Severus Snape folgte Sirius Black ins Unterholz. Sie bewegten sich so leise wie möglich, was Sirius besser gelang als seinem Begleiter. Nahe am Boden und auf weichen Pfoten konnte er sich leichter auf Unebenheiten einlassen. Er schnuffelte sorgsam den Boden ab und wendete sich in westliche Richtung. Nach wenigen Fuß erreichten sie einen Platz mit niedergetrampeltem Gras. Auf sein Zeichen hin blieb Severus stehen, obwohl der Tränkemeister sich die Spuren selbst näher ansehen wollte. Mit seinen feinen Hundeohren hatte Sirius ein klagendes Geräusch wahrgenommen, lange bevor Severus es hören konnte. Severus zog seinen Zauberstab, denn er verstand die gesteigerte Aufmerksamkeit des Animagus. Vorsichtig bewegte sich Sirius in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Er nahm eine Witterung auf, in der sich der Geruch vom frischen Blut mit Trollkot, Pferden und Honig vermischte. Er lief weiter in diese Richtung, während Severus, dessen Robe sich in einem Brombeergebüsch verfangen hatte, lautlos fluchte. Schließlich fanden sie die Quelle des Jammerns. Ein Zentaurenfohlen lag verletzt in einer Kuhle, aus der es allein nicht heraus kam. Es weinte furchtbar. Von der Herde fehlte jede Spur.
Sirius sprang beherzt in die Kuhle und leckte dem Kleinen besänftigend über das Gesicht. Das Zentaurenmädchen musste noch sehr jung sein. „Guten Tag.“, sagte Severus. Er ging in die Hocke. „Wer bist Du und was ist hier passiert?“ Sie antwortete nicht, denn sie hatte von ihren Eltern gelernt, dass Zentauren nicht mit Menschen reden sollten. Ihre Herde war fort. Ihr rechter Hinterlauf blutete. Den Hund aber, der sie so freundlich ableckte, mochte sie sofort. Severus war lange genug Lehrer, um das Dilemma zu erfassen.
„Mein Hund heißt Sirius, wie der Stern. Ich bin Severus Snape. Wer bist Du?“ Sirius verbiss sich das Knurren. Obwohl Severus behauptet hatte, er sei sein Hund, hielt er es für besser, liebevoll zu agieren. Sanft berührte er das verletzte Bein mit seiner Zunge. „Ich bin Kassiopeia. Meine Herde lagert in der Nähe. Es roch nach Honig, da bin ich hierher gelaufen. Ich wollte nur ein bißchen Naschen. Da waren ein Mann mit einem häßlichen Tuch auf dem Kopf und ein Troll. Der Troll hat den Honig abgeleckt, aber der Mann hat ihn weggezogen und geschlagen. Der Mann wurde böse, als er mich sah. Er hat mich verflucht und ist dann mit dem Troll weggelaufen. Es tut schrecklich weh.“
Ein Mann mit einem Tuch auf dem Kopf? Ein deutlicher Verdacht stieg in Severus auf. Aber was wollte Quirrel mit einem Troll? „Pass gut auf, Kassiopeia. Ich spreche ein paar Zauber, damit Deine Verletzungen heilen. Mein Hund holt in der Zwischenzeit jemanden von Deiner Herde. Einverstanden?“ Die Kleine wirkte unsicher. „