Die Ferientage vergingen wie im Fluge. Die Jungs spielten jeden Tag Quidditch, lernten viel und badeten im Meer oder im Pool. Harrys erster Urlaub festigte den Zusammenhalt der beiden Brüder und zugleich den Zusammenhalt der Malfoys als Familie. Severus fühlte sich gut erholt und trat bereits zwei Wochen vor Ende der Ferien die Rückreise an, um das neue Schuljahr im Kollegenkreis vorzubereiten. In diesen beiden letzten Wochen hatte Lucius die Jungs selbst unterrichtet. Sie hatten Logikaufgaben gelöst, was besonders Markus gut tat, und Familiengeschichte gelernt, was Harry immer etwas aufwühlte. Er wollte mehr über die Potters wissen, traute sich jedoch nicht, Lucius danach zu fragen. Schließlich sollte sein Vater nicht den Eindruck haben, Harry würde seine neue Familie nicht von Herzen lieben. Das tat er nämlich. Aber vielleicht konnte er sich in Hogwarts nach seinen Eltern erkundigen oder in aller Ruhe mal mit Severus darüber sprechen. Allerdings mochte Severus James wohl nicht so gerne, weil er meinte James hätte Lily nicht gut beschützt.
Am 28. August reisten die Malfoys zurück nach Hause. Die Aufregung der Kinder wegen des bevorstehenden Schulbeginns, machte selbst Narzissa etwas nervös. Die Hauselfen stellten das Gepäck zurecht, dabei kam Dobby der alte Koffer von Dumbledore wieder in die Hände. Das Gepäckstück passte so gar nicht zu den anderen schicken Sachen der Familie. Die Malfoys hatten ihn tatsächlich im Gepäckraum der Villa stehen lassen und seither nicht weiter beachtet. So kam das zerfranste Stück genauso zurück nach Malfoy Manor, wie es nach Italien gekommen war.
Dobby hatte Master Potter während der Ferien vermisst. Der kleine Hauself öffnete den Koffer ein wenig neugierig und entdeckte zu seiner Verwunderung den Tarnumhang. Die Mistress hatte ihn deutlich darauf hingewiesen, dass der schmuddelige Koffer samt Inhalt dem jungen Master Potter gehören würde. Dobby nahm also den Tarnumhang sowie die Fotos und anderen Dinge der Potters und legte sie achtsam in Seidenpapier geschlagen zuunterst in den breiten Schrankkoffer mit Harrys Sachen. Er schrieb dem jungen Master ein paar liebe Zeilen und legte seinen einzigen Besitz, ein vor Jahren im Müll gelandetes und ordentlich geflicktes Kochbuch hinein. Nicht dass er davon aus ging, der junge Master würde selbst kochen, aber Harry schaute gelegentlich in der Küche gerne mal vorbei. Einmal hatte der Junge sogar Kartoffeln schälen wollen, wovon ihn Dobby nur mit sehr viel Diplomatie hatte abhalten können. Harry hatte sich eines Abends noch einen Saft holen wollen und so die Küche gesucht und gefunden. Es war spät gewesen und er hatte die Elfen nicht stören wollen.
Die Jungs mussten sich um nichts kümmern. Die Kleidung, die notwendige Kosmetik, Draco benötigte etwas mehr, und die Schulsachen wurden vernünftig verstaut. Die Schrankkoffer wurden jeweils mit ihren Namen versehen. Es konnte also nichts schiefgehen. Auch Hedwig und Rudi steckten am 01. September reisefertig in ihren hübschen Käfigen. Die Jungs hatten sie mit Wasser und Futter versorgt. Manchmal sorgte sich Draco, das Hedwig Rudi als Appetithappen betrachten könnte. Aber sie machte keinerlei Anstalten in diese Richtung.
Harry fühlte eine unbestimmte Wehmut. Hier in Malfoy Manor war er erst so kurz und nun musste er schon wieder fort. Er war sehr froh, dass er bereits einige künftige Mitschüler kannte. Auf Markus und Blaise freute er sich tatsächlich. Auch wenn Markus nicht in seinem Jahrgang sein würde, hatten sie sich bereits zum Schach spielen verabredet. Sie waren in den Ferien gute Freunde geworden. Daphne Greengrass interessierte ihn nicht weiter. Aber Vincent und Gregory mochte er einfach nicht.
