An diesem Abend durfte Harry nicht nach dem Abendessen mit Draco spielen gehen. „Harry, wir Erwachsenen müssen etwas mit Dir besprechen.“, sagte Lucius. Der Junge fühlte sich mit einem Mal unwohl. Narcissa, Lucius und Severus wirkten sehr ernst. Was hatte er wohl falsch gemacht? In den letzten Tagen hatte er doch nichts angestellt. Nagut, 2 oder 3 Mal hatte er Dobby immer noch mit Sir angeredet, würde man ihn deshalb bestrafen oder weil er seine Schokolade mit dem Kleinen geteilt hatte. Narcissa hatte sie den Jungs als Belohnung geschenkt, weil sie alle Jahreszahlen der Zauberkriege beherrschten. Der Hauself schien eigenartiger Weise immer hungrig zu sein. Hunger haben war ein entsetzliches Gefühl, wie er selbst wusste. Harry verstand nicht, warum Dobby immer hungrig war. An Narcissa und Lucius konnte es nicht liegen. Sie kümmerten sich um alle sehr liebevoll. Vielleicht nahmen die anderen Hauselfen ihm ja das Essen weg. Dudley hatte so etwas auch getan.
Die Erwachsenen führten ihn in einen kleinen Salon mit Kamin. Auch nach fast zwei Wochen auf Malfoy Manor kannte Harry längst nicht alle Räume. Der Salon strahlte jene elegante Leichtigkeit aus, die auch die Kinderzimmer und das Speisezimmer hatten. Das Malfoy Manor auch über Kerker und Verliese verfügte, wusste Harry noch nicht. In ein paar Jahren würde es sicher anders sein, dachte Lucius. Er spürte eine gewisse Anspannung. Wenn alles funktionierte, wie geplant, würde die Bindung zwischen Harry und den Malfoys deutlich gestärkt werden. Der Junge lächelte vorsichtig. Sie setzten sich in breite champagnerfarbene Sessel, die mit zarten apricotfarbenen Ornamenten bestickt waren. Man hatte von Fenster aus, eine wunderbare Sicht auf den künstlichen See mit den verzauberten Seerosen. Narcissa las hier oft oder entwarf Skizzen, die sie in ihrem Atelier zu Bildern komponierte. Seine neue Mutter war viel klüger und charmanter, als Petunia. Sie konnte leise lachen und bewegte sich anmutig wie jene Tänzerin, die Harry mal vor Jahren im Fernsehen gesehen hatte.
Ängstliche Erwartung konnte man gut aus Harrys Blick erkennen. Snape machte sich eine gedankliche Notiz, dass der Junge lernen müsste, seine Emotionen nicht zu zeigen. „Harry, Severus hat uns informiert, dass einige unserer Feinde Dich von uns wegbringen wollen. Wir sind uns nicht sicher, ob Du zu diesen schäbigen Muggeln zurück sollst oder vielleicht zu einer Familie von Muggelfreunden, die sich für soetwas hergibt.“ Lucius machte eine Pause und ließ die Worte durch Schweigen ihre volle Macht entfalten. Dann geschah etwas, womit man zwar gerechnet hatte, aber vom dem Ausmaß war man gelinde gesagt überrascht.
Harrys Kindheitsmagie brach sich Bahn. Die Angst alles zu verlieren, was er in den letzten Tagen erfahren hatte, übernahm die Kontrolle. Er wollte sich dagegen wehren und konnte die Gefühle nicht mehr steuern. Der Salon fing Feuer, die Scheiben platzten auf und Harry saß weinend umgeben von bläulichen Eisflammen auf dem Sessel. Er war paralysiert. Der Brand konnte problemlos gelöscht werden und Severus reparierte die geplatzten Scheiben souverän. Narcissa schwenkte ihren Zauberstab. Leise erklang ein zartes magisches Wiegenlied, von dem sie sicher war, dass Lily Evans es gekannt hatte. „Harry. Hörst Du mich?“, fragte sie leise, um ihn nicht noch mehr zu erschrecken. Der Junge nickte. Nur langsam verstand er, dass er dieses Chaos angerichtet hatte. Diese Tatsache stürzte ihn noch mehr in Verzweiflung. „Es tut mir leid. Das wollte ich nicht.“. Es war kein Reden mehr nur ein Wimmern. Lucius war von diesem Wetterleuchten der Magie innerlich begeistert und Severus empfand die offensichtliche Macht interessant.
