Ich höre ein lautes, klirrendes Geräusch, welches mich mitten aus meinem seligen Schlaf reißt. Vollkommen verschlafen schrecke ich hoch, stütze mich auf meine Unterarme und lasse meine Augen an die, in meinem Schlafzimmer herrschende, Dunkelheit gewöhnen. Träge schlage ich die Decke weg, um nach zu sehen, was das für ein Geräusch war, ziehe sie aber sofort wieder über meinem Körper, da die Kälte außerhalb meiner geliebten Einhorndecke kaum aus zuhalten ist. Ich halte kurz inne und überlege, wie ich das Bett verlassen kann, ohne, dass mir kalt wird. Kurzerhand rolle ich mich in meine Decke ein und stelle mich schwankend auf den pinken, flauschigen Teppich vor meinem Bett. Ich schlüpfe in meine pink, weißen Einhornhausschuhe, was gar nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, dass ich keine Hände freihabe, da ich mit denen ja die Decke festhalten muss. 'Zwar fühle ich mich wie die Wurst in einem Hotdog, aber wenigstens ist mir kuschelig warm', denke ich zufrieden und äußerst stolz auf meinen Einfall. Nicht minder schwankend schlurfe ich auf die Tür zu, die mein Schlafzimmer vom Wohnzimmer trennt. Umständlich versuche ich die Türklinke mit meinem Kinn runter zu drücken. 'Es muss ziemlich bescheuert aussehen, wie hier in meine Decke eingerollt versuche die Tür mit meinem Kinn auf zu machen.' denke ich grinsend. 'Bin ich froh, dass mich gerade keiner sieht.' In diesem Augenblick habe ich es geschafft und stoße die Tür mit meinem Fuß auf. Über die Türschwelle stolpernd, watschle ich in den anliegenden Raum und bleibe im nächsten Moment stehen. „So viel dazu“, sage ich laut und ziemlich verdutzt. Im Schein der Straßenlaterne, dessen Licht in den Raum scheint, erkenne ich eine in schwarz gekleidete Gestalt, wobei ich nicht fest machen kann, ob es nun ein Mann oder eine Frau ist. Ein paar Sekunden lang gucken wir uns ziemlich perplex an, bevor ich den Blick abwende und auf die Uhr, die über dem Fernseher hängt, schiele. Fast halb vier Morgens. In einer Stunde muss ich in die Konditorei. Im nächsten Augenblick entdecke die Glasscherben, die von dem darüber liegenden Fenster stammen. Beziehungsweise von dem nun kaputten Fenster. Mit einem Schulterzucken wende ich mich wieder der dunklen Gestalt zu. Darum würde ich mich später kümmern. „Wollen sie auch einen Tee haben?“ frage ich den Fremden gähnend, während ich mich auf den Weg in die Küche mache. „Wollen sie denn nicht wissen, warum ich in ihrer Wohnung bin?“, fragt er mich mit einer sehr tiefen Stimme, wie mein Lieblingssänger, Jonny Cash, sie hat. 'Ah ein Mann also', denke ich. „Das werden sie mir bestimmt gleich mitteilen. Wollen sie nun Tee haben oder nicht?“, rufe ich über meine Schulter. Ich beuge mich runter zum Lichtschalter und betätige ihn mit meiner Nase, woraufhin das warme Licht meiner pinken Deckenlampe aufflammt. Im nächsten Moment wird mir klar, dass ich gar nicht hätte schreien müssen, da mir der fremde Mann in die Küche gefolgt ist. Gezwungenermaßen lasse ich die Decke auf den Boden fallen, um den Wasserkocher mit Wasser zu füllen. „Ih ist das kalt“, jammere ich und ziehe sie sofort wieder hoch. Erkenne aber, dass sich der Tee ohne Hände schlecht zubereiten lässt. Widerstrebend und sofort wieder fröstelnd lasse ich die Einhorndecke wieder fallen, nehme den Wasserkocher und fülle ihn am Wasserhahn in der Spüle. „Haben sie denn überhaupt keine Angst vor mir? Ich habe eine Waffe!“, fragt er mit einem leichten Zittern in der Stimme, während er eine Pistole hervor zieht und damit vor meinem Gesicht herumfuchtelt. „Ach, wissen sie“, sage ich und gähne erneut herzhaft,“Erstens bin ich noch viel zu müde dafür und zweitens, mal unter uns...Warum sollte ich vor einer Wasserpistole Angst haben? Es ist ja nicht so, dass ich aus Zucker bin.“
Seufzend lässt er sie Schultern hängen und steckt die Wasserpistole zurück in seine Jackentasche. „Ja, ich nehme sehr gerne einen Tee.“ Ich strahle ihn an und nehme zwei pinke Kaffeetassen mit Einhornmotiv aus dem Schrank über der Spüle. Nachdem ich sie neben den Wasserkocher gestellt habe, deute ich auf zwei Stühle, die beide mit einem Pink und weiß gepunkteten Stoffmuster ausgestattet sind. Davor steht ein kleiner Tisch, der gerade so Platz für zwei Leute bietet. „Setzen sie sich. Welche Sorte Tee möchten sie denn haben? Ich habe Früchtetee, Schwarzen Tee, Sanddorntee und einen Tee namens 'Atme dich frei'. Ich vermute mal, dass es Pfefferminztee ist.“
Der Fremde folgt meiner Aufforderung und setzt sich auf einen der Stühle und überlegt kurz. „Ich nehme den Früchtetee“, antwortet er schließlich und fährt sich, erneut aufseufzend, mit den Händen durch seine dunkelblonden Haare. „Warum sind sie so nett zu mir? Ich meine...ich bin in ihre Wohnung eingebrochen...“
Ich antworte nicht gleich, sondern gieße vorab das mittlerweile kochende Wasser über die Teebeutel in die Tassen und stelle sie auf den Tisch. Erst nachdem ich mich wieder in meine Decke eingewickelt und mich auf den Stuhl gesetzt habe, ergreife ich das Wort.