Der Tag begann mit dem Sonnenaufgang und endete mit deren Untergang. Lads Arbeitstage waren lang und hart. Ihre Hände waren schon nach wenigen Tagen weichgespült von der Seifenlauge mit der sie das Deck schrubbte und die Wäsche von sämtlichen Besatzungsmitgliedern wusch.
Gerade als sie die Hände wieder in das Wasser tauchte, um ein Hemd zu scheuern, näherten sich Dolos' Stiefel ihrem Blickfeld. „Noch mehr?“, sie hob den Kopf und blinzelte ins helle Sonnenlicht. Er schien seinen Spaß mit ihr zu haben, in dem er sich stets so platzierte, dass sie für einen Moment geblendet war.
„Leider ja“, sein breites Grinsen, das regelrecht hörbar war, verriet ihr, dass es ihm gar nicht leidtat. Mit einem Platschen landete ein Berg dreckiger Wäsche im Seifenwasser und dieses schwappte über den Rand des Bottichs und weichte ihre Leinenhose auf. Ein Seufzen entschlüpfte ihr und sie schirmte die Augen gegen die blendende Sonne ab, „Wohin soll ich das alles hängen? Der Kapitän geizt mit Wäscheleinen und ich habe mindestens drei Garderoben von jedem hier zu waschen.“ Dolos zuckte leicht die Schultern und musterte sie amüsiert. Die Ärmel ihres Hemdes waren hochgerollt, doch das Wasser hatte auch diese bereits vollgesogen. Ihre helle Haut strahlte förmlich im Sonnenlicht und sie hatte die Haare mit einem Tuch zurückgebunden, da sich diese durch den Einfluss von Wind, Sonne und Meeresluft zu wellen begonnen hatten und widerspenstiger denn je waren.
„Ich geize niemals!“
Die tiefe Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Wie konnte ein Mann sich dermaßen lautlos anschleichen, ohne, dass sie ihn bemerkte? Dabei trug der Kapitän schwere Stiefel, die sonst laut über die Planken polterten. Nur sie schien taub dafür zu sein.
„Ich verbiete mir, dass auch nur irgendein Mitglied meiner Crew, sei es von Dauer hier oder nur, wie Ihr, für ein paar Wochen, so über mich denkt“, er hielt ihr ein zusammengebundenes Seil unter die Nase, „Wenn ich bitten dürfte, dann seid so gut und spannt das hier auf. Ich gebe zu, es ist viel Wäsche. Manchmal frage ich mich, ob ich Männer hier an Bord habe oder Frauen, die ihre Sachen so häufig wechseln müssen.“
„Es liegt wohl eher daran, dass unser reizender Schiffsjunge hier die Wäsche wäscht und jeder, der noch keine Frau im Hafen hat, will es durch ihre Hände gesäubert wissen“, lachte Dolos auf und machte sich daran, Lad zu helfen, das Seil als weitere Leine aufzuspannen.
Verächtlich schnaubte der Kapitän aus. Im Geiste notierte er, eine Versammlung einzuberufen, um diesem Irrsinn ein Ende zu machen. Sicher war es nötig, dass die Wäsche gewaschen wurde, sowie jegliche Hygiene an Bord notwendig war, um sich auf diesem engen Raum vor Krankheiten zu schützen, doch das manche seiner Crew es ausnutzten, nur, weil eine Frau diesen Dienst verrichtete, ging ihm zu weit.
Sie war, so befand er, nur ein weiteres Mitglied seiner Mannschaft und da spielte es keine Rolle, ob Mann oder Frau. Jeder leistete seinen Beitrag und wurde dafür entlohnt. In Lads Fall mit einer kostenlosen Überfahrt nach Aurenien.
„Gibt es Ärger?“, der Kapitän fuhr herum. Tanis hatte sich ihm genähert und ihn aus seinen Gedanken gerissen. Er beobachtete, wie sein bedeutendster Passagier die Szenerie betrachtete. „Es ist amüsant, dass Ihr nun auch Frauen an Bord duldet. Ich dachte immer, Ihr legt größten Wert auf alte Traditionen“, Tanis Stimme war ruhig und sein Blick lag auf Lad, die sich wieder neben dem Bottich niederließ, um die neueste Ladung Wäsche zu scheuern.
