Aufgeregt und mit dickgepackten Rucksäcken, das Packen hatten natürlich die Hauselfen übernommen, standen Draco und Harry vor Professor Snapes Quartier. Im Prinzip gehörten es nicht zu den Hauselfenpflichten für die Schüler zu packen, aber für ihre beiden Lieblinge aus Malfoy Manor liessen sie es sich nicht nehmen.
Die Ausflügler brachen bereits am Freitagmittag direkt nach der letzten Unterrichtsstunde auf. Außerdem hatten sie Blaise und Marcus im Schlepptau, die sie nach einigem Betteln mitnehmen durften. Ihre Noten und ihr Betragen sahen toll aus. So war es für ihre Eltern keine große Sache, die Erlaubnis Freunde mitzunehmen zu erteilen. Lediglich Hermine durfte nicht mit. „Ein Ausflug in den Wald gehört sich nicht für eine junge Dame,“ meinte Narzissa. „Die reizende Miss Granger kann uns gerne in den Ferien auf Malfoy Manor besuchen. Aber auf die Jagdhütte – nein.“
Blaise trug eine elegante schwarze Golftasche und durfte nur mit, weil er seiner Mutter versprochen hatte, am Wochenende auch das Tanztraining nicht zu vernachlässigen. Natürlich hatte er keineswegs vor, die dämlichen Figuren zu üben oder gar den Zettel mit den Übungen seines Tanzlehrers den Erwachsenen zu geben.
Marcus Vater hatte seinem Sohn den Ausflug ausdrücklich erlaubt. Noch nie hatte Marcus so gute Noten gehabt, wie in den letzten Wochen. Diesen Umstand erklärte sich Mr. Flint damit, dass der Junge einfach mal eine kräftige Tracht Prügel gebraucht hatte. Aber über dieses Detail sprach niemand außerhalb der Familie Flint. Marcus hielt seine Quidditchtasche in der Hand. In ihr hatte er alles, was man aus seiner Sicht brauchte. Er freute sich fast noch mehr, als die Malfoyjungs auf den Ausflug. „In Slytherin wirst Du wahre Freunde finden…“ Genau dieser Satz bewahrheitete sich immer mehr für ihn.
Sie klopften an Severus Tür, der ihnen wie immer in Schwarz gekleidet, öffnete. „Mr. Zabini, Ihre Mutter bat mich Sie daran zu erinnern, dieses Wochenende das Tanzen nicht zu vernachlässigen. Geben Sie mir bitte das Blatt mit den Übungen.“ Widerstrebend gab Blaise dem Zaubertränkelehrer das Pergament, der es sorgfältig einsteckte.
Dann ging es direkt los. Sie benutzten einen Portschlüssel, der sie auf eine herbstliche Lichtung in Mitten eines großen Waldes in den Highlands brachte. Lucius erwartete sie bereits mit einer Sporttasche über der Schulter. „Hallo Zusammen“, grüßte er fröhlich. Wie immer stürmten die Brüder auf ihn zu. Meine Söhne, dachte er einen Moment gerührt, ehe er sich korrigierte, mein Sohn Draco. Severus nickte ihm über den Köpfen der Kinder zu. Der Tränkemeister überlegte, ob es jemals in seiner Kindheit einen so unbeschwerten Umgang mit seinem Vater gegeben hatte. Er musste es verneinen. In diesem Moment kreischte eine uralte Panhead beim Aufsetzen auf den Waldboden.
