Es konnte gar nicht schief gehen, davon war Harry absolut überzeugt. Er hatte die Verfärbung von Tieren an so ziemlich jedem Haustier seiner Freunde probiert.
Blaises Kniesel namens Lestat hatte das tiefe und satte Violett, das ihm Harry verpasst hatte, behalten, weil Blaise die Farbe super cool fand. Wer hatte schon einen violetten Kniesel?
Marcus Waldohrkauz Merlin schimmerte zwischenzeitlich in den Familienfarben der Flints. Allerdings stand ihm seine natürliche, erdbraune Farbe besser. Mit einem besonders anspruchsvollen Zauber hatte Rudi silberne Spitzen an die Ohren bekommen. Er mochte sie scheinbar.
Nachdem sich Vincent und Gregory auf Wunsch ihrer Eltern mit den Malfoybrüdern vertragen hatten, durfte Harry auch Vincents Kröte verzaubern. Sie war nur eine halbe Minute Pink.
Es konnte wirklich nichts schief gehen. Harry wollte die dämliche Ratte von Weasley Nummer 6, wie Draco Ronald getauft hatte, gelb zaubern. Er wusste genau, wie er vorgehen wollte. Eigentlich hatte er Ron am Anfang gemocht, die Familie war einfach unakzeptabel. Etwas an diesem rothaarigen Jungen machte ihn wütend. Dieser Mangel an Ehrgeiz und an Haltung, diese lässige Entspanntheit und vor allem diese gryffindorische Arroganz. Natürlich würde sich Harry nicht sinnlos prügeln, aber es dem Wiesel zeigen, war durchaus nach seinem Geschmack. Hermine fühlte sich in Gryffindor einsam und traurig. Diese Blutsverräter waren der Grund dafür, dass sie häufig traurig war. Dabei bekam das Haus öfter Punkte für Hermines gutes Wissen. Sie war so klug und richtig nett. Außerdem hatte sie immer eine Idee, wo man noch mal nachschlagen konnte, wenn etwas unklar blieb.
Selbstsicher schritt der dunkelhaarige Prinz aus Slytherin, Harry gefiel der Spottname durchaus, neben seinem blonden Pendant zum Gryffindortisch. Jetzt Samstagmittag war es nicht besonders voll in der Großen Halle. Allerdings hatten eine Gruppe Löwen, unter anderen Longbottom, und eben Weasley Nummer 6 gerade aufgegessen. „Was macht Ihr denn hier?“, fragte Ron gereizt. Die Malfoys nervten ihn schon, wenn er sie sah. Heute trugen sie ihre Edelklamotten von Madame Malkins. Wie Zwillinge hatten sie das Gleiche an - schwarze Jeans mit echt silbernen Nieten und eine hochgeknöpftes schwarzes Hemd mit gleichfalls silbernen Knöpfen. Auf der Brusttasche war jeweils ein grünes HP bzw. ein grünes DM gestickt. Die Stickerei schimmerte bei jeder Bewegung leicht. Die Jungs gelten aus irgendeinem seltsamen Grund ihre Haare. Sie taten es wirklich jeden Tag. Leider gab es samstags keine Pflicht zur Schuluniform, da fiel es auf wenn seine Sachen getragen waren. Es störte Ron schon – vor allem jetzt.
Lässig meinte Harry zu ihm: „Ich wollte mir Deine Ratte nochmal ansehen. Kannst Du sie inzwischen gelb färben?“ Ron hatte es ein paar Mal probiert, aber es funktionierte einfach nicht. Er konnte es sich nicht erklären. Auch Fred und George, die immerhin schon ihr drittes Schuljahr besuchten, wussten nicht, warum Krätze nicht die Spur von Farbe annahm.
Skeptisch sah Severus vom Lehrertisch zu seinen Schülern hinüber. Was machte Harry denn bei den Gryffindors? Dann zog Minerva seine Aufmerksamkeit auf sich: „Severus, Du erlaubst ausgesprochen viel Zusatzunterricht für Deine Erstklässler. Was meint Albus dazu?“ Im Prinzip schätzte er seine Kollegin durchaus, aber die Erziehung von Harry und Draco betrachtete er als eine Art Familienangelegenheit. Er setzte gerade zu einer knappen Retourkutsche an, da unterbrach ihn lautes Geschrei und Geklirr. Offensichtlich prügelten sich aufgerechnet Harry und Ronald Weasley umringt von ein paar Mitschülern. „Minerva, bitte entschuldige.“ Aber seine Kollegin hatte den Tumult bereits entdeckt. Gemeinsam brachten sie die Streithähne auseinander. Scharf, weil er von Harrys Verhalten enttäuscht war, fragte er ihn: „Mr. Potter, was ist das für ein Benehmen?“ Harry versank innerlich im Boden. Wieso hatte er sich zu diesem Unsinn hinreißen lassen? Mit gesenktem Kopf sagte er leise, aber mit fester Stimme: „Ich habe den Streit angefangen, Sir. Mr. Weasley wehrte sich nur. Es tut mir leid.“
Ron staunte, dass Potter die Sache ohne weiteres zugab. Richtig unschuldig war er nämlich nicht. Das Harry die Ratte auch nicht verzaubern konnte, nutzte er, um eine ziemlich blöde Sache über den Zusatzunterricht zu sagen. „Mr. Potter. Ich bin persönlich sehr enttäuscht von Ihnen. Diese Sache hat Konsequenzen kommen Sie in einer viertel Stunde in mein Büro.“ Ron erhielt direkt eine Strafarbeit bei Hagrid am selben Abend. Professor McGonagall fackelte nicht lange.
Pünktlich auf die Sekunde klopfte Harry mit immer noch gesenktem Kopf an die bekannte Tür. Er hatte panische Angst und rechnete mit dem schlimmsten. Hoffentlich würde ihn Severus nur kräftig durchprügeln. Das hatte er auf jeden Fall verdient. Wenn Severus jedoch Lucius etwas sagen würde, dann schickte der ihn bestimmt direkt weg. Harry hatte doch versprochen, ein gehorsamer Junge zu sein. Am liebsten hätte er geweint, aber Severus mochte keine Gefühlsausbrüche. „Komm´ herein, Harry.“ Sein Vorbild saß mit ernster Miene an seinem Schreibtisch. Der Junge wagte nicht den Lehrer anzusehen. „Bevor ich Lucius von Deinem Fehltritt berichte, möchte ich die ganze Geschichte hören und zwar die Wahrheit.“, verlangte Severus, ohne die Stimme zu heben.
Harrys Herz pochte laut und das Blut rauschte durch seinen Kopf. Kaum mehr hörbar sagte er: „ Die Weasleys quälen Hermine oft. Sie machen sich über sie lustig, verhexen ihre Sachen und steckten ihr Kaulquappen ins Bett.“ Eine finstere Jugenderinnerung stieg in Severus hoch. „Sie sind arrogant und faul. Da wollte ich es ihnen zeigen. Eigentlich wollte ich nur Weasleys Ratte gelb färben. Es hat nicht funktioniert. Dann hat er gesagt, ich sei so blöd und könne gar nicht richtig zaubern, nur auswendig lernen. Er meinte noch so etwas, dass mich Mum und Dad vielleicht gerne losgeworden wären, wie meine Muggelverwandten. Da konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Professor Snape, bitte bestrafen Sie mich und sagen Sie Mum und Dad nichts. Ich will nicht, dass sie enttäuscht sind. Es tut mir wirklich leid.“