Beim Frühstück war er in sich gekehrt und hatte keinerlei Appetit. Narzissa bestand darauf, dass er wenigsten einen weiteren Kakao trank und steckte ihm noch eine weitere Handvoll Galeonen zu. „Wenn Du im Zug Hunger bekommst, kaufst Du Dir einfach etwas.“, sagte sie, während sie ihm liebevoll über den Kopf strich. Harry und Draco hatten natürlich Taschengeld bekommen, um sich auch während der Schulzeit kleine Wünsche erfüllen zu können oder nötigenfalls zusätzliches Material zu kaufen. Sie bekamen seit ihrem 11. Geburtstag zwanzig Galeonen im Monat, die sie nach Belieben ausgeben konnten. Harry hatte das Geld bisher immer gespart. Er brauchte wirklich nichts. Draco hatte sich aus Venedig eine Feder mitgebracht und etwas Zeichenpergament.
Direkt vor der Abreise nach Kings Cross verstaute Harry sein geliebtes Tränkekompendium in seine Schultasche, damit er unterwegs etwas zu lesen hatte. Draco packte sich „Merlins Abenteuer Band II“ und sein Schachspiel ein. Sein Vater steckte ihm ebenfalls noch ein paar Münzen zu, damit er sich nicht benachteiligt vorkam. So aufgeregt auch alle waren, so ruhig reisten sie zunächst per Kamin in die Nähe des Tropfenden Kessel und verließen dort die Zauberwelt.
Auf die Malfoys wartete bereits ein Leihwagen nebst Chauffeur. Lucius hielt Auto fahren, für bei weitem unter seiner Würde. Für Narzissa kam eine derartige Aktivität überhaupt nicht in Frage. Der Wagen brachte sie zuverlässig zum Bahnhof und gemeinsam betraten sie das Gebäude. „Der Zug fährt von Gleis 9 ¾. Es liegt hinter einer magischen Barriere. Du läufst, so schnell Du kannst, mit geschlossenen Augen durch die Mauer.“, erklärte Lucius Harry noch einmal. Der Junge blickte noch immer etwas skeptisch auf die massive Backsteinmauer. „Wir machen das zusammen.“, sagte sein Vater ermutigend. Den Anfang machten Narzissa und Draco ebenfalls gemeinsam. In diesem Moment tauchte die gesammelte Familie Weasley neben Lucius und Harry auf. Nun wollte sich der Junge keinesfalls mehr blamieren. Er schloss die Augen ganz fest, hielt den Gepäckwagen vor sich und rannte mit seinem Vater direkt auf die Mauer zu und durch sie hindurch.
Es hatte tatsächlich geklappt. Sie standen alle vier wieder vereint auf dem Gleis. Der Hogwarts Express schnaufte gemütlich und die Lokomotive flößte ordentlich Respekt ein. Auf dem Gleis war es unangenehm überfüllt und überall verabschiedeten sich die Familien voneinander. Sie trafen die Zabinis, die Goyles, die Crabbes, die Flints und die Greengrass. Die Verabschiedungen der reinblütigen Familien waren nicht weniger herzlich, als die der anderen Zauberfamilien. Lucius gab seinen Söhnen einen klaren Auftrag mit auf den Weg: „Macht uns stolz.“
Die Kinder stiegen gemeinsam ein und stellten fest, dass sie einfach zu viele für ein Abteil waren. Vincent, Gregory, Draco, Daphne, Blaise, Markus und Harry waren insgesamt zu siebt. In die Abteile passten jedoch nur sechs Kinder jedenfalls bei den Mengen an Gepäck, die sie alle mit hatten. "Ich kann zu meiner Klasse gehen. Da ist bestimmt noch ein Platz für mich.", brummelte Markus und Harry merkte, dass sein älterer Freund viel lieber bei den anderen bliebe. Ihm selbst war es ohnehin etwas zu laut. Schnell bot sich er an, einen Platz in einem anderen Wagon zu suchen. Draco war erst nicht so begeistert davon, versprach aber bald nach der Abfahrt im Zug nach, seinem Bruder zu suchen.
Frohgemut ging Harry ohne Koffer, er hatte seinen bei den anderen gelassen, durch den Zug und fand ganz hinten ein fast leeres Abteil. Dort saß Ron, den Harry ja schon kurz bei Heiler Summer gesehen hatte. „Hi. Kann ich mich zu Dir setzen oder wartest Du noch auf Freunde?“, fragte er den Weasleyjungen sehr freundlich. Selbst wenn die Weasleys keine Freunde der Malfoys waren, konnte man doch zusammen im Zug fahren. Außerdem war dieser Ron eigentlich sehr nett gewesen. „Klar setz´ Dich,“ antwortete Rotschopf grinsend. Er hatte den anderen Jungen recht sympathisch gefunden, auch wenn er ein Malfoy war. Außerdem konnte eine gemeinsame Zugfahrt auch nicht schaden.