Der Gott der Naturwissenschaft
Leitfaden einer Idee
(Essay)
Historischer Abriss der Beziehung von Religion
Philosophie und Naturwissenschaft
(Einleitung)
Die folgende Abhandlung basiert auf wissenschaftlichen Fakten, will aber selbst keine wissenschaftliche Arbeit sein, sondern eine Confessio (mit bruchstückhaften Quellenangaben). Es handelt sich hierbei um die drei obigen Disziplinen, die den Urgrund des Seins zu erforschen suchen. Seit der Aufklärung hat die Philosophie und anschließend die Natururwissenschaft die christliche Religion kritisch hinterfragt und dabei ihre Kompedenz, Antwort auf die letzten Dinge zu geben, allmählich verloren. Ihre Bedeutung in Wissenschaft und Gesellschaft schwand. Grundsätzlich wird argumentiert, Philosophie und Religion hätten längst die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit überschritten und keine neuen Kenntnisse zu bieten. Einzig die Naturwissenschaft brächte solche noch hervor. Welcher Stellenwert ergibt sich heute daraus für die Religion? Das ist hier die Frage! Dabei ist zu beachten: Während die Naturwissenschaft den Aufbau der Natur zu ergründen sucht, fragt die Religion nach dem Sinn jeglicher Existenz. Es liegen also unterschiedliche Zielrichtungen vor. Drei naturwissenschaftliche Bereiche sollen zur Untersuchung herangezogen werden: Die Biologie des Menschen, der Makrokosmos und die Welt der Quanten. Die Philosophie zieht aus dem Erkannten Konsequenzen, um der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen.
I. Spuren Gottes in der Biologie des Menschen
Begriffsklärung der Religion
Religion ist kein Hirngespinst der Phantasie, keine Verblendung, die realitätsblind macht, wie Friedrich Nietzsche annahm, wenn er sagt: "Gott ist tot!" Oder wie Karl Marx meinte, „Religion sei Opium für das Volk“, das Despoten den Untertanen eingeflößt hätten, um diese gefügig zu halten und ausbeuten zu können. Solcher Missbrauch der Religion kam und kommt vor, aber ihr eigentlicher Ursprung ist nicht philosophischer Irrtum oder menschliche Bosheit, sondern eine Anlage, die aus der Evolution hervor gegangen ist. Nur von daher kann Religion analysiert, definiert und verstanden werden. Kurz: Religion ist ein Objekt naturwissenschaftlicher Forschung.
Emotionale Erfahrung der Transzendenz
Wenn ein Mensch durch Meditation sich ganz in Gott versenkt, kann heute die Wissenschaft feststellen, welche Teile des Gehirns in welchem Ausmaße aktiviert werden. Betroffen davon sind die Stirnlappen, wo das Aufmerksamkeitszentrum liegt, der linke Schläfenlappen, der religiöse Empfindungen (s. Ekstase) und Erleuchtungen hervorruft, und das limbische System, das den Meditierenden stimuliert, sich einer absolut wichtigen Sache hinzugeben. Bei regelmäßiger medidativer Praxis intensiviert sich das religiöse Leben, so dass die Person kaum mehr von dieser Gott-Erfahrung loskommt, bzw. loskommen will. Einzig im Scheitellappen, wo alle Eindrücke analysiert und differenziert werden, wo das Ich sich als Individuum begreift, werden nur schwache Impulse registriert. Hier bleibt alles Wahrgenommene undifferenzierte Einheit. Der Meditierende erlebt sich eins mit dem Sein und damit Gott verbunden und zwar so, als sei Gott ganz in ihm anwesend. Das besagt, die Idee Gott ist im Gehirn des Menschen vorgegeben. Der renommierte Biologe Edward Wilson von der Harvard Universität, USA, bemerkt hierzu: „Die Bereitschaft zu religiösem Glauben ist ein nicht tilgbarer Bestandteil der menschlichen Natur". Ergänzend sei gesagt, dass das intuitive Gefühl für die Enheit des Universums als Religiosität bezeichnet werden kann.
