Gezeiten der Worte
Mancher Tage fahren Worte
wie ein Segelboot dahin,
reisen bis an fremde Orte
ohne Hoffnung auf Gewinn.
Manchmal fließen sie wie Wellen
auf den Schnellen eines Stroms,
tanzen mit der Gischt, der Hellen,
glitzernd ob des Himmelsdoms.
Oft, da treiben sie verloren,
ohne Ziel, ja, einfach fort,
nicht aus Relevanz geboren
bleibt verschleiernd jedes Wort.
Manchmal stauen sich die Wellen
wie ein Damm aus Fluss und Zeit,
bis die Tränen überquellen
oder Druck sie barsch entzweit.
Manchmal weht ein kühler Westwind,
manchmal beißt die Brise scharf,
doch wo immer Worte sind,
lenken Segel den Bedarf.
Wohlig kann die Stille weilen,
Brücken bauen, träumend weh’n,
Wunden und Erfahrung heilen
und auch wortlos sich versteh’n.
Andrer Tage lockt das Schweigen
und umwölkt blickt müder Geist.
Blätter tanzen ihren Reigen,
jedes Wort erklingt verwaist.
Doch das Lachen ersten Klingens,
wenn ein Wall aus Stille bricht,
jener kühle Bach des Singens
ist, wenn wahre Liebe spricht.
All der Worte tausend Silben
sind wie Asche in der Welt,
wenn sie ungenutzt vergilben,
ihre Leidenschaft verfällt.
Wenn ihr schöner Klang ergrauend
Regelwerk, Gesetz entspricht
und zugleich nur Wände bauend
Schatten schafft im eignen Licht.