Zunächst besuchten sie einen sehr renommierten Heiler der sich auf Kinder spezialisiert hatte. Narcissa nahm Harry fest an die Hand, warf etwas Flohpulver in dem Kamin und sagte deutlich: „Praxis Heiler Summer“. Die Erfahrung des Flohens gab Harry das endgültige Gefühl ein Zauberer sein zu können. Sie kamen in einem Kamin in der Praxis des Heilers an. Direkt nach ihnen landeten Lucius und Draco. Mr. Summer empfing die Malfoys persönlich und zeigte sich überaus erfreut den berühmten Harry Potter untersuchen können. Er war schon lange mit den Malfoys bekannt und wurde auch stets konsultiert, wenn Draco krank war.
Der dicke und freundliche Herr erinnerte Harry an den Weihnachtsmann, weil er einen langen weißen Bart und Pausbacken hatte. Nicht dass Harry noch an den Weihnachtsmann glaubte, der hatte ihm ohnehin nie etwas geschenkt. Mr. Summer unterhielt sich sehr nett mit Harry und sprach einige Diagnosezauber über dem Jungen. Die Magie prickelte auf Harrys Haut und hinterließ ein angenehmes Gefühl. Die gesamte Prozedur benahm er sich ausgesprochen vorbildlich und höflich. Es dauerte ziemlich lange bis der Heiler fertig war. Harrys Geduld brachte ihm einen farbwechselnden kleinen Lutscher ein. Er war wirklich brav. „Danke, Sir.“ Mr. Summer war scheinbar besser, als der Weihnachtsmann.
„Mrs. und Mr. Malfoy kann ich Sie beide kurz allein sprechen? Ihr beiden Jungs probiert am besten mal die magischen Murmeln aus. Mit ein bisschen Talent könnt Ihr sie zu einem Turm stapeln.“ Das ging tatsächlich mit einem Hauch Kindheitsmagie. Die Malfoys folgten Mr. Summer in sein angrenzendes Besprechungszimmer. Er sah sie sehr ernst an: „Es ist erschreckend,“ begann der Heiler nachdem sich gesetzt hatte. Die Diagnosen hatten etwas Bestürzendes. „Man hat den Jungen regelmäßig misshandelt. Es gibt alte nicht gut verheilte Brüche. Außerdem zeigt er deutliche Symptome von Unternährung.“ Lucius wirkte gefasst: „Das haben ihm seine Muggelverwandten angetan. Wir haben ihn von dort weggeholt, sobald das Ministerium uns die Genehmigung dazu gab. Allerdings steht zu befürchten, dass man versuchen wird, ihn wieder dorthin zubringen, als hätte der Junge nicht schon am Tod seiner leiblichen Eltern genug zu tragen.“ Bei all seiner Kompetenz war der Heiler kein großer Muggelfreund und war bekannt für seine diesbezügliche Haltung. „Was können wir für Harry tun?“, fragte Narcissa im Ton einer besorgten Mutter.
„Nun, wir müssen die alten Brüche wieder brechen und mit Skelewachs richtig zusammenwachsen lassen. Das können wir ohne negative Folgen durchführen. Die Schäden der Unternährung vor allem die psychischen werden ihn begleiten. Vermutlich wird er Essen verstecken, sprechen Sie mit ihm darüber. Aber schimpfen Sie nicht. Die Mißhandlungen und das was man ihm sonst angetan hat, können nur Geduld und Verständnis heilen. Er braucht Halt und Ziel, um seine Potentiale voll zu entfalten. Die magische Begabung ist erstaunlich, helfen Sie ihm sie vollkommen zu nutzen.“ Lucius hatte genau das vor, wenn auch mit eigenen Interessen. „Ihm die Brüche erneut zu zufügen, ist bestimmt sehr schmerzhaft.“, wandte Narcissa ein. „Ich würde starke Narkosezauber wirken. Der Skelewachs jedoch bleibt widerlich und das Knochenwachstum schmerzhaft.“, erklärte der Heiler. „Wegen seiner Muggelverwandten brauchen Sie nicht zu sorgen Mr. Malfoy. Ich werde ein entsprechendes Gutachten erstellen. Harry hat mir erzählt, wie glücklich er bei seinen neuen Eltern ist. Magische Kinder sollten ohnehin nur in magischen Familien aufwachsen.“ Die Malfoys stimmten vor allem bei letzterem zu.
Sehr sanft erklärten sie Harry, dass man in einer Woche wieder hierkommen müsste. Auch erläuterte ihm Mr. Summer ausgesprochen liebevoll, welche Prozedur er über sich ergehen lassen müsste. „Ich bin mir sicher, Du schaffst das. Du bist ein richtiger Zauberer und die halten Schmerzen klaglos aus.“, sagte Lucius. Angst vor Schmerzen hatte Harry schon – sogar mehr, als er zugegeben hätte. Aber wenn sein Vater es wollte, würde er ihn nicht enttäuschen. Außerdem war diese Behandlung notwendig und Mr. Summer ein sehr netter Mann. Nachdem man einen passenden Termin gefunden hatte – Freitagnachmittag der kommenden Woche, dann konnte Harry sich über Wochenende ausruhen und bereits am Montag wieder lernen. Der Junge hatte es selbst so vorgeschlagen, was ihm ein stolzes Lächeln seines Vaters einbrachte.