All diese Empfindungen können auch in Träumen hochkommen oder bei exzentrischer Musik oder durch Massenwahn ausgelöst werden. Auch chemische Einflüsse verursachen Wirkungen dieser Art, so das Gift des Mutterkorns, das lange Zeit als LSD im Umlauf war. Raum und Zeit trennen sich hierbei in ihrer Funktion und es kommt zu Halluzinationen. Bei all diesen künstlich hervorgerufenen Erregungen kommt es zur Störung der Willenssteuerung. Die Pluralität dieser Gefühlsregungen findet ihren Niederschlag in der Wortwahl: Man spricht von Liebesglut, Inbrunst, berauschend, Ekstase, Eifer, Elan, Enthusiasmus,Gier, Lust, Überschwang, Affekt, Aufwallung, Trunkenheit, etc.
Rationale Erfahrung der Transzendenz - phylogenetischer Ursprung
Die physische, psychische und mentale Entwicklung der Kreaturen wird vom Gesetz der Evolution bestimmt, wie es Charles Darwin formuliert hat: zufällige genetische Variationen und Auslese jener Veränderungen, die sich der Umwelt nicht anzupassen vermögen und daher zugrunde gehen. Übertragen auf die Religion lautet die Fragestellung: Inwiefern fördert die Religiosität das Überleben des Menschen? Erstaunlich ist, dass die schlimmsten Tötungsmaschinen in der Natur wie der Thesaurus Rex untergegangen sind, während die Idee „Gott“ den Überlebenskampf bis heute haushoch gewonnen hat. Religiosität ist zweifellos eine mentale Eigenschaft. Dazu gehört schnelles und umfangreiches Erfassen der Umwelt gepaart mit einer hohen Kombinationsfähigkeit von Eindrücken und Erinnerungsbildern. Nur so können Bedrohungen abgewehrt oder Nahrung ergattert werden. Tiere haben eine begrenzte Wahrnehmung. So kann z.B. der Fuchs eine Geruchsspur aufnehmen, die zu einem Beutetier führt. Aber dass der Himmel blau und die Wiese grün ist, das registriert er nicht. Einige hochentwickelte Tiere wie Elefanten, Giraffen oder Menschenaffen können optisch, akustisch und mit Hilfe des Geruchs sich selbst wahrnehmen, und erkennen ihresgleichen sogar als Tote oder als Skelett. Zu ganzheitlichem Selbserkennen ist vor allem der Mensch befähigt, wobei er sich als Wert begreift und als Ich sich empfindet. Auf Grund dessen kann er Mängel an seiner Existenz wahrnehmen und entsprechende Schlußfolgerungen ziehen. So erfährt er sich als endlich und fragt nach der Unsterblichkeit und Ewigkeit; er erfährt sich räumlich eingeengt durch seine Körperlichkeit und durch die Umwelt und sehnt sich nach einer geistigen, unbegrenzten Existenz; er erfährt sich als schwach und verletztbar und sehnt sich nach dem Allmächtigsein; er erfährt sich als unwissend und verlangt nach Allwissenheit u. s. w. Die Summe der erwünschten Anlagen bringt er mit Gott in Verbindung. Die Summe der negativen Anlagen ist für ihn das Satanische. Gott und Satan stehen komplementär zueinander, sie kompensieren und definieren sich gegenseitig. Sie sind wie die Revers einer Medaille. Der Drang, diesen Vorgang festzustellen, rührt vom strukturellen Dualismus des Seins (darauf wird am Ende des Kapitels "Makrokosmos" eingegangen.) Der Mensch bemüht sich zwar, die Defizite seiner Existenz so klein wie möglich zu halten. Aber alle Mühe entpuppt sich letztlich als Schein und Gaukelei. Denn selbst dort, wo er glaubt, Schutz, Wohlstand, Freude und Glück errungen zu haben, macht das Bewußtsein, vergänglich zu sein, alle Hoffnung zunichte.
