Es überrascht mich ein wenig, dass Evan mich nach einiger Zeit des stillen Laufens in den örtlichen Park führt und sich dort einfach auf eine Parkbank fallen lässt. Ich weiß nicht, irgendwie habe ich einen Ort erwartet, der weniger öffentlich ist. Eben wie ein Geheimversteck, wo sich meine neue Bekanntschaft immer dann zurückzieht, wenn es ihr zu viel wird. Passiert das jemandem wie Evan überhaupt? Irgendwie wirkt er zu sehr so, als würde ihn nichts belasten, so sehr wie ihm alles egal zu sein scheint. Doch vermutlich ist Evan ebenso wenig jemand, der irgendwelchen Fremden auf Anhieb so sehr vertraut, dass er ihnen gegenüber sofort seine bestgehüteten Geheimnisse offenbaren würde.
Wieder in meinen Gedanken gefangen, bleibe ich verunsichert neben der Parkbank stehen, was den Jungen fast schon entnervt aufseufzen lässt. »Keine Sorge, hier wird uns niemand sehen. Um die Zeit ist kaum jemand hier, erst recht niemand, der uns verraten könnte. Jetzt stell dich nicht so an und setz dich zu mir. Kann man ja nicht mit ansehen, wie du dir da die Beine in den Bauch stehst.«
Langsam nicke ich und fühle mich für einen kurzen Moment, als wäre ich wie ferngesteuert. Warum scheint dieser seltsame Junge so eine Macht über mich zu haben, dass ich einfach alles tue, was er mir sagt? Es ist, als würde ich ihm gefallen wollen, indem ich meinen eigenen Willen komplett ausschalte. Ist es vielleicht wirklich, weil er mich gerettet hat? Aber warum verhalte ich mich dann so, als wäre ich komplett von Evan abhängig? Es fühlt sich ein bisschen an, als wäre er alles, was mich noch in diesem Leben hält. Als könnte ich nur lebendig sein, solange er in meinem neuen Leben ist. Ich komme mir echt vor wie irgendwas zwischen verliebtem Teenie und unheimlichem Stalker, der die Person, die er sich einredet zu lieben, demnächst in seinen Keller verschleppen und dort anketten wird. Das ist doch nicht mehr normal.
Aber vermutlich muss ich noch verarbeiten, dass der Grund, warum ich noch hier in diesem Park sitzen und die kalte Luft regelrecht in mich einsaugen kann, nun unmittelbar in Reichweite ist und nicht nur eine blasse Erinnerung, wie ich eigentlich gehofft habe. Evans Worte an diesem Tag höre ich weiterhin in meinem Kopf widerhallen. Geht von ihnen diese seltsame Anziehung aus, die mich an den Jungen kettet und mich einfach nicht in ein komplett neues Leben entlassen will?
Evan scheint mir ähnlich zu sein. Nur ist er eben abgebrühter und schert sich nicht darum, was andere von ihm denken. Zumindest wirkt es so. Vermutlich wäre es ihm auch egal, wenn ich ihm hier und jetzt all die verrückten Dinge gestehen würde, die ich soeben gedacht habe. Schließlich bin ich für ihn auch nur das Häufchen Elend, das sich fast vor seinen Augen umgebracht hätte. Und genau das tut einfach nur weh. Aber immerhin muss ich so keine Angst haben, dass ich mich zu sehr auf Evan einlassen könnte. Schließlich ist das hier gerade auch nur eine kleine Aufmunterung für jemanden, der auf ihn bestimmt ebenfalls wie ein Freak wirkt. Nette Geste, aber besser fühle ich mich dadurch nicht im Geringsten.
Immerhin ist es mal eine gute Gelegenheit, mich mit Evan auszusprechen. Egal, weshalb er mich genau in diesen Park geführt hat, hier ist meine Chance, etwas über meinen Lebensretter zu erfahren und ihn so für mein dummes Hirn endlich wieder zu entzaubern. Dieser Junge ist kein Superheld, der hauptberuflich hilflose Frauen vor sich selbst rettet und Katzen vom Baum holt. Er ist wie ich – oder eher wie das, was ich gerne sein würde.
