*33453*
Ich bin ein Diener des Volkes. Ein Soldat. Ich beschütze Menschen, indem ich andere Menschen töte. Ich rette Leben indem ich Leben beende. Viele Jahre sind schon vergangen als ich diesen Ort das erste mal betrat. Ich hänge hier nun schon seit einer Ewigkeit fest. Zurück kann ich nicht mehr. Der Krieg scheint zwar vorbei zu sein, aber dort wo ich einst lebte ist jetzt nichts mehr. Dieser Ort ist jetzt nicht mehr meine Heimat. Ich habe kein Zuhause. Ich lebe hier. Ich lebe jetzt. Aber hier und jetzt ist kein Zuhause. Mein Zuhause ist dort wo alle auf mich warten. Doch es gibt keinen mehr, der auf mich warten kann. Sie alle sind fort. Ich bin ein Diener des Volkes. Ich diene indem ich die Menschen von hier wegbringe. Hier kann einfach kein zu Hause sein. Hier ist nichts mehr. Ich helfe Menschen hier fortzukommen. Helfe ihnen zu ihren Wartenden zu kommen. Ein neues zu Hause. Ein besseres.
33453. Das sind die Zahlen, die ich auf einem Schild an einem Koffer aus Holz am Bahnhof sehe. Postleitzahlen. Diese Zahlen werden zwar einen Ort bestimmen können. Es wird aber Niemandem mehr helfen, da es sinnlos sein würde an so einen Ort zurückzukehren. Dieses Zuhause existiert nicht mehr. Dieser Koffer wird wohl nie mehr an diesen Ort kommen. Ich schaue ihn mir genauer an. Es ist ein ärmlicher Koffer. Er ist mit Farbe verschmiert. Roter Farbe. Am Henkel hängt noch etwas anderes außer dem Schild. Eine Art Amulett. Ich sollte es nicht tun, aber ich öffne es. Ich will wissen wer auf den Besitzer dieses Koffers wartet. Doch es ist kein Foto drin. Ich wundere mich. Stattdessen wurde etwas eingeritzt. "Du bist tot". Ich fahre mit meinen Fingern die Schrift nach und überlege, warum man so etwas in ein Amulett schreiben sollte. Ein Amulett trägt man doch herum um an die Menschen erinnert zu werden, die warten. Ich trage immer steht's meinen Ring. Sehe den Stein, der genauso wunderschön funkelt wie die Augen der Person, die immer auf mich gewartet hat. Auf einmal höre ich einen Schuss. Ich sehe, dass meine Hände rot werden. Ich sehe die rote Farbe auf dem Koffer. Ich sehe die Schrift in dem Amulett deutlich vor mir: du bist tot. Ich falle voller Schmerz vor dem Koffer auf den Boden. Ich begreife, dass der Koffer nie zurück wollte. Er war hier nie zu Hause. Es war nie seine Absicht. Er wollte in die genau andere Richtung. Ich vernehme Schritte. Langsam beugt sich eine Gestalt vor mir nach vorne. Sie macht das Amulett vom Henkel ab und hebt meinen Kopf um es mir umzulegen. Ich versuche mich zu wehren. Es bringt aber nichts. Er hat mich mit nur einem Schuss außer Gefecht gesetzt. Wie viele hat er wohl schon umgebracht? Als ich dann mit meinen letzten Atemzügen in das Gesicht des Besitzers vom Koffer schaue, sehe ich keinen einzigen Hauch von Erbarmen. Er holt ein weiteres Amulett aus seinem Koffer, macht es um den Henkel und verändert die Postleitzahl vom Schild. Er haucht: Nun Nummer 33454. Dann sehe ich schwarz.