Rationale Erfahrung der Transzendenz - ontogenetischer UrsprungDas Kind macht frühzeitig eine Phase mystischer Entwicklung durch, wo es ein reges Interesse am Irrationalen wie Zauberei, Engel, Geister etc. zeigt. Dieses Ahnen gottähnlicher Seinformen beweist, dass Religiosität nicht bloß das Produkt von Erlerntem und Erfahrenem ist, sondern dass ihm vielmehr genetische Anlagen zugrunde liegen.
Zum besseren Verständnis sei auf ein Parallelbeispiel verwiesen: Das Kleinkind wendet sich im 8. Lebensmonat von fremden Personen ab, wenn diese Blick- Kontakt mit ihm aufnehmen möchten. Man bezeichnet das Verhalten als Fremdeln. Auch hier sind auf Grund der frühen Fremdenangst genetische Anlagen als Ursache anzunehmen. Sie dienen dem Schutz des Kleinkindes. Dieses Angstverhalten kann sich im Laufe des Lebens unterschiedlich stark modulieren und sogar Todschlag und Krieg auslösen. Deshalb ist es Ideotie, die Zurückhaltung Erwachsener gegenüber Fremden als moralisches Fehlverhalten einzustufen. Denn Gerade Frauen erfahren durch die Angst rechtzeitigen Schutz vor Mißhandlung.
Ähnlich flexibel erweist sich auch die Religiosität. Soweit sie gute Erlebniswerte beinhaltet, können diese durch Übungen der Frömmigkeit zu einem aufbauenden Teil des Selbst werden. Umgekehrt: wird die Religiosität vernachlässigt, entfremdet der Mensch sich ihrer. Die Gehirnfelder, die das religiöse Empfinden hervorrufen, liegen dann brach und verkümmern, so dass selbst für Sterbende Gott keine Option mehr darstellt. Problematischer wird es, wenn an Stelle einer Religion, welche auf das Jenseits ausgerichtet ist, sich eine Ideologie im Menschen einnistet wie der Nationalsozialismus oder der Kommunismus, weil diese diesseitig ausgerichtet sind. Die Folgen waren jeweils verheerend. Die Begründer der Ideologien wurden zu „Halbgöttern" gekürt wie Marx, Engels, Stalin, Mao und Hitler und die Ideologien arteten zu Massenwahn aus.
II. Spuren Gottes im Makrokosmos
Die Substanz allen Seins heißt Energie
Im vorausgegangenen Kapitel wurde Gott als Phänomen der menschlichen Biologie entdeckt, als Phänomen des Empfindens und der Logik. Für beides ist das Gehirn zuständig. Nun soll über die menschliche Biologie hinaus der ganze Kosmos abgesucht werden, ob Hinweise auf Gott zu finden sind.
Der bedeutendste Physiker des 20. Jahrhunderts, Albert Einstein (1879 - 1956), stellte fest, dass das gesamte Sein aus der gleichen Substanz, aus dem gleichen Etwas besteht, nämlich aus einer Kraft, die Energie genannt wird, deren Wirken wohl beschrieben werden kann, aber desen Wesen (noch) nicht entschhlüsselt ist.
Diese Kraft tritt im Kosmos in unterschiedlichen Formen auf z. B. als Strahlungs- oder als reine Energie. Ihr Wirken ist als Wärme, als Licht oder als Bewegung erfahrbar. Eine weitere Erscheinung ist die komprimierte Energie, die in unterschiedlichen Formen der Materie wahrgenommen wird. Sie belegt etwa 5% des Volumens des Universums. Daneben gibt es im Kosmos Materie, die keine Strahlung abgibt und daher nicht direkt nachgewiesen werden kann. Einzig feststellbar ist ihr Einwirken auf die Bahnen andere Sterne. Man bezeichnet sie als "Dunkle Materie". Sie umfasst 23% bis 27% der Unisversums. Der verbliebene Raum des Universums, etwa 68% bis 80% , wird von „Dunkler Energie" erfüllt. Man nimmt an, dass es im Universum kein Flechen geben kann, das energiefrei wäre. Aller Raum ist Energie. Die Beschaffenheit der Dunklen Energie ist weitgehend unbekannt. Das einzige, was man von ihr weiß, ist, dass sie der Gravitation engegen wirkt. Während die Gravitation alle Materie anzieht und verballigt, treibt die Dunkle Energie aufgrund ihrer Potenz die Materie auseinander und zwar stärker als die Gravitation der Masse zusammenziehen vermag. Erst „jüngst" wurde festgestellt, dass diese expandierenden Kräfte seit etwa 5 Milliarden Jahren kontinuierlich zunehmen. Die Zukunft des Universums dürfte deren Auflösung sein. Die unterschiedlichen Energieformen haben laut Einstein einen gemeinsamen „Nennen" d. h. sie entsprechen einer einheitlichen mathematischen Formel und die lautet:
E = m mal c², will heißen: Energie ist Masse mal Lichtgeschwindigkeit in Quadrat.