»Du denkst echt viel zu viel nach, Taissa«, reißt Evan mich schließlich aus der Abwärtsspirale meiner Gedanken. »Schalte dein Hirn einfach mal aus und tu was aus dem Bauch heraus. Man verpasst den richtigen Moment, in dem alles perfekt sein kann, wenn man nur darüber nachdenkt, was alles sein könnte.«
Ich schaue ihn etwas perplex an und gebe dann ein kleines und fast verächtlich klingendes Geräusch von mir. »Als ob das so einfach wäre. Wenn, hätte ich ja kein Problem mit diesem Chaos in meinem Kopf, das nicht aufhören will zu rotieren. Wir können halt nicht alle so eiskalt sein wie du, Evan Leroy.«
Der Junge schaut stur geradeaus und lässt sich unerwarteterweise ein wenig Zeit, ehe er mir schließlich eine Antwort darauf gibt. »Bin ich auch nicht. Mir ist nicht so egal, was andere von mir denken, wie alle glauben. Klar, ich kann ganz toll so tun, als würde mir alles, was andere sagen, komplett am Arsch vorbeigehen. Aber da ist halt immer dieser Widerhall, der so lange in mir klingt, bis die Worte anderer zu meinen eigenen werden. Das kennt jeder, da bin ich auch keine Ausnahme. Was denkst du, warum ich euch vorhin nur die guten Dinge über mich erzählt habe? Wenn es mir alles egal wäre, wäre ich doch auch gleich mit meinen Fehlern rausgerückt, ohne weiter drüber nachzudenken, anstatt mich hinzustellen, als wäre ich ein weiterer netter Junge von nebenan. Echt schlechte Menschenkenntnis deinerseits.«
Irgendwie klingt Evan verstimmt, als hätte ich irgendetwas Falsches gesagt. Habe ich ihn etwa doch missverstanden? Seine Worte machen ihn nur noch mehr zu jemandem, dessen Freundschaft ich mehr als alles andere fürchten sollte.
Aber im Innern muss ich lächeln. Ich denke, niemand hält Evan für perfekt von dem her, was er über sich selbst erzählt hat. Alle sehen nur den Helden in ihm, der er eben nicht sein zu wollen scheint.
Kurz zuckt der Junge zusammen, was mich ebenfalls aufschrecken lässt. Dann schaut er mich direkt an mit einem so durchdringenden Blick, dass ich wieder das Gefühl habe, wie ein Kartenhaus in mich zusammenzufallen.
»Jetzt erzähl mir von deinem Gedankenchaos. Das interessiert mich jetzt viel mehr als mein ambivalentes Selbstbewusstsein.«
Wieder herrscht Schweigen, als ich überlege, wie ich jemand Außenstehendem erklären soll, was so tagtäglich in mir vorgeht. Dann seufze ich leise, schiebe diese ganzen Gedanken weg und fange einfach an zu erzählen, weil ich Evan nicht wieder mit meiner exzessiven Nachdenkerei nerven will.
»Ich weiß nicht, ob das nicht dumm klingt oder so, aber meine Gedanken sind zugleich massiv wie Stein, wiegen auch so viel, aber sind doch fahrig und nicht greifbar wie Nebel. Ich habe sie nicht unter Kontrolle, als würden sie nicht zu mir gehören und mir nur eingepflanzt werden von allen anderen Menschen um mich herum. Meine Gedanken sind eine Spirale, die ich immer weiter nach unten rutsche, bis ich wieder bei der Negativität angekommen bin, die uns erst hat aufeinandertreffen lassen. Immer, wenn ich ganz unten angekommen bin, versinke ich in meinen schmerzenden Gedanken wie in einem Moor. Die Gedanken würden auch genauso nach Tod und Galle riechen, wenn sie einen Geruch hätten.«
Abwartend sehe ich Evan an. Ob er mich nach der wirren Erklärung für komplett durchgeknallt hält? Stattdessen sieht er mich nur mit einem wieder undefinierbaren Blick an.