Die Winkelgasse überwältigte Harry sofort. Alle Menschen, die hier unterwegs waren, waren Zauberer und Hexe. Ein buntes Gewimmel ergoß sich entlang der Geschäfte und einen Moment fürchtete er verloren zu gehen. Draco zog ihn hinter sich her zu einem Zauberspieleladen. Sie bewunderten eine Menge Dinge und lachten miteinander. Draco war vernarrt in seinen Bruder, der ihn sehr bewunderte. Narcissa gab beiden Jungs jeweils 5 Galeonen, damit sich etwas aus suchen konnten. Noch nie hatte jemand Harry Geld gegeben, damit er sich etwas aussuchen konnte. Er war ratlos. Nachdem er sich eine Weile unentschlossen umgesehen hatte, steckte er die Goldmünzen lose in die Hosentasche. „Du brauchst einen Geldbeutel, Harry.“, meinte Draco vernünftig. „Bestimmt hat Madame Malkin so etwas.“, sagte Narcissa ruhig. „Als erstes gehen wir zu Olivander. Vermutlich wird es dort länger dauernd.“, entschied Lucuis und kaufte einige Kleinigkeiten, unter anderem ein Kartenspiel und einen Briefbeschwerer in Form der Slytherinschlange.
Mr. Olivanders Geschäft wirkte sehr unscheinbar. Der Schriftzug blätterte bereits vom Putz und im Schaufenster lag ein einsamer Zauberstab in einem verblichenen Kissen. Lucius und Harry betraten den Verkaufsraum allein. Narcissa und Draco bummelten weiter, auch ein Draco ein wenig gequengelt hatte. Er wollte zu gern dabei sein, wenn sein Bruder den ersten Zauberstab bekam. Mr. Olivander begrüßte Lucius Malfoy mit sehr gemischten Gefühlen. Er mochte diesen reichen, anspruchsvollen und vor allem gefährlichen Kunden nicht. Eigentlich war er bisher davon ausgegangen, dass Malfoy nur ein Kind hatte. Der Junge, den er dabeihatte, sah ihm überhaupt nicht ähnlich. Strahlend grüne Augen, strubbliges schwarzes Haar und eine blitzförmige Narbe auf der Stirn. Eine blitzförmige Narbe, überlegte er noch bevor ihn Malfoy kühl ansprach: „Guten Tag, Mr. Olivander. Wir sind heute hier, damit Mr. Harry Potter seinen ersten Zauberstab bekommt.“ Warum, bei Merlin, hatte Malfoy Harry Potter dabei? Irgendwie ergab es keinen Sinn. Darüber zu sinnieren blieb ihm keine Zeit, Malfoy war für seine Ungeduld bekannt und gefürchtet.
„Guten Tag Mr. Malfoy. Hallo Harry.“ Der Junge wirkte verschüchtert und behielt Malfoy die ganze Zeit fest im Auge. „Guten Tag, Sir.“ Sie probierten eine Menge Zauberstäbe aus, währenddessen wuchs in Harry stetig die Angst doch kein echter Zauberer zu sein. Schließlich akzeptierte keiner der Stäbe ihn und Mr. Olivander hatte sich sehr klar ausgedrückt: „Der Zauberstab erwählt den Zauberer.“ Was würde passieren, wenn ihn kein Stab aussuchte? Musste er dann wieder in den Ligusterweg zurück? Er bekam ganz feine Schweißperle auf der Stirn. Lucius erriet die Befürchtung wohl ziemlich schnell: „Den passenden Zauberstab zu finden, kann ziemlich lange dauern. Bei Draco brauchten wir fast zwei Stunden. Bei mir ging es schneller.
Dem Verkäufer wurde klar, dass je mächtiger der Stab war, umso besser schien er auf Harry zu reagieren. Also probierte er den Mächtigsten aus, den er im Sortiment hatte, „Stechpalmenholz, Phönixfeder, 11 Zoll, federnd – probiere mal diesen Stab aus.“ Die Magie reagierte sofort. Ein zartes goldenes Licht zeigte an, das sich Magier und Zauberstab gefunden hatten. Zugleich empfand Harry eine angenehme Wärme durch sich hindurch gleiten. Er war vollständig. Mr. Olivander erinnerte sich an jeden Stab, den er je verkaufte und erkannte einen Zusammenhang. In Hinblick auf Lucuis Malfoy jedoch schwieg er dazu. Er mochte diesen Zauberer wirklich nicht und vertraute ihm keineswegs. Malfoy zahlte ungewöhnlich viel für den Stab, fast 12 Galeonen und musterte Olivander dabei prüfend. Er spürte, dass der alte Mann ihm etwas verheimlicht und war sich sicher, dass es wichtig sein könnte. Er würde sich später darum kümmern. Harry war unsagbar erleichtert, nun ein richtiger Zauberer zu sein.