Dabog Goodhearts untoter Körper, wurde hin und her geworfen.
Er träumte einen seltsamen, aufwühlenden Traum. Das Seltsamste an diesem Traum jedoch war, dass er ihn überhaupt träumte, denn die Verlassenen träumten sonst nicht. Sie hatten diese Fähigkeit, nach dem Übergang in ihr Untotendasein, verloren. Doch nun auf einmal träumte Dabog und nicht nur er träumte, sondern auch viele andere der Verlassenen, die hier in Unterstadt lebten. Sogar Sylvanas Windläufer, die mächtige dunkle Fürstin, hatte es bereits erwischt. Man munkelte, dass sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr aufgewacht war. Schwere Träume schienen auch sie zu quälen. Diese hatten alle etwas mit dem mächtigen Lich King (der erste Todersritter und Königssohn Arthas von Lordareon, der dem Bösen verfiel und Anführer der Untoten-Geissel wurde) zu tun, welcher Sylvanas einst zu einer seiner Dienerinnen hatte machen wollen. Sylvanas jedoch, hatte sich vom Einfluss des Lich Kings befreien können und schliesslich das Volk der Verlassenen gegründet, welches nun frei war.
Dabog hatte bis vor einigen Tagen noch im Hügelland bei Tarrens Mühle gedient, doch nun war er zurück in die Hauptstadt der Untoten, die tief unter der Erde lag, zurückbeordert worden. Er lebte nun hier, nahe dem Apothekenviertel. Da die seltsame Schlafkrankheit in Unterstadt immer mehr um sich griff, brauchte man einige neue Wächter, die jene die eingeschlafen waren, ersetzen konnten. Erst gerade hatte Dabog erfahren, dass er dazu auserkoren worden war, einer der Leibwächter der Fürstin zu werden. Doch nun, schien auch ihn diese seltsame Schlafkrankheit erfasst zu haben. Auch wenn es ihm im Augenblick nicht wirklich bewusst war, denn er träumte einen so lebhaften Traum, dass er glaubte dieser sei seine wahre Realität.
Er durchlebte Erinnerungen an Dinge, welche vor seinem leiblichen Tod und seiner Wiederauferweckung geschehen waren. Er fühlte sich auf einmal wieder lebendig, sein Körper war warm, sein Herz schlug, seine weiche Haut mit einem leichten Bronzeschimmer, spannte sich über edle Gesichtszüge. Sein Haar, das er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war schwarz und glänzend, nicht so stumpf und dünn, wie es bei seinem Untoten-Körper der Fall war.
Er erlebe von neuem die vielen Schlachten in denen er gekämpft hatte und er erlebte nochmals seinen Tod. Er sah wie dieser Verlassene, mit dem schrecklichen, herabhängenden Kiefer auf ihn losstürmte, spürte dessen fauligen Atem und roch den furchtbaren Gestank, der von ihm ausging. Dabog war gerade dabei, sich mehreren Gegnern gleichzeitig zu erwehren. Sein langes, leicht gebogenes Schwert, zischte durch die Luft, schnitt in fauliges Fleisch, schlug Gliedmassen und Köpfe ab. Blut klebte an der sonst rein und silbern schimmernden Klinge. Auch an seinem Körper klebte Blut, er wusste nicht mehr welches sein eigenes und welches das Blut seiner Gegner war. Er kämpfte einfach nur wie ein Berserker. Doch irgendwann verliess auch ihn die Kraft und der Verlassene, mit dem herabhängenden Kiefer schaffte es, den tödlichen Schlag zu setzen. Dabog schrie, als er den schrecklichen Schmerz nochmals erlebte, den er erlitten hatte, als die grausame Klinge des Gegners seitlich durch die Lunge in sein Herz drang. Er hustete, spürte einen metallischen Geschmack in seinem Mund. Blut quoll hervor, aus seiner Wunde und aus seiner Kehle. Er röchelte, denn er bekam keine Luft mehr. Sein Tod war qualvoll, er schrie und sein schlafender, untoter Körper schlug um sich.