»Vermutlich hat dieses Mädchen auf dem Schulflur vorhin recht gehabt – du solltest mehr darüber reden. Klingt dumm, ich weiß, hilft aber mitunter. Auch wenn es wehtut und man da eigentlich jemanden als Zuhörer braucht, dem man vertrauten kann.«
»Und dir kann man nicht vertrauen? Evan, du hast mir das Leben gerettet. Wenn das kein Beweis ist, dass ich dir vertrauen kann, weiß ich auch nicht.«
Der Braunhaarige rümpft nur die Nase und wendet seinen Blick wieder der riesigen Grünfläche zu, die jetzt im Winter wie tot aussieht. »Ich dachte, wenigstens du könntest das ausblenden. Ich bin kein Held, verdammt.«
Ich seufze leise. »Und ich keine Maid in Nöten. Trotzdem ist es jetzt halt passiert und es war beeindruckend, was du da getan hast. Auch wenn es dich nicht ausmacht, genauso wenig wie mich. Es hat uns auf komische Art und Weise zusammengeschweißt, glaube ich. Also müssen wir jetzt eben das Beste aus dieser echt unangenehmen Situation machen, ob es uns passt, oder nicht.«
Ich sehe, wie Evan eine Augenbraue in die Höhe zieht, doch noch immer sieht er mich nicht direkt an. Er sieht ein bisschen aus wie eine steinerne Statue, so ruhig, wie er dasitzt. »Dann sind wir also so was wie Verbündete? Zwei Verrückte gegen den Rest der Welt?«, fragt der Junge fast schon spöttisch.
Seine Worte tun etwas weh, doch der Schmerz versiegt, als ich ebenfalls nicht mehr Evan, sondern die Parkanlage vor mir ansehe.
»Vielleicht. Jedenfalls scheint uns irgendwas nicht mehr voneinander trennen zu wollen. Als könnte ich mein Leben nicht mehr ohne dich führen und als wäre es jetzt deine Aufgabe, auf mich Acht zu geben, oder so. Ich weiß, das klingt verrückt. Ich weiß nur, dass es sich für mich so anfühlt. Keine Ahnung, ob es bei dir auch so ist.«
Mein Gegenüber hüllt sich nur in Schweigen und verunsichert mich damit. Verärgert wirkt er aber nicht, wenn ich mir Evan so ansehe. Eher wirkt er entspannter als zuvor, aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Diese plötzliche Stille frisst mich von innen auf und macht mich wahnsinnig. Deshalb will ich sie auch sofort wieder brechen.
»Weißt du, was irgendwie witzig ist? Du hast mich gerettet, aber ich glaube, von allen Menschen in dieser Stadt bewundere ich dich am wenigsten und bin dir am wenigsten dankbar. Das nehmen mir alle anderen ja schon ab. Du bist mein Lebensretter, aber alle anderen sind daran schuld, dass du zum Helden stilisiert wirst. Ist doch irgendwie seltsam.«
Wieder kommt von meinem Gesprächspartner lange nichts, ehe seine Mimik wieder zu Stein wird. »Würdest du dir eigentlich wünschen, dass ich am Freitag nicht da gewesen wäre? Dass du jetzt nicht von allen bemitleidet werden würdest und einfach tot wärst?«
Seine Fragen lassen mich erstarren. Ich hätte nie gedacht, dass er sie stellen würde. Oder dass er überhaupt so von mir und meiner Einstellung zu seiner kleinen Heldentat denken würde. Aber wieder einmal trifft Evan ins Schwarze.
»Zu Anfang ja«, bringe ich langsam hervor.
»Was hat sich daran geändert?«
Kurz ringe ich nach Worten, ehe ich mich dann an die Bank klammere, als suchte ich Halt. Irgendwie fällt es mir nicht schwer, Evan von dem zu erzählen, was in mir vorgeht, doch bei allem, was ihn betrifft, blockiert mein Kopf und ich würde am liebsten aufstehen und vor dieser ganzen Ehrlichkeit weglaufen, die dieser zugleich so fremde und vertraute Junge mir abverlangt.