Narcissa öffnete das Fenster und frische Luft kam herein. „Ein Zauberer wehrt nun einmal gegen Bedrohungen. Was wir gerade erlebt haben, nennt man Kindheitsmagie. Eigentlich bist Du schon ein wenig zu groß dafür. Wenn man Magie noch nicht gut steuern kann oder seine Gefühle nicht im Griff hat, passiert so etwas leicht.“, nutzte Snape die Chance dem Jungen seine Ideal der Unlesbarkeit zu vermitteln. Harry verstand, dass ihm niemand böse war, obwohl er mit dem Schlimmsten rechnete.
„Kannst Du uns wieder zuhören?“, fragte Lucius weich. Diese schöne Melodie kam dem Kind vertraut vor. Sie gab ihm Ruhe und Geborgenheit. Harrys Verstand klarte langsam auf und das Rauschen der Magie in seinen Fasern schwächte sich ab. „Ja. Ich glaub´ schon.“, sagte Harry begierig darauf, seiner Scharte auszuwetzen. „Natürlich werden wir Dich nicht im Stich lassen. Du wirst einigen fremden Menschen erzählen müssen, was diese Muggel gemacht haben. Die Leute werden Dich auch fragen, ob Du freiwillig bei uns sein möchtest. Ob das hier Dein wirkliches Zuhause ist. Vielleicht erzählen Dir einige Leute auch Gemeinheiten über uns.“ Es erschien merkwürdig, dass die Malfoys Feinde haben konnten. „Wer sind denn unsere Feinde?“, fragte Harry, ohne genauer darüber nachzudenken. Severus bemerkte die sprachliche Feinheit und war von Lucius Verführungskunst beeindruckt. Lucius hatte Verführung und Zauberkunst in Padua studiert. Offensichtlich war er wirklich gut darin.
„Diese Familie von Muggelfreunden und Blutsverrätern, zu denen Du sollst, heißt Weasley. Sie haben unzählig viele Kinder, die Severus unterrichtet. Weil sie nicht viel Geld haben und damit wohl auch nicht gutumgehen, sind sie einfach neidisch.“, erzählte Lucius. Blutsverräter? Verräter waren schlimme Menschen. Aber was waren Blutsverräter? Harry wollte es lieber nicht so genau wissen. Neid kannte Harry gut. Es war keine schöne Eigenschaft. Er selbst war früher manchmal neidisch auf Dudley gewesen. Jetzt brauchte er es nicht mehr. Trotzdem gab es ein Problem: „Mir sind einige Dinge peinlich.“ Malfoy konnte sich schon denken, worum es sich handelte. „Geht Ihr beide bitte kurz raus. Ich möchte mit meinem Sohn ein paar Sätze allein wechseln.“
Widerspruchsfrei erhoben sich Narcissa und Severus und Harrys Augen leuchteten. Lucius nannte ihn seinen Sohn. „Harry, diese Dinge, über die Du nicht sprechen möchtest, sind grausame Verbrechen der Muggel. Es ist nicht Deine Verantwortung, was Dursley getan hat. Eines Tages werden wir ihn dafür hart bestrafen. Das verspreche ich Dir. Aber Du wirst wenigstens eine Szene davon berichten. Die Leute, die Dich wegbringen wollen, werden versuchen Narcissa und mich zu beleidigen. Sie wussten, dass Du in diesem Schrank unter der Treppe lebtest und vielleicht noch viel mehr. Sie wollen nicht, dass wir eine Familie bleiben. Ihnen war nur wichtig, dass Du im Ligusterweg bist.“ Harry verstand genau das, was er verstehen sollte. „Wenn Du möchtest, erzähle ich etwas davon.“ Lucius strich ihm über den Kopf und hielt ihn fest. „Vielleicht erzählst Du etwas von ganz früher. Wenn es lange her ist, macht es Dir vermutlich nicht so viel Angst. Da ist noch ein Punkt, einer dieser Leute – Albus Dumbledore, ist Schulleiter in Hogwarts. Er darf nicht wissen, dass Severus Dich mit abgeholt hat. Sonst kann Severus unter Umständen nicht Dein Hauslehrer werden.“ Harry prägte sich die Namen der Feinde seiner Familie – seiner Feinde sorgsam ein. Die Familie Weasley und dieser Albus Dumbledore.