Der Biss der Lüge
Ein Hauch, der von Erinnerung geboren,
Doch älter noch als alle denkend Welt,
Auf hohen Treppen schon zur Zukunft steigend
Verklärt, was einst gedankenlos gefällt:
Ein Hauch, der wie ein Stern mit seinem Feuer,
Noch immer beißt, egal welch ferne Nacht,
Ja, selbst wenn alle Worte noch versiegten,
Die Tage dunkeln ließ' in stiller Macht.
Entscheidungen, die das Gewissen plagten,
Doch nun, verblasst im Unkraut alter Zeit,
Nichts weiter als Gemälde in den Schatten,
Voll Absicht in der weiten Dunkelheit.
Wer blickt schon gern zurück, zu all der Ferne,
Die doch so nah, wenn sie ins Lichte rückt,
Die doch so traut in all der fremden Fremde
Dem Geiste schmeichelnd ihre zarte Waffe zückt?
An Stunden aufgebahrt wie Herbstesblätter
Vertragner Worte, ferner Freiheit bunter Wahl,
Rosévergilbter Wind, der sie umschmeichelt
Im Regenglaskristall in dunklem Tal.
Wer kennt ihn nicht, den Dorn aus Scham und Eifer,
Wenn lau und leicht die Lüge doch so süß,
Wenn alle Wahrheit doch nicht stets so bitter schmeckte,
Wenn man sich selbst mit eignem Namen Wahrheit hieß?
Der Biss der Lüge, der das Blut mit Gift verätzend
Gar Leib und Seel' mit tausend Scherben quält,
Ist Qual der Wahl, die einst getroffen, doch besetzend
Mit dunkler Saat des Lügners sich vermählt.