Sirius Black stieg stolz grinsend von dem Motorrad ab, das er bereits liebevoll restauriert hatte. Er nahm erst sein Patenkind und dann Draco in den Arm. Zum Schluss begrüßte er den Rest der Gruppe. Er zauberte das Motorrad lässig klein und steckte es in die Robe. „Kommt lasst uns losgehen.“ Blaise, der kein erklärter Freund von Wanderungen war, fragte sofort: „Wie weit ist es denn von hier?“ Lächelnd antwortete Sirius: „Von hieraus sind es knapp 12 Meilen. Kommt, lasst uns starten.“
Der Wald duftete nach verrottendem Laub und feuchter Erde. Lucius dachte an jene Nacht, in der sie nicht weit von hier seinen Sohn gezeugt hatten. Sie schritten zügig aus. Die Jungs rannten manchmal vor und wieder zurück. Das heißt Harry und Marcus rannten, Blaise seufzte theatralisch. Wenn er geahnt hätte, das sie wandern würden, hätte er sich die Sache nochmal überlegt. Nach knapp einer viertel Stunde fragte er zum ersten Mal: „Ist es noch weit?“ Aufmunternd stupste ihn Sirius an. „In cirka zwei Stunden kommen wir in Dunkeld an. Dort machen wir eine Pause und essen in einem Gasthaus. Wir besichtigen eine piktische Ritualstätte und wenden uns dann gen Westen. Es sind von dort aus nur noch zwei Stunden bis zur Hütte.“
In dem Gasthaus hatten Regulus und er einmal in den Sommerferien gegessen, kurz bevor Sirius sich endgültig von seiner Familie losgesagt hatte. Er spürte einen alten Schmerz und schüttelte sich wie ein Hund. „Wuff“, sagte Severus, der die Geste gesehen hatte, lakonisch. Die Gelegenheit, die trüben Gedanken gegen eine handfeste Streiterei zu tauschen, wollte sich Sirius keineswegs entgehen lassen. Er setzte gerade zu einer Entgegnung an, als Blaise fragte: „Ist es noch weit?“
Severus beschleunigte seine Schritte und schloß zu Lucius auf, der irgendwie beunruhigt schien. „Irgendetwas beobachtet uns“, flüsterte sein Freund ihm zu. Unauffällig blickte sich der erfahrene Zauberer um und bückte sich scheinbar nach an einer seltenen Pflanze. „Jungs, kommt her. Ich zeige Euch Feentraum. Er ist sehr selten und ausgesprochen nützlich.“ Wie Severus beabsichtigt hatte, kamen Draco und Harry sofort angerannt. Marcus und Blaise sammelten sich auch bei den Erwachsenen. Um die Kinder nicht unnötig aufzuregen, wandte sich Lucius sehr leise an Sirius. „Jemand folgt uns wahrscheinlich. Ich habe am Wegrand Bewegungen bemerkt.“ Währenddessen erklärte Severus ausgiebig die Anwendungsgebiete von Feentraum und erntete die Pflanze fachmännisch.
Sirius nickte verstehend. „Mal sehen, ob ein alter Hund noch ein paar Tricks drauf hat.“ Gab er ebenso leise zurück und sagte dann laut: „Ich fliege mit dem Motorrad voraus und sehe nach ob das Farmer´s Inn heute geöffnet ist.“ „Sehr gute Idee, Sirius.“, bestätigte Lucius. Der Motorradfan holte das Fahrzeug aus der Robe, versetzte es in seine Originalgröße und hob damit ab. Blaise maulte ein wenig, weil er gerne mit geflogen wäre. Er wanderte wirklich nicht gerne. Aber Lucius tauschte nur einen Blick mit Severus und sagte dann: „Wenn Ihr es bis nach Dunkeld schafft, ohne zu Murren gibt es etwas Besonderes.“ Blaise war durchaus bestechlich und ließ sofort darauf ein.
Sie gingen ein Stück weiter und wurden von einem großen zotteligen Hund hinter einer kleinen Kuppe eingeholt. Der Hund sprang laut kläffend um die kleine Gruppe herum. Er schnuffelte angestrengt im Gebüsch und apportierte Severus zu dessen unangenehmer Überraschung mitten einem Kiefernwaldstück einen frisch abgebrochenen Birkenzweig. Dann sprang er an dem Zauberer hoch. „Mistviech“, schimpfte Severus, obwohl er Sirius sehr wohl erkannt hatte. Der Hund zerrte an Severus Robe und riss ein Stückchen ab. „Du sollst ihm wohl folgen“, meinte Lucius und versuchte ruhig zu wirken. „Wenn es denn sein muss. Aber Ihr wartet hier auf oder?“, fragte Severus rein rhetorisch. „Wir schauen einfach auf die Karte, wie weit wir schon sind. Außerdem trinken wir etwas.“, legte Lucius fest, dem die Sache immer weniger gefiel. Mit einem Schwenk seines Zauberstabes errichtete er aus einem Baumstumpf einen Tisch und genügend Stühle für alle.