Demnach ist Energie identisch mit dem, was Emotion und Ratio dem Menschen als Gott begreifen lassen. Gott und Energie haben die gleichen Eigenschaften, deshalb kennzeichnet sie der Mensch mit den gleichen Attributen, nämlich sie sind geistig, allumfassend, ewig und allmächtig.
Dualität als Einheitsstruktur aller Energie
Alle Energien weisen eine Struktur auf, die Gegensätzlichkeiten beinhalten wie Sein oder Nichtsein, wie Raum (als statisches Prinzip) und Zeit (als dynamisches Prinzip). Solche Dualität durchzieht alle Bereiche des Seins. Besonders effektiv erfahrbar ist sie im Elektromagnetismus: er kann positiv oder negativ geladen sein und dadurch eine anziehende oder eine abstoßende Kraft bewirken.
Der Dualität untersteht auch die Evolution des Lebens (Mutation / Selektion) und die Funktion der Geschlechterteilung (männlich / weiblich). So kommt es zu Veränderungen im Organischen und im Verhalten (lebendig / tot), beide Varianten haben sich in ihrer Umwelt und in ihrer Funktion zu bewähren. Die Synthese sind jeweils stabilere überlebensstarke Kreaturen.
In der Psyche wird emotionale Widersprüchlichkeit vom Drang nach Ausgewogenheit und Sicherheit gesteuert. Der Mensch bedient sich hier gerne moralischer Wertungen wie gut und böse, Gott und Satan, konstruktiv und destruktiv.
Die Dualität prägt auch das kulturelle Schaffen des Menschen. So in der Philosophie: hier vollzieht sich der Prozess des Denkens in These und Antithese, beide synthetisieren sich zu neuen, vielleicht besseren Einsichten und Ideen (nach Friedrich Hegel, 1770- 1831). Die chinesische Philosophie bezeichnet die Gegensätzlichkeit als Yin und Yang, die sich zusammen aufheben in vollkommener Harmonie. Im Hinduismus heißt die oberste Gottheit Schiva, sie erschafft alles Leben und vernichtet es zugleich. Bei den alten Ägyptern wird durch die Mumifizierung Leben und Tod zur Einheit verschmolzen. Auch die Götterwelt der antiken Griechen entspricht der Dualität. So repräsentiert Dionysos die rauschhafte Lebensfreude, die vom Genuss des Weins beflügelt wird; doch gleichzeitig ist er der Gott des Chaos und des Untergangs. Apoll wiederum ist der Gegenpart zu Dionysos. Er ist die Synthese von wilder Lebenskraft und Ratio, Er steuert sich selbst durch Einsicht, Vernunft und Disziplin und gelangt so zu Erhabenheit, Schönheit und Unvergänglichkeit.
Dualistische Strukturen sind auch in der Architektur zu finden. Die Statik stabilisiert den Bau, während die Dynamik für Formgebung, Ausdruckskraft und Ästhetik zuständig ist. Die harte Kantigkeit des rechteckigen Grundrisses antiker griechischer Tempel wird durch die wellenförmigen Rundungen der Säulengänge ausgewogen. Die Säulen ihrerseits streben himmelwärts, dieser vertikalen Bewegung steht die Schwere des Kapitells entgegen. Der Tempel verliert dadurch an Bodenhaftung und schwebt gleichsam den Göttern entgegen. Die Skulpturen vermitteln durch unterschiedliche Beinstellungen (Standbein / Spielbein) den Eindruck von innerer Ruhe und Ausgewogenheit.