„Es ist ihre Art die Überfahrt zu bezahlen. Sie möchte in Eure Heimat“, entgegnete der Kapitän mit einem milden Lächeln, „Außerdem macht sie ihre Arbeit gut. Ich habe selten jemanden mit so viel Feuereifer und Ehrgeiz durch die Takelage klettern sehen wie in den letzten Tagen. Lad erweist sich als wahrlich willkommenes Mitglied in meiner Mannschaft.“ „Ich denke vor allem Eure jungen Männer finden daran Gefallen“, Tanis folgte dem Kapitän ein Stück über Deck, als dieser seinen Rundgang fortsetzte, „Viele einsame Nächte auf See, weit weg von der nächsten Küste mit Zivilisation und dann kommt ein hübsches Ding wie diese Fai an Bord. Da erhitzen sich doch die Gemüter.“
„Genau diese Umstände gilt es noch zu klären. Ich werde keinen derartigen Umgang auf meinem Schiff dulden!“, der Kapitän warf Tanis einen zornigen Blick zu, „So lange ich hier das Kommando innehabe, herrscht auf diesem Schiff Zucht und Ordnung. Wenn sie sich in den Hafenkneipen vergnügen, während ihres Landganges, mögen sie dies bitte tun, aber nicht hier. Ich werde unser Abendessen heute ausfallen lassen müssen, Tanis, denn ich muss eine Versammlung einberufen und ich brauche die Unterstützung meiner Offiziere.“
„Ich verstehe vollkommen“, der schwarzhaarige Fai nickte knapp, „Vielleicht sollte dann Euer Schiffsjunge mir Gesellschaft leisten. Sie muss ja nicht alles mitbekommen, was hier vor sich geht.“
Die Stirn des Kapitäns legte sich in Falten, ob dieses Vorschlags. Es wäre eine gute Idee, denn damit wäre Lad aus dem Weg geräumt und würde nicht mitbekommen, wie er seine Mannschaft zu Recht wies. Sie war zwar Auslöser des Ärgers, doch konnte sie nichts dafür, denn sie verrichtete allein ihre Arbeit.
„Ich werde sie abends in Eure Kabine schicken. Erwartet bitte nicht, dass sie in ein feines Kleid gehüllt erscheint. Ich bezweifle, dass sie etwas Anderes trägt als ihr gegenwärtiges Gewand“, der Kapitän nickte, um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen und wandte sich dann entschuldigend ab. Es gab viel zu tun und nach dem Rundgang musste er sich mit seinen Offizieren absprechen, wie sie die Versammlung am besten einberiefen, ohne, dass es an die Ohren jener geriet, um die es ging.
Tanis Blick folgte noch dem Kapitän. Er war ihm immer ein guter Freund gewesen auf seinen Reisen, den er bereits kannte, als er noch Offizier auf der ‚Sidonia’ gewesen war. Ein Schmunzeln lag in seinen Zügen. Damals schon war der Kapitän ein Sturschädel gewesen, der streng an alten Traditionen festhielt und sich stets über seinen Vorgesetzten beschwerte, wenn dieser einen über den Durst getrunken hatte oder offen einen etwas ausschweifenderen Lebensstil pflegte. Tanis verstand sich deshalb so gut mit ihm, da er selbst einen gesitteten Umgang schätzte, Planungen und Organisation an oberster Stelle standen. Deswegen war die ‚Aura’ immer akkurat strukturiert. Kein Tau lag, wo es nicht hingehörte und die Quartiere der Mannschaft waren ebenso sauber und ordentlich wie die der Passagiere. Jede Ladung wurde vom Kapitän selbst überprüft, damit er entschied, wo und wie sie gesichert wurde. Diese Genauigkeit war geradezu manisch und doch steckte selbst dieser Mann noch immer voller Überraschungen.
Sein Blick kam auf Lad zu ruhen. Dass der Kapitän sie nicht einfach als Gast mit einem Schuldschein in eine Kajüte steckte, sondern als Mitglied aufnahm, zeugte wohl auch von der Überzeugungskraft, die dieser Dame anhaftete, befand er. Er war gespannt, wie sich das Abendessen mit ihr gestalten würde.
