Ein Mädchen, von vielleicht fünfzehn Jahren steht an der Straßenecke und raucht. In ihrem engem Kleid, das ihr die Luft zum Atmen nimmt und mit den hohen Stöckelschuhen, die ihren Füßen schmerzen und in denen sie sich nur mit Mühe regelmäßig vor einem Sturz retten kann. Er sieht sie. Sieht sie wie sie da steht unsicher und hustend rauchen. Er weiß, dass sie locker zehn fünfzehn Jahre jünger ist als er, doch er sieht auch, dass sie es nötig hatte. Das sie nicht hier war, weil sie das Bedürfnis hatte die Hände eines dreckigen Mannes unter ihrem Hauch dünnem Kleid und in ihrer mit spitzen besetzten Unterhose zu spüren, sondern das sie da war, weil sie es nötig hatte.
Sie steht da. Hustend mit ihrer Zigarette in der Hand. Sie spürt wie ihr Herz pocht und sich ihr Brustkorb unter dem viel zu engen Kleid hebt und senkt. Sie will Atem, atmen sich das Kleid vom Leibe reißen und davon laufen. Sie fühlt sich eingesperrt eingeengt in ihrem eigenem Körper. Doch sie kann nicht einfach davon laufen. Kann sich nicht einfach das Kleid vom Leib reißen. Denn sie hat eine Verpflichtung. Gegenüber ihren Geschwister. Und war es nicht besser wenn ein dreckiger Mann auf der Straße seine Begierde in ihr stillt, als ihr eigener Vater. Was es nicht besser das Gesicht eines fremden dabei anzusehen, als das Gesicht des Mannes der sie zeugte? So war es vermutlich und bei dem Gedanken rann ihr eine einzelne Träne die Wange hinab.
Er wankte zu ihr hinüber. Völlig dicht und nicht wissend wo oben und unten ist. Er stellte sich neben sie und hielt sein Gesicht ganz nah an ihres. Sein Atem stank nach Tabak und Alkohol und nach etwas undefinierbarem von dem sie überhaupt nicht wissen wollte was es war. Sie nannte ihren Preis und er seine Bedingungen. Er zog sie hinüber zu einer Bank. Warf sie darauf und begann sie energisch und grob zu küssen, während er ihr mit seiner gierigen Hand unter das Kleid griff. Seine Hand packte ihren Arm und hinterließ ein schmerzendes Gefühl darauf. Es tat weh. Es tat immer weh mit dieser Sorte Mann. Denn das hatte nichts mit liebe und Zärtlichkeit zu tun. Es war ein unangenehmes Geschäft, das man am besten so schnell wie möglich hinter sich brachte.
Plötzlich packte er ihren Hals und drückte ihn zu. Sie rang nach Luft, Tränen liefen ihr die Wangen hinunter und das Bedürfnis zu schreien war unendlich groß. Doch sie konnte nicht. Jeder Ton blieb ihr im Hals stecken und die Schmerzen begannen sie zu übermannen. Sie ließ sich in die Dunkelheit ziehen. In das unendliche nichts.
Am nächsten morgen wurde ihre Leiche gefunden. Halb ausgezogen und entstellt. Sie starb ohne Würde und ohne jemanden der sie liebte an ihrer Seite. Die Leute die in der Zeitung über sie lasen verurteilten sie oder hatten Mitleid mit ihr. Doch niemand wusste wer sie wirklich war und was sie getan hat