Albus las Wort für Wort noch einmal die Entscheidungen des Gamot. Myers hatte wirklich ganze Arbeit geleistet, dieser widerliche Blutsauger. Der Anwalt hatte dem Gamot scheinbar die Feder geführt, so eindeutig waren die Aussagen. Er hatte keine Möglichkeit, Harry und damit den Malfoys den Tarnumhang nicht herauszugeben. Ihn einfach zu unterschlagen, war eine Untreue, die der alte Schulleiter nie begangen hätte. Dieses seltene und außergewöhnliche Stück hatte ihm James Potter einstmals anvertraut. Er stand Harry zweifellos zu, denn er gehörte zu Harrys umfangreichem Erbe. Dennoch das Artefakt Lucius Malfoy auszuhändigen, widerstrebte Albus zutiefst. Genauso wie Tatsache, dass er Lucius den Schlüssel zum Hochsicherheitsverlies der Potters geben musste. Die vom Gamot gesetzte Frist lief am 31.07. 1991, also genau an Harrys 11. Geburtstag ab.
Er hielt den Schlüssel in der Hand, der von Minute zu Minute schwerer zu werden schien. Dann aber stahl sich ein feines Lächeln von seinen Lippen. Der Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts, war niemand anderes, als Rubeus Hagrid, ein liebenswerter Halbriese von sanftem Gemüt und kindlicher Offenheit. Lucius und Narcissa Malfoy ekelten sich geradezu vor dem bärtigen und stets etwas schmuddeligen Mann, mit der Sonne im Herzen. Wenn Hagrid den Schlüssel und einen Koffer mit Gegenständen übergab, würden die Malfoys den Koffer nur im absoluten Notfall in die Hand nehmen. Es war zwar nur eine winzige Chance. Aber es war eine gute Chance, vor allem weil Harry sich so vielleicht mit Hagrid anfreunden konnte.
Minervas Erzählungen aus Malfoy Manor hatten Albus durchaus ermutigt. Der Junge hatte scheinbar ein freundliches Wesen und eine natürliche Sanftheit. Sie hatte beobachtet, wie er mit den Hauselfen umging. Er teilte mit einem von ihnen sogar seine Süßigkeiten. Ein solches Verhalten würde Hagrid auf jeden Fall für Harry einnehmen. Er nahm ein Stück Pergament mit dem offiziellen Briefkopf von Hogwarts und schrieb an den Anwalt.
„Sehr geehrter Professor Myers.
Gerne händige ich Ihrem Mandanten Harry Potter das mir treuhänderisch von James und Lily Potter überlassene Eigentum aus. Er hat die Möglichkeit es selbst in Hogwarts abzuholen. Sollte dies nicht passen, wird der Hüter der Schlüssel und Ländereien Hogwarts Rubeus Hagrid die Gegenstände inklusive des Schlüssels für das Hochsicherheitsverlies gerne überbringen. Idealerweise schlage ich den 31.07.1991 in der Londoner Filiale von Gringotts oder gerne auch in Ihrer Kanzlei vor.
Herzliche Grüße
Albus Dumbledore“
Zufrieden mit sich und dem Brief siegelte er das Schriftstück und band es an das Bein einer besonders zuverlässigen Schuleule. Dann legte er den Tarnumhang, einige Fotos von Lily und James und ein Kinderbuch, das Lily mal bei einem Besuch vergessen hatte. Er dachte an Lily und James, an alte und neue Fehler und fühlte sich auf einmal sehr müde.
Nach den Erlebnissen von Dracos Geburtstag graute Harry schon vor seinem eigenen. Bisher hatte er noch nie Geburtstag gefeiert und auch keine Geschenke bekommen. Jetzt näherte sich das Datum unaufhaltsam und wurde zu einem Thema zunächst noch sehr harmlos. Beim Abendessen saßen Narcissa und Kinder zusammen, Lucius hatte wohl einen Auswärtstermin. „Was wünscht Du Dir denn zum Geburtstag?“, fragte Draco neugierig. Harry starrte interessiert auf sein Filet und sagte nichts. Er hoffte, wenn er nur lange genug schwieg. Er irrte sich, denn Draco wiederholte seine Frage kurz darauf. „Ich weiß nicht“, sagte er kurz darauf, an seinen Teller gerichtet.
Später im Bett grübelte er eine Weile darüber nach, was er denn wünschen sollte. Er war unschlüssig. Seine Schulsachen waren fast vollständig, nur mit der Auswahl an Eulen war Lucius noch nicht zufrieden gewesen. Man hatte sich entschieden den Kauf zu vertagen. Bücher, Federn, Kessel und Kleidung lagen in seinen Schränken, sauber geordnet und zusammengelegt von Dobby. Er brauchte eigentlich nichts.