~*~
Der Abend brach herein und Lad wanderte, sich streckend, in Richtung ihrer Kabine. Es hatte sie mehr als den halben Tag gekostet, sich durch sämtliche Berge an Schmutzwäsche zu arbeiten, die Dolos und ein paar der Matrosen herangeschafft hatten. Nun erinnerte Lad das Oberdeck mehr an die Hinterhöfe in Acolan, der Wüstenstadt in der sie eine Weile lebte. Die Waschweiber hatten ihre Leinen kreuz und quer zwischen die Häuser gespannt und vollgehängt. Einen ähnlichen Anblick bot das Oberdeck dank ihrer eifrigen Arbeit.
Müde rieb sie sich die Augen und drückte mit dem Ellenbogen die Klinke ihrer Tür nieder.
„Lad?“, Dolos' Stimme ließ sie innehalten und sich umdrehen, „Ich habe dich schon gesucht. Der Kapitän lässt grüßen und ausrichten, dass du unserem wichtigsten Gast beim Abendessen Gesellschaft leisten wirst, da er selbst verhindert ist.“
„Bitte was?“, Lad blinzelte verwirrt, „Warum sollte euer Gast mit einem Schiffsjungen speisen wollen?“ „Er fragte nach dir. Vielleicht weil du unser Mädchen für alles bist“, erwiderte Dolos achselzuckend und neigte leicht den Kopf, „Beeil dich einfach und mach dich frisch. Das Essen wird bald zu ihm gebracht.“
Verwirrt blickte sie ihm nach und schob sich dann in ihre Kabine. Es war ihr ein Rätsel, weshalb sie auf einmal mit einem Gast speisen sollte, statt ihr Abendessen mit der Crew einzunehmen, wie es die letzten Tage der Fall gewesen war.
Sie stützte sich mit den Händen auf der Stuhllehne ab und seufzte leise. Was sollte dieser Unsinn nun? Sie war doch keine feine Dame, die zu diesem einen Gast, den sie bislang nur aus der Ferne sah, passen würde. Er wirkte vornehm, seine Bewegungen einstudiert und er umgab sich nur mit den ranghöchsten Offizieren an Bord und dem Kapitän selbst, wenn er an Deck ging. Nachdenklich runzelte sie die Stirn. Vielleicht war dies eine willkommene Abwechslung, vielleicht aber nur ein Trick des Kapitäns, ein Vorwand, um ihr noch mehr Arbeit aufhalsen zu dürfen. Als ob es nicht reichte, dass sie für Sauberkeit zuständig war, die Segel flickte und Seile überprüfte und, wenn der Küchenjunge plötzlich spurlos verschwunden war, dem Koch beim Abwasch half. Lads Lippen kräuselten sich auf eigentümliche Weise. Im Grunde gefiel ihr das Leben an Bord. Die ständige Beschäftigung lenkte sie ab von all den Gedanken, die sie an Land hegte und die sie nächtens verfolgten.
Entschlossen stieß sie sich vom Stuhl ab und durchmaß den Raum, um ihr Gewand gegen ein Frisches zu tauschen, die Haare einmal durchzukämmen und zu einem Knoten zu binden. Gewaschen war sie durch und durch von Seifenlauge, die ihre Haut ganz weich gemacht hatte an Händen und Armen. Es war also nicht nötig, sich noch länger aufzuhalten und so verließ sie eilends die Kabine, um sich zum Gast zu begeben.
Vor dessen Tür angekommen, verharrte sie zögernd. Erneut schoss die Frage durch ihren Kopf, warum er sie heute als Gesellschaft verlangte.
Sacht klopfte sie gegen das Holz und wartete, bis die Tür von Innen geöffnet wurde.
„Guten Abend“, grüßte Tanis mit einem warmen Lächeln die junge Fai, die vor ihm stand und den Gruß mit einem Nicken erwiderte.
Ihr Lächeln war schüchtern und sie wartete darauf, dass er beiseitetrat, ehe sie eintrat. „Verzeiht, wenn ich so direkt frage, aber weshalb kommt mir heute Abend eine Ehre zuteil, die normal dem Kapitän gebührt?“, fragte sie und musterte ihn aus ihren grauen Augen. Ihr erster Eindruck hatte sie nicht getäuscht. Sie schätzte ihn als Handelsreisenden ein, der aus gehobenerem Stande kam und äußerst wohlhabender war. Er schien eine Vorliebe für feine Stoffe und maßgeschneiderte Roben zu haben. Selbst die Farbtöne waren sorgfältig aufeinander abgestimmt.