»Zuerst war ich wirklich wütend auf dich. Du hast mir meine Entscheidung abgenommen und genau das getan, was ich im letzten Moment auch sicher getan hätte, so viel Angst wie ich hatte. Ich habe dich verflucht und gewünscht, dass ich einfach wirklich gestorben wäre, als ich diese ganzen Artikel über uns gelesen habe und wie sehr du ins Rampenlicht gerückt wurdest, während ich nur missverstanden und falsch dargestellt wurde. Aber dann habe ich begriffen, dass ich erst Schuld an dem allen bin und ich somit eher auf mich selbst als auf dich wütend sein sollte. Allein schon, weil ich so dumm war, mich in aller Öffentlichkeit umbringen zu wollen, als wäre ich etwas Besonderes. Du hast mich nur vor mir selbst gerettet, dich trifft da keine Schuld.«
Aus dem Augenwinkel sehe ich Evan leicht nicken. »Dann bist du mir also doch dankbar. So ein bisschen zumindest. Ich verstehe dich aber. Am Anfang habe ich mich auch für das alles gehasst. Weil ich eben einfach normal sein will und für niemanden irgendein Held. Aber das habe ich mir mit meiner beschissenen Nächstenliebe wohl verbaut, was?«
Nun schenke ich ihm ein kleines Lächeln, obwohl ich nicht einmal weiß, ob er es überhaupt sehen kann. »Vielleicht kannst du zumindest mir helfen, dich als vollkommen normal anzusehen. Erzähl mir was über dich, Evan. Die kurze Vorstellung vorhin ist zu wenig für mich, um dich kennenzulernen.«
Alles, was ich zurückbekomme, ist ein unwirsches Brummen. »Wenn ich das tue, stehe ich noch mehr wie jemand da, den man für was Besonderes halten muss. Nur eben nicht als Helden, eher als totalen Freak.«
»Freaks verstehen einander. Und ich wette, so übel bist du nicht. Also komm schon. Es ist unhöflich, vom Gegenüber die persönlichsten Dinge zu erfragen, dann aber nichts zurückzugeben. Ich werde dich auch nicht bemitleiden oder auslachen, egal, was es ist, was du mir gleich sagen wirst. Versprochen.«
Der Junge nickt etwas gedankenverloren und schaut weiterhin in die Ferne. Er ist schnell im Denken, schätze ich. Denn ich habe kaum genug Zeit, meinem Gegenüber beim Nachdenken zu zusehen, da fängt Evan schon an zu erzählen.
»Ich bin farbenblind. Dich zum Beispiel sehe ich kaum, wenn du vor etwas Dunklem stehst. Ist echt nicht rassistisch gemeint, nur ist der Kontrast dann eben echt niedrig und du verschwindest einfach. So war das auch an diesem Tag. Du warst auf einmal weg, obwohl du vorher für mich ziemlich herausgestochen bist. Weil du ein schwarzer Fleck in all diesen weißen Lichtern warst. Wow, ich höre mich echt bescheuert an, sorry. Aber so sehe ich halt. Gefällt mir auch nicht wirklich, aber was soll ich schon groß dagegen machen?«
Ich kann mir ein kleines Auflachen nicht verkneifen, egal wie sehr ich mir vor ein paar Sekunden noch geschworen habe, nicht zu lachen. Vor allem, weil Evan gerade echt nicht aussieht, als wäre ihm nach Scherzen zumute.
»Echt? Das klingt ja fast, als würde meine Hautfarbe mich besonders für dich machen.«
Der Junge zuckt mit den Schultern. »Ist aber nicht so, als hätte ich noch nie jemanden wie dich gesehen. Ich weiß doch selbst nicht, wie ich es beschreiben soll. Irgendetwas war halt anders an diesem Tag. Ich habe dich ja kaum in dem dunklen Gleisbett gesehen. Erst als das Licht kam, konnte ich dich rausziehen. Wohl Glück für dich, dass U-Bahnen meist noch mit Licht in den Bahnhof einfahren. Sonst hätte ich dich nicht finden können.«
Das zu hören, macht mir erst bewusst, dass eher der Zufall, nicht Evan selbst mich gerettet hat. Ich bin knapp dem Tode entkommen, aber wie knapp, weiß nur der Junge neben mir. Jetzt teilen wir dieses Geheimnis, was niemals eine Zeitung herausfinden wird.