Abschließend sei auf zwei Nobelpreise des Jahres 2017 hingewiesen, die duale Thematiken untersuchten: der eine Wissenschaftler behandelte die Dualität des kosmischen Wandels wie hell / dunkel, Tag / Nacht, Wärme / Kälte, kurz: die innere Uhr der Biomasse; der andere beobachtete die Gravitationwellen, die ausgelöst werden, wenn zwei Sternenmassen kollidieren.
Wie kam es im Weltall zur Dualität?
Zur Beantwortung der Frage ist es angebracht, sich gedanklich in die Anfänge der Weltalls zu begeben. Damals, vor ca. 13,8 Milliarden Jahren, wurde eine Menge Energie mit einem Mal materialisiert und damit das All mit einem wuchtigen Knall (nicht unbedingt akustischer Art, sondern in Form von kosmischer Strahlung, die heute noch als solche registriert werden kann) ins Leben gerufen. Die Detonation, die den Urklall auslöste, war ohne Zweifel ein Ereignis von Energie, die unter ungeheuerem Druck stand. Wie ist der Vorgang zu belegen? Die Spektralanalyse aller kosmischer Strahlung weist eine Rotverschiebung auf, will heißen, alle Strahlung nahm in einem imaginären Punkt ihren Ausgang. Um ein Spannungsgefüge von so gewaltiger Expansion aufzubauen, bedurfte es einer Gegenkraft, die konvergierend wirkte, sonst wäre die expandierende Bewegung kraftlos im Raum verpufft. Es handelte sich also um einen Antagonismus von konvergierenden und divergierenden Kräften, was besagt, dass vor dem Urknall Dualität dieser Art vorhanden gewesen sein muß. Weiterhin ist zu bedenken: Wenn ein Nichts der Ausgang allen Seins war, dann gab es vor dem Urknall weder Raum noch Zeit. Oder umgekehrt: weil es nicht Raum und Zeit gab, konnte die Expansion nur aus dem Nichts hervorgegangen sein. Wie erwähnt, bedingten Raum und Zeit sich gegenseitig, weswegen Einstein vom Raumzeit sprach. Im Augenblick der Expansion dominierte die expandierende Kraft über die kontrahierende. Mit Sicherheit ein absolutes Zufallsereignis, wie es in der Quantenphysik (s.u.) zu beobachten ist. „Unmittelbar" vor der Explosion - niemand kennt den zeitlichen Abstand, da es noch keine Zeit gab - muss das divergierende und das kontrahierende Kräftefeld austariert gewesen sein, so dass sich die Kräfte aufhoben und gegenseitig stabilisierten. Es herrschte absolute Harmonie. Die Religion nennt den Zustand Paradies oder Gottes Heil. Denn dieser Idealzustand des Friedens war identisch mit dem, was wir von Gott aussagen. Die Kosmologie spricht von "Singularität", weil alle Gegensätze in sich eins waren. Wenn aber im Anfang ein nicht zu ergründetes Nichts war, was war dann? Woher die Dualität? Das Nichts kann also nicht nichts gewesen sein, sondern ein Etwas, das offensichtlich nur geistig zu erfassen war, als eine Idee, die ein Faktum darstellte, vergleichbar mit dem Bauplan eines Gebäudes. Erstaunlich ist, dass es im Evangelium Joh. 1,1 heißt: „Im Anfang war der Logos!" und in ihm war die Dualität gegeben als Sein und Nichtsein.
Die Trinität als christliches Gottesbild
Das christliche Gottesbild hebt sich absolut vom Gottesbild der Juden und der Mohammedaner, von Jahwe und Allah, ab. Jene sind monotheistisch ausgerichtet, während der christliche Gott dualistisch bzw. trinitarisch ist. Die Trinität ruft bei den Monotheisten Kritik und Spott hervor. Sie pflegten einen Irrglauben und betrieben somit Blasphemie, was, laut Koran, mit dem Tode bestraft gehört. Die Juden rächten Jesu Abfall vom Monotheismus, sie ermordeten ihn. Andererseits entspricht die Realitäts - Vorstellung der Trinität total den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Daraus ist zu schließen, dass Gott ein dualer Gott sein muss und kein monotheistischer, da alles Sein dual gestaltet ist. Man kann vielmehr umgekehrt den Monotheisten vorwerfen, dass sie eine altertümlich irrige Realitäts-Vorstellung haben.