Sofort fühlte sie sich seltsam in ihrer schlichten Kleidung, die nicht einmal die einer Frau war. Jemand wie ihr Gegenüber würde doch sicherlich eine Dame im Abendkleid erwarten, wenn er sie schon einlud und nicht Lad, die keinen Wert auf Röcke legte, nicht einmal einen mitgenommen hatte, sondern nur praktisches, was sich für die Arbeit eignete.
„Es gibt eine kleine Besprechung an Bord und da ich es hasse allein zu dinieren, dachte ich, schlage ich dem Kapitän vor, Euch diese Möglichkeit zu bieten mit jemanden zu reden, der dasselbe Ziel hat“, antwortete er ruhig und rückte den Stuhl für sie zurecht, als sie Platz nahm.
Ihr Blick war nun noch verwirrter und sie sah von den weißen, noch leeren Tellern auf: „Dasselbe Ziel?“
„Aurenien“, er ließ sich ihr gegenüber nieder und hob die Glocke in der Mitte des Tisches an. Darunter kam eine Salatplatte mit Früchten und Gemüse zum Vorschein, sowie Brot und Pasteten. Unter einer zweiten Glocke tauchte ein Topf mit Suppe auf, die verdächtig nach Zwiebeln roch.
„Darf ich?“, Tanis beugte sich vor und schöpfte Suppe in ihren Teller, „Ich hoffe, es schmeckt Euch. Man nennt mich übrigens Tanis. Ich stamme aus Aurenien, so wie Ihr, allerdings hörte ich, dass Ihr lange nicht im Lande wart.“
Lad probierte dankend von der heißen Suppe und nickte ihm hastig zu, „Ich habe Aurenien verlassen aus privaten Gründen und lebte dann in den Ländern der Menschen. Ich heiße Lad.“
„Seid Ihr dann noch mit den Bräuchen vertraut, Lad?“, er hob fragend beide Brauen und begann gleichermaßen zu essen, „Sicher habt Ihr besser die der Menschen im Kopf.“
„Ich befürchte fast, dass ich ein paar Dinge vergessen habe. In Aurenien hat man keine zwölf Monate, die sich nach dem Mond richten, sondern teilt das Jahr anders ein. Nach Wind und Wetter. Ich weiß nur nicht mehr, wie man die einzelnen nannte“, sie wich seinem Blick beschämt aus. Es war nicht nur die Zeit, die sie Dinge hatte vergessen lassen, sondern auch ihr eigener Wille, denn sie hatte vorgehabt, Aurenien nie wieder aufzusuchen.
„Und nach unseren Göttern“, fügte Tanis mit einem Lächeln hinzu, „Es beginnt bald die Zeit des Wolfes, die kalte Jahreszeit, in der Zusammenhalt am Wichtigsten ist. Der Wolf ist uns Symbol für Stärke und Familie, denn er lebt im Rudel. Ich sehe Ihr orientiert Euch lieber an der Rechenweise der Menschen? Sie hat immerhin ihre Vorzüge gegenüber unserer. Der Mondzyklus ist ein Fixpunkt, den unser Volk wahrnimmt, aber nicht als Hauptbestand in seinen Kalender einordnete.“
„Weshalb nicht?“, Lad griff nach einem der Brote und überflog die Platte. Erneut suchte sie vergebens ein gutes Stück Fleisch. Die Fai aßen vor allem das, was die Natur hergab, wenn sie sich recht erinnerte. Selten gab es Fleisch oder Fisch bei ihnen und offensichtlich behielten sie dies bei. Seit sie an Bord gegangen war, vermisste sie einen guten Braten, wie Merenwen ihn Zuhause machte und fragte sich, wie die Crew es aushielt, jeden Tag nur Grünzeug zu sich zu nehmen.
„Die Götter allein und die Weisen, die mit ihnen in Verbindung stehen, wissen dies wohl“, lachte er auf und folgte ihrem suchenden Blick, „Fehlt etwas?“
„Nein“, entgegnete sie hastig und tunkte das Brot in eine der Pasteten, „Nein, ich... Fragte mich nur, ob die Fai allgemein kein Fleisch essen oder ob sie Ausnahmen machen.“
„Sehr selten, um die Frage ehrlich zu beantworten. Wir holen uns das, was Aura uns gibt und achten jegliches Leben“, er lehnte sich, als er fertig gegessen hatte, in seinem Stuhl zurück und betrachtete sie. Sie würde es, seiner Einschätzung nach, nicht einfach haben. Zu sehr schienen fremde Bräuche an ihr zu haften.