Doch irgendwie macht mir das keine Angst. Evan gegenüber fürchte ich mich nicht, mich zu öffnen und einfach zu sprechen. Mit ihm ist meine Furcht vor der Nähe zu einem anderen Menschen wie weggeblasen. Worte haben plötzlich wieder so etwas wie einen Sinn, wenn man jemanden hat, der einem wirklich zuhört. Ich komme mir naiv vor, mich diesem Jungen neben mir so verbunden zu fühlen. Doch was soll ich gegen meine Intuition tun? Evan ist der Erste, den ich seit vielen Jahren als Freund bezeichnen könnte, wenn das so weitergeht. Und wäre das nicht, was mich aus dem Griff des Chaos befreien könnte? Zumindest, wenn ich mir etwas Mühe gebe und diesen besonderen Jungen nicht sofort von mir wegstoße, wie ich es vorhin erst mit Amber getan habe.
Ich muss mich sehr über meinen Sinneswandel wundern. Amber, jemanden, der echt verständnisvoll und nett zu sein scheint, verletze ich, um ihr gar nicht erst die Hoffnung zu machen, dass wir Freunde werden können. Doch Evan, den ich heute das zweite Mal in meinem ganzen Leben sehe und der mich allein durch seine Art noch immer fast aus der Haut fahren lässt, lasse ich leichtfertig in mein Herz. Wie kann ich erwarten, dass mich jemand wie ein offenes Buch lesen kann, wenn ich mich selbst kaum verstehe? Vermutlich verliere ich wirklich langsam meinen Verstand.
»Hier sind wir also«, murmle ich leise und schaue dabei zu, wie meine Worte zu durchsichtigen Wölkchen werden, die sich sofort gen Himmel erheben. Evan scheint sich mir gegenüber nicht weiter öffnen zu wollen, was mich fast schon traurig stimmt. »Das stumme Mädchen und der farbenblinde Junge, die dazu verdammt sind, für immer in aller Munde zu sein.«
Nun schaut Evan mich wieder an – ich spüre seinen Blick auf mir, auch ohne diesen zu erwidern. »Für jemanden, der stumm ist, sprichst du aber echt viel. Und ich sehe mitunter Farben, nur verschwinden sie dann viel zu schnell wieder und lassen mich allein zurück in dieser unerträglichen Leere. So wird es sich auch mit dieser ganzen Aufmerksamkeit verhalten. Nichts ist für die Ewigkeit. Zumindest nichts, was man sich selbst auferlegt hat. Erfolg kann man sich ein bisschen wie die Fahrt auf einer Rolltreppe vorstellen, denke ich. Man denkt, es geht nur aufwärts, aber irgendwann hat man den Höhepunkt erreicht. Da oben ist es dann egal, wie lange man an diesem Ort bleibt, irgendwann muss man wieder die Rolltreppe nach unten nehmen und alles wird wieder normal sein. Also keine Angst, irgendwann wird das alles für uns enden. Nur was danach kommt, ist ungewiss. Bis es eben passiert.«
Mit diesen Worten steht Evan auf, wirft sich seinen Rucksack über die Schulter und dreht sich dann noch mal zu mir um. Das Lächeln auf seinen Lippen macht den Gedanken daran, dass er mich jetzt einfach so allein lässt, ein wenig erträglicher.
»Hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Taissa. War echt nett, sich mit dir zu unterhalten.«
Noch während ich das soeben Gesagte auf mich wirken lasse, ist der Junge aus meinem Sichtfeld verschwunden. Wie etwas, was ich mir nur eingebildet habe.
Leicht lächelnd lehne ich mich zurück und schaue hinauf in den Himmel. Ich denke, ich werde noch eine Weile hier sitzen bleiben. Bis ich zu Hause sein muss, ist noch Zeit. Ich habe meinen Eltern versprochen, heute mal den Bus statt die U-Bahn zu nehmen. Mit dem wird die Fahrt länger dauern, also habe ich noch mehr Zeit über Evan und diese kleine Freakallianz, die sich hier und heute gebildet zu haben scheint, nachdenken. Fühlt sich an, als wäre dieses Gespräch der Beginn von etwas Bedeutendem gewesen. Aber wer weiß, vielleicht gehen da auch wieder meine Verrücktheiten mit mir durch.