etwas mit ihrer Kopfverletzung zu tun haben, dass ich schon den Arzt anrufen wollte, bis mir Mia alles erzählte, was es mit diesem Haus auf sich hatte.
Abscheu und Hass stiegen in mir auf, aber nicht nur gegen Sam und Vassago, sondern auch gegen mich selbst. Ich hätte Mia niemals allein lassen dürfen.
Sie küsste mich keusch auf die Lippen und sagte, dass sie mich liebte, was ich nur erwidern konnte. Ich wusste, dass ich diesen Fehler nicht noch einmal machen würde.
Überrascht blickte ich nach unten, als ich bemerkte, dass sie ruhiger atmete und ihre Arme schlaff nach unten fielen. Lächelnd stellte ich fest, dass sie schlief, hob sie hoch und legte sie richtig ins Bett, bevor ich sie zudeckte und betrachtete.
Sanft strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und küsste sie sanft auf die Stirn.
„Ich lass dich nie wieder allein.“, versprach ich flüsternd, was sie vermutlich sowieso nicht hörte, ich aber noch gesagt haben wollte. Ich legte mich neben sie und betrachtete Mia weiterhin beim schlafen, hielt ihre Hand und küsste diese ab und an, bis die Müdigkeit auch über mich einbrach und ich einschlief.