Welches sind die Ursprünge der Trinität?
Die Trinität geht direkt auf Jesus zurück, so als habe Jesus die naturwissenschaftlichen Realitäts- Vorstellungen bereits Jahrhunderte vor der Aufklärung geprägt. Dabei entnahm Jesus die Begriffe für Gott den unmittelbaren Fakten der Natur, er ist Natur orientiert. Gott bezeichnet er als Vater, sich selbst als Sohn und die innige Verbindung zwischen Vater und Sohn als rationalen Akt des Geistes. Mit dem Eingehen des Sohnes in die Liebe des Vaters, (nach der Himmelfahrt, vorher nicht!) wird die Liebe Gottes zugänglich für die Welt, und der Heilige Geist kann als Übermittler der Wahrheit zwischen Gott und den Menschen fungieren. Wie interpretieren die Theologen die Dualität, das Paradox, dass Gott und das Widergöttliche eins sind? Es bleibt für sie bis heute ein Rätsel, das mit dem,,dubiosen" Begriff ,,Theodizee" abgetan wird.
Was lässt sich über das Wesen Gottes sagen?
Die besondere Wesensart Gottes besteht nach menschlicher Vorstellung
in der Totalität. Bei ihm gibt es keine Begrenzung,
kein Nicht- irgendwo- isoliert sein, weil er absolut frei ist. Er ist aber auch immer ganz bei sich selbst, weil er ganz sich liebt. Freiheit und Liebe sind Eigenschaften, die in Gott total gegeben sind.
Mit der Geburt Jesu im Stall zu Betlehem vollzieht sich die totale Trennung des Sohnes vom Vater. Gott Vater verstieß den Sohn, in die gott- ferne Welt der Materialisation des Alls, die Trennung des Seins durch die Liebe des Sohnes zu überwinden. Um dadurch dem Menschen eine Chance zu geben, durch den Glauben an den Sohn in die vollendete Göttlichkeit aufgenommen zu werden. (Die Gegenbewegung stellt die Geschichte von Luzifer dar, der Gottes „Licht“ trägt, d.h. die völlige Freiheit und alle Gewalt besitzt, aber die Liebesbindung zum Vater verweigert, um seine Macht zu wahren und souverän zu bleiben. Ohne die ordnende Liebe Gottes verfällt Satan dem Strudel der Freiheit, er stürzt in die HöIle, in den vernichtenden, qualvollen Kampf mit sich selbst.)
Wo und wie ist dieses duale bzw. trinitäre Geschehen in der naturwissenschaftlichen Erkenntnis nachvollziehbar?
Wir sind darauf schon eingegangen. (siehe Kapitel ,,Wie kam es im Weltall zur Dualität“) Im Anfang der Zeit wirkten zwei entgegengesetzte Kräfte, die divergierende und die konvergierende Kraft. Als beide im Ausgleich zueinander standen, - die Kosmologie bezeichnet es als Singularität, weil alle Kräfte in sich eins waren - gab es eine Zeit des Friedens, der absoluten Harmonie. Die Religion spricht von Paradies. Mit dem Urknall war die Harmonie zerstört. Die kosmischen Kräfte wirbelten durcheinander in einem ewigen Ringen. Es entsprach dem Höllensturz, Satan beherrschte das Sein. Der Friede Gottes ist uns durch den Glauben an den Sohn zugänglich, die Entscheidung dazu ist uns bzw. unserer Freiheit überlassen. Das ist auch die Strategie Jesu. Er wandte sich ganz von der Welt Satans ab. Er wählte die Schande, als ehrloses Geschöpf durch die Welt zu gehen, weil er als Kind der Sünde ohne anerkannten Vater geboren wurde. Und er starb geschändet und schmachvoll als Krimineller am Kreuze, der Welt zum Spott, d.h. eine totale Loslösung von der Welt und ist damit auf Gott und seiner Liebe ausgerichtet. Die Welt bedeutet ihm nichts.
