Der elfte Geburtstag war für jeden Zauberer und jede Hexe etwas Besonderes, trotzdem hätte Draco den Tag am liebsten mit Harry allein verbracht. Er spielte noch im Pyjama mit Rudi, der aufgeregt keckerte. Sein Fell schimmerte im Licht der aufgehenden Sonne und er hüpfte in der Voliere herum. Draco nahm ihn ganz vorsichtig heraus. Das Tier blieb auf seiner Hand ruhig sitzen und fraß vergnügt die angebotene Nuss. Mit einem Finger strich Draco sanft über das kleine Köpfchen. Es war das beste Geburtstaggeschenk, das er sich vorstellen konnte. Endlich hatte er etwas bekommen, was nicht irgendeinen Zweck erfüllte. Ein Eichhörnchen war etwas was ihn nicht an die Pflichten seines Namens erinnerte und ihn nicht mit Erwartungen überschüttete. Er liebte seine Eltern, aber manchmal wünschte er sich heimlich mehr er selbst sein zu können. Er setzte Rudi zurück in den Käfig, duschte und zog sich an. Pünktlichkeit galt im Hause Malfoy viel, genauso wie Disziplin, Ordnung und Leistung.
Sie frühstückten gemeinsam und Draco bekam die Geschenke von seinen Eltern. Harry dachte daran, wie sich Dudley immer verhalten hatte. Er war nie zufrieden gewesen und hatte ständig gequengelt. Unangenehm und aufdringlich hatte Harry das empfunden. Draco hatte acht unterschiedlich große Geschenke vor sich. Das erste Päckchen enthielt zwei Karten für das erste Quidditchturnier der Caerphilly Catapults. Eigentlich mochte er zwar die Chudley Cannons lieber, aber die waren weit abgeschlagen in der Liga. Wer stand schon auf Verlierer? Der Einwand von Lucius hatte Bestand.
Draco bekam weiterhin ein Set Hausaufgabehelfer für alle Fächer der ersten Klasse. Harry stellte erstaunt fest das Arithmantik nicht dabei war. „Arithmantik gibt es erst ab der dritten Klasse,“ sagte Draco. „Mr. Eleven zieht die schwierigen Fächer vor, damit wir einen Vorsprung haben.“ Harry erkannte den Nutzen und war insgeheim froh, dass es vielleicht nicht so schlimm war, wenn er es jetzt noch nicht mochte.
Das nächste Geschenk war eine schicke, schwarze Ledertasche für Schulbücher und Pergamente mit einer echtsilbernen Schlangenapplikation. Die Tasche konnte magisch verschlossen werden, so dass sie niemand Unberechtigtes öffnen konnte. In den Verschluß war Dracos Name graviert, auf der Rückseite das Familienwappen in das Leder geprägt. Ein kleiner unscheinbarer Stein stellte sich als selbsttätiger Kesselreiniger heraus. Es gab ein paar Bücher und ein einige Süßigkeiten. Außerdem schenkte ihm Narcissa noch etwas Eichhörnchenzubehör. Draco war sehr zufrieden.
Die Jungs hatten noch viel Zeit, bis die Gäste kamen, also wollten sie raus in den Garten. Außerdem schien Narcissa schlechtgelaunt zu sein. Sie zog ihre Nasenspitze kraus, weiter ließ sie sich nicht gehen. Aber Draco kannte seine Mutter gut genug, um die Zeichen zu deuten. Draco wusste nichts über die traditionelle Zauberehe und konnte nicht einschätzen, in welcher misslichen Lage sie sich eigentlich befand. Es spielte jetzt auch keine Rolle. Sie flogen mit Dracos Besendurch den Garten und jagten später quer über die Felder bis zur Kreuzung der Muggelwelt. „Warum hast Du mir gestern eigentlich Rudi gekauft? Du hättest genauso gut etwas für Dich kaufen können.“, fragte Draco plötzlich. „Rudi ist niedlich und Du hast ihn Dir gewünscht. Ich hatte vor Dir noch nie jemanden, dem ich eine Freude machen konnte. Außerdem sind wir Brüder.“ Harry lächelte tief aus seinem Herzen. „Ich habe mir immer einen Bruder, wie Dich gewünscht. Du bist nicht wie die anderen Jungs. Laut und frech. Eigentlich sind sie mir oft etwas zu dumm, außer Blaise. Aber sie sind Reinblüter. Das ist ziemlich wichtig.“ Plötzlich fühlte sich Harry irgendwie weniger wert. Er wusste mittlerweile, dass er kein Reinblut war. Sie hatten es ihm schonend beigebracht und ihm dann seinen Namen auf dem Familienstammbaum gezeigt. Er war ein echter Malfoy, sagte Lucius dazu. „Ich bin auch kein Reinblut. Stört Dich das?“ Der Weg führte zurück nach Malfoy Manor. „Quatsch, Du bist Harry Potter und mein Bruder. Mir ist das egal, ob Du reinblütig bist oder nicht. Du spielst gut Quidditch und bist ziemlich schlau und alles.“
Sie rannten um die Wette bis zum Tor. Am Apparierpunkt traf gerade Severus ein. „Alles Gute zum Geburtstag, Draco.“, sagte er mit hochgezogenem Brauen. Beide Jungs waren von oben bis unten schmutzig. „Hallo Severus. Du bist schon da. Wir dachten, Du kommst erst um drei mit den anderen.“ Dracos Begeisterung wurde gleich wieder gedämpft: „Lucius und ich müssen noch einige Dinge klären. Ich habe erst am Nachmittagzeit für Euch.“ Harry stand ein wenig abseits und wartete bis er Severus begrüßen konnte. Er wollte ihn gerne nach Vielsaftrank fragen. Warum er mit Tieren nicht funktionierte? Mr. Eleven hatte die Frage nicht beantworten können. Allerdings hatte das Zeit.
„Hallo Harry,“ sprach ihn Severus direkt an. „Hallo Severus. Kann ich Dich nachher mal was fragen?“ Snape mochte Harrys bescheidene Höflichkeit, die sich wohltunend von seinem leiblichen Vater unterschied. „Selbstverständlich, wenn sich die Gelegenheit bietet. Um was geht es denn?“ Draco war furchtbar neugierig auf sein Geschenk, wartete jedoch auf Harrys Antwort: „Um Vielsafttrank. Warum funktioniert er für die Verwandlung in Tiere nicht?“ Severus staunte ob der Frage. Sie entsprach bei weiten nicht dem, was er von einem Erstklässler erwartet hätte. „Nach sehen wir uns Deinen Zaubertrankkasten an. Mal schauen, ob Du die Antwort selbst herausfindest.“
Innerlich jubilierte der Lehrer, der das gezierte Getue auf solchen Veranstaltungen nicht mochte. Harry bot ihm die perfekte Gelegenheit, angemessen zu entwischen. Der Junge entwickelte sich mehr und mehr zu einem Glücksgriff. Snape merkte auch den positiven Einfluss auf sein Patenkind, das ihm gerade von Rudi berichtete. Sie erreichten Malfoy Manor zügig.