Hope
Als ich beim Biologieraum ankomme, stehen bereits einige meiner Mitschüler vor der Tür und warten. Ich bin ein wenig spät, da ich Isabelle und Carly noch den Weg zum Kunstraum gezeigt habe. Danach habe ich mich so schnell es geht hierher begeben. Zum Glück sind die meisten Lehrer in der Oberstufe meistens zu spät. Normalerweise bin ich davon immer ziemlich genervt, doch heute spielt diese Tatsache mir ziemlich in die Karten.
Ich lasse meinen Blick über die Leute wandern und erstarre plötzlich. Mein Atem stockt regelrecht. Dort, nur wenige Meter von mir entfernt, steht Jil und unterhält sich mit Tessa. Ich kann nicht anders, als sie anzustarren. Nun haben wir schon zwei Kurse miteinander, während wir uns im letzten Jahr kaum gesehen haben. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich denken, dass Dad etwas an den Stundenplänen gedreht hätte. Allerdings weiß er gar nichts davon, dass ich Gefühle für Jil habe.
Nach wenigen Minuten öffnet sich die Tür des Klassenraumes und unser Lehrer sieht uns erwartungsvoll an. Als würde er uns dafür tadeln, dass wir noch nicht drinnen sind, obwohl er derjenige ist, der uns bis gerade nicht reingelassen hat.
Ich rolle genervt mit den Augen. Tatsächlich ist dieser Lehrer bei mir nicht sonderlich beliebt. Er ist einfach wahnsinnig arrogant, was ihn auch unter vielen Schüler und Lehrern unbeliebt macht. Trotzdem setze ich ein freundliches Lächeln auf und betrete mit den anderen Schülern den Klassenraum. Hier lautet meine Taktik: Besieg sie mit Freundlichkeit!
Während die Ersten sich in die letzten Reihen drängen, bleibe ich eher ratlos im Raum stehen. Ehrlich gesagt sind hier kaum Leute, denen ich nahe stehe, weshalb ich keine Ahnung habe, wo ich mich hinsetzen soll.
Aus dem Augenwinkel erhasche ich einen Blick auf Jil, die Tessa etwas zuflüstert. Als ich mich gerade irgendwo abseits niederlassen will, winkt Tessa mich zu sich: "Willst du dich vielleicht zu uns setzen, Hope?"
Ein wenig verwundert drehe ich mich zu ihr herum und sehe sie perplex an. Bisher habe ich kaum ein Wort mit ihr gewechselt und nun fragt sie mich, ob ich neben ihr sitzen möchte. Ich sehe auf den freien Platz und bemerke, dass ich genau neben Jil sitzen würde, wenn ich die Einladung annehme.
"Wenn euch das recht ist", ich nicke eher zögerlich, versuche mir aber nicht anmerken zu lassen wie gerne ich genau dort sitzen würde. "Ich habe nichts dagegen", teilt Tessa mir mit. Sie sieht kurz zu Jil, die ihr mit ihrem Blick etwas zu sagen wollen scheint. Diese rollt allerdings nur mit den Augen: "Sie ist auch einverstanden." Mit dem Kopf nicht sie in Jils Richtung und grinst mir verschmitzt zu.
Mein Herz macht einen leichten Satz, dich ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Stattdessen setze ich mich still auf meinen Platz und schenke Tessa ein freundliches Lächeln: "Danke." Sie zwinkert mir verschmitzt zu, wendet sich dann aber der Tafel zu.
Ich tue es ihr gleich, sehe aus dem Augenwinkel allerdings, wie Jil Tessa mit dem Ellenbogen in die Seite stößt. Dabei schenkt sie ihr einen Blick, den ich nicht ganz deuten kann. Stört es sie etwa doch, dass ich bei ihnen sitze?
Schnell versuche ich mich lieber mit dem Unterricht zu beschäftigen und das von der Tafel abzuschreiben, was der Lehrer angeschrieben hat. Allerdings schaffe ich es nicht mich von dem Gedanken loszureißen. Bisher dachte ich eigentlich immer, dass sie nichts gegen mich hat. Ihr Verhalten lässt aber darauf schließen, dass sie mich entweder nicht mag oder, dass sie es peinlich findet, wie Tessa sich mir gegenüber verhält.
Ich tippe jedoch auf ersteres. Schließlich gibt es keinen Grund dafür, dass Tessa ihr peinlich sein könnte – ehrlich gesagt finde ich die Dunkelhaarige heute viel sympathischer als sonst. Das wäre ja lediglich der Fall, wenn sie bei mir irgendwie einen guten Eindruck machen wollen würde. Doch warum sollte sie das wollen?