~*~
Später in dieser Nacht, lange nachdem Lad sich verabschiedet hatte, die Versammlung des Kapitäns vorübergegangen war und sie den Mast in schwindelerregende Höhe erklommen hatte, die sie so sehr lockte, trieb in weiter Ferne Gwindor sein Pferd über eine Wiese. Yalhan folgte ihm seinerseits auf einem Rappen. Beide waren sie gänzlich in schwarz gehüllt und verschmolzen mit ihrer Umgebung und der beinahe mondlosen Finsternis.
Der Vermummte hatte ihnen eine Nachricht zukommen lassen und Gwindor hatte darauf bestanden, sofort aufzubrechen, um diesem Befehl Folge zu leisten. Ihr Weg führte sie in seine Heimat, in die Düsterlande, die durch ein Gebirge von Astila abgegrenzt waren. Sie würden den Weg durch ein anderes Land nehmen müssen, um einen sicheren Passweg nutzen zu können, denn die Berge auf Seiten Astilas waren steil und schroff. Zu Pferde unmöglich zu bewältigen und keiner der beiden wollte diese Reise zu Fuß auf sich nehmen.
Yalhan verkrampfte die Hände, die die Zügel hielten. Er hasste den Vermummten mittlerweile jeden Tag mehr. Seine Verwandten in den Düsterlanden hatte er lange nicht gesehen und obwohl die Skalaner regen Kontakt mit ihnen hielten, so hatten beide verwandten Völker auch verschiedene Ansichten, was das politische Geschehen oder die Verehrung der Götter betraf.
Gwindor hatte zwar schon nach den ersten Stunden verstanden, dass er sich nicht unterordnen würde, doch nun, da sie praktisch in sein Revier ritten, schien der Dunkelelf jeden Tag unerträglicher zu werden. Immer finsterer und unergründlicher wurde seine Miene.
Erst als die Nacht ihren Höhepunkt erreicht hatte, machten sie Rast, um etwas zu Essen. Yalhan holte seine Dolche hervor, um sie im Schein ihres kleinen Lagerfeuers zu säubern.
„Weißt du, was einen Mann wirklich brechen kann?“, Gwindors Stimme durchbrach die Stille, die sie beide umgab.
Er hob den Kopf und blickte in die dunklen Augen seines Partners: „Alles, was ihn bis in die Seele berührt, wenn man es zerstört.“
Ein langsames Nicken folgte von Gwindor, „Es bricht einen oder gibt einem genug Wut, um weiterzumachen. Ich hatte einst ehrenvollere Ziele, als mich mit unserem Auftragsgeber einzulassen. Einst hinterfragte ich sogar seine Ideen, doch dann wurde mir das genommen, was diese Zweifel auslöste. Die Zeit ist unser bester Verbündeter und größter Feind. Der Dienst für euch Skalaner ist nun mein einziges Streben.“
„Der Dienst für mein Volk?“, Yalhan schnaubte verächtlich aus, „Weshalb brachtest du mir dann nicht genügend Respekt entgegen, wenn dir so viel dran liegt, meinem Volk zu dienen?“
„Du sahst nicht gerade aus wie ein Skalaner in dieser lächerlichen Verkleidung und so gern ich den Skalanern diene, so wenig stehe ich wirklich in ihren Diensten und mehr in denen des Mannes, den ich vor langer Zeit kennengelernt habe. Er hat Großes vor und das habe ich immer an ihm bewundert. Darum folgte ich ihm bereitwillig, selbst, als mein Wille kurz ins Schwanken geriet“, Gwindor warf ihm einen funkelnden Blick zu. Er wandelte schon viel zu lange auf dieser Welt. Kriege hatte er auf brutale Art überlebt und gewonnen. Stets war er Soldat gewesen und nur einmal hatte er seinen Weg in Frage gestellt, doch nun verfolgte er diesen mit eiserner Härte und einer Bitterkeit im Herzen, an dessen Stelle Wärme herrschen könnte.