Doch dann auf einmal… umgab ihn ein weiches Licht und eine heilsame wohltuende Wärme durströmte ihn…, als seine Seele den Körper verliess und sich in einer wundervollen, unberührten Welt wiederfand, die durchdrungen war von smaragdgrünem Licht…
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Er lenkte sein ganzes Sein, auf seinen einstigen Körper, versuchte die Aufmerksamkeit selbigen auf sich zu ziehen. Die Verlassenen waren zwar untot, besassen keine Seele mehr, aber einige Erinnerungen und einen Verstand besassen sie noch. Das war vermutlich noch eine Restessenz der Seele, welche den untoten Körper einst bewohnt hatte. Und… Dabog versuchte seinen liebsten und stärksten Gedanke an seine, von Nekromantie am Leben erhaltenen Hülle, zu senden: Der Gedanke an Lumnia und seine Sorge um sie. Während er diese Gedanken immer mehr intensivierte, geschah mit ihm plötzlich etwas sehr Seltsames. Auf einmal tat sich vor ihm eine Art Portal aus dunkelblauen, wirbelnden Lichtern auf. Von diesem Portal wurde das Seelen- Ich von Dabog wie von einem grossen Staubsauger angezogen. Der junge Mann schrie auf, als er den Halt verlor und in die wirbelnde Masse hineingesogen wurde. Was war das bloss? Trotz allem, fühlte er seltsamerweise keine Furcht. Es war ihm sogar plötzlich, als ziehe ihn der Strudel an einem ihm bereits sehr vertrauten Ort. Ein Licht erschien nun am andern Ende des Strudels, welcher ihn wild umherwarf. Immer stärker wurde der Sog, doch dann prallte Dabog plötzlich gegen etwas Hartes!
Der Durchgang in das seltsame Licht, war mit einem eigenartigen Gitter verschlossen. Es schien als würden die Gitterstäbe leben. Sie bewegten sich und verformten sich immer wieder. Fratzen bildeten sich aus ihnen, Fratzen die ihre Münder weit aufgesperrt hatten und schrecklich heulten und schrien. Als Dabog gegen das Gitter prallte und der Sog dahinter ihn an diese heranpresste, griffen kalte Hände nach ihm. Er sah ganz nahe vor sich die schrecklichen Fratzen, stöhnte und versuchte sich zu befreien. Der Sog der in das Licht führte, schwächte sich noch immer nicht ab. Mit grimmiger Entschlossenheit, stemmte sich Dabog von dem Gitter weg, schlug nach den Händen und Münder, welche ihn angriffen. Es waren die nekromantischen Geister, geboren aus einer unheimlichen, dunklen Magie, welche jenseits von Dabogs Vorstellungskraft lag. Doch er würde nicht aufgeben, jetzt da er so weit gekommen war. „Macht den Weg frei!“ sprach er. „Es ist mein Recht hier zu sein! Das Portal ist für mich geöffnet worden.“ „Oh nein!“ hörte er die Echos hunderter von Stimmen. „Wir lassen dich nicht durch.“ „Doch das werdet ihr, mein Name ist Dabog Godheart. Weichet!“ Als die verderblichen Geister diesen Namen hörten, stöhnten sie laut und erschrocken auf. „Wie kommst du hierher?“ fragten sie. „Wie ich sagte, ein Portal ist für mich geöffnet worden. Man ruft mich am andern Ende, also hinweg mit euch!“ Er schloss seine Augen und versuchte seinen rasenden Puls zu beruhigen. Dann atmete er tief ein und liess alles Schwere los…
Die lebenden Gitter, dehnten sich plötzlich aus und verbogen sich, so dass der junge Mann von dem Sog hindurch gezogen werden konnte.
Und dann auf einmal… fand er sich in einem seltsam schweren Körper wieder! Es fühlte sich an, als würde er in einen eisigkalten Strudel eintauchen. Er keuchte auf, so ein Schock war das was er hier erlebte. Die ganze Leichtigkeit und Transzendent seines geistigen Körpers war verschwunden. Was ihn hier empfing war Leere, Kälte, Schmerz und… ein unglaublicher Gestank, der von ihm selbst auszugehen schien. Er war in seinen alten Körper eingetaucht und dieser setze sich nun, seinen Befehlen folgend, in Bewegung…