Das Medium, das zu Gott führt, ist der Glaube, soweit die Äußerung Jesu (Joh. 6,47). Und er ergänzt: Der Glaube ist machtvoller als die Naturgesetze: Der Glaube vermag sogar Bäume zu versetzen ( Matt 17 ,20). Oder: das Vertrauen auf Gott kann ein Leben der Sünde von jetzt auf dann zum Heile führen. Dem reuigen Häscher, der neben Jesus am Kreuze hing, prophezeite er: (Lk 23,43),,Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Die Wirkkraft des Glaubens löscht alle Vergehen.
Der Begriff Glaube kann umgangssprachlich eine total entgegengesetzte Bedeutung haben: Glauben heißt nicht wissen, Glaube ist verwerflich, es ist eine Form der Selbsttäuschung, der Lüge, der Glaube dient Satan. Kurz: Der Begriff Glaube dient dem Göttlichen wie dem Heiligen, er ist in
seiner Bedeutung ambivalent. Darin offenbart sich das Göttliche.
III. Spuren Gottes im Quantenbereich
Konstatierung des Zustandes im Mikrobereich
Im dritten Kapitel soll die „Welt“ der Quanten untersucht werden, ob auch hier Hinweise auf Gott zu finden sind. Quanten sind kleinste Einheiten, die Bausteine der Atome wie Elektronen, Photonen, Protonen etc. Sie sind quasi Restbestände aus der Umformung von reiner Energie zu materialisierter. Die Struktur der Quanten ist - wie kann es anders sein - dualistisch. Sie treten als Teilchen (analog dem Gesetz der klassischen Elektrodynamik) oder als Welle auf (analog der Quantenmechanik). Max Planck (1858 - 1947) entdeckte das Phänomen der Quanten. Albert Einstein führte den Begriff Dualismus ein, weil sich ihm - je nach Anordnung des Experiments - die Lichtquanten als Welle oder als Partikel erwiesen. Werner Heisenberg (1901-1976) gelang es, die Beschaffenheit der Quanten zu enträtseln durch seine These von der Unschärferelation. Damit bestätigte er Planck und Einstein. Er stellte fest, wenn man die Lokalität eines Quants zu fixieren sucht (statisches Prinzip: Raum) entschwindet die Bewegung (die Zeit als dynamisches Prinzip). Ort und Eigenschaft sind nicht gleichzeitig wahrzunehmen. Das führte zur Annahme, dass Quanten nur virtuelle Größen seien und keine realen Objekte. Der Schüler von Heisenberg, Hans Peter Dürr (1929 – 2012), zieht daraus die Konsequenz: Er spricht nicht von Quanten, sondern von „Wirks“. Will sagen, es tut sich etwas, was lokal nicht auszumachen ist. Dürr passt die Sprache der Realität an. Wenn er den Wellencharakter wahrnehmen will, weist dieser immer ins Unendliche, d.h. er ist bestimmt von der Grenzenlosigkeit. grenzenlos. Quanten sind quasi Prozesse, aber keine Fakten, keine Tatsachen mit fester Raumgestalt. Dürr zieht Parallelen zu der Gott-Erfahrung in der Meditation: Die Individualseele der Meditation kontaktiert sich mit der Weltseele der Quanten.
Weiterhin tun sich gewaltige Unterschiede in der Struktur zwischen der Makrowelt und der Mikrowelt auf. Der Makrokosmos ist eingebettet in ein vernetztes abgeschlossenes Energiesystem, das jeden Vorgang weiterleitet und daher kausal erklärbar macht. Diese Vorgänge bezeichnet man als Naturgesetze. Bis jetzt gibt es keinen Beweis für die Existenz mehrerer Universen, geschweige denn einen Durchbruch zu parallelen Universen, obwohl kluge Köpfe von Astrophysikern solches für möglich halten. Anders verhält es sich in der Welt der Quanten. Die Quanten haben nur einen geringen Kontakt zu ihresgleichen (s. u. Kohärenz), sind also weitgehend isoliert und schließen sich von ihresgleichen ab. Das hat zur Folge, dass jede Veränderung im Quantenbereich absolut zufällig ist und nicht von Nachbarquanten verursacht wurde. Einen Vorgang ohne Kausalität bezeichnet man im makrokosmischen Bereich spöttelnd als Wunder. Wunder sind in der Quantenwelt die Normalität. Hier herrschen Naturgesetze.
Von den Kuriositäten der Quanten soll hier eine näher betrachtet werden, weil sie zu unserer Fragestellung einiges beitragen kann. Sie läuft unter dem Namen „Verschränkung“, den Erwin Schrödinger (1887 – 1961) geprägt hat. Es handelt sich hierbei um das Zusammentreffen und die energetische Verbindung zweier Quanten, genannt Kohärenz. Diese Verbindung löst sich wieder - man spricht dann von Dekohärenz - kommt ein drittes (einzelnes) Quant den beiden verbundenen Quanten in die Quere. Dieses geht mit einem der getrennten Quanten wiederum eine Kohärenz ein. Bei diesem Wechselspiel wird jeweils ein Impuls an die Umwelt abgegeben, der eine (atomare oder molekulare) Veränderung hervorrufen kann.
Hinzu kommt eine weitere Merkwürdigkeit: Wenn eine solche Verschränkung in absoluter Isolation verbleibt, also nicht durch ein Einzelquant getrennt wird, (in der Regel künstlich herbeigeführt durch ein Vakuum), so erweist sich die koheränte Verbindung als eine ungemein starke Bindungskraft: Man kann wohl die beiden verschränkten Quanten lokal trennen und zwar über große Entfernungen hinweg (z.B. Erde / Mond), so bleibt trotzdem die Beziehung der beiden bestehen. Der Vorgang wird gerne mit einem Liebespaar verglichen, das sich für längere Zeit lokal trennen muss. Das beeinträchtigt aber keineswegs die Liebessehnsucht der beiden, vielmehr kann es die emotionale Bindung noch stabilisieren.
Dabei kann ein weiteres Phänomen auftreten. Wird einem der beiden verschränkten, aber lokal getrennten Quanten ein Impuls versetzt, reagiert der andere analog, als hätte er zur gleichen Zeit denselben bzw. gleichen Impuls erhalten. Das heißt, es muss eine „blitzartige“ Übertragung von Information zwischen den beiden Quanten stattgefunden haben, die schneller als die Lichtgeschwindigkeit ist. Das ist laut klassischer Physik aber nicht möglich. Als Lösung des Rätsels bietet sich an, dass das kohärente Paar sich im Zustand der Raum-Zeitlosigkeit befindet.
Geben wir unserer Phantasie noch etwas freien Lauf: Da jeder Mensch letztlich über die Atome aus Quanten besteht, dürfte es (irgendwann?) möglich sein, den Menschen in einen Zustand jenseits von Raum und Zeit zu versetzen. Noch ist es reine Spekulation. Daraus kann man aber ableiten: Die Wunder der christlichen Religion wie Jungfrauengeburt, Heilwunder, Wiederbelebung von Toten, Auferstehung, Sendung des Geistes und der Gnade, Gebetserhörungen und Eucharistie könnten von hier ihre Wirkkraft beziehen. So baut die Quantenwelt Brücken zur Glaubwürdigkeit der Evangelien. Heureka!
Epilog
Der Mensch hat die Anlage, nach Gott zu fragen. Diese Naturgegebenheit hat er zu akzeptieren und das muss ihm genügen und gleichzeitig Anreiz sein, an Gott heranzutreten und mit ihm zu korrespondieren in welcher Form auch immer. So kann er dem Leben Sinn, Sicherheit, Wert und Orientierung abringen. Mehr geht nicht und mehr vermag er nicht. Diese Wahrheit ist die geistige Substanz unserer Existenz.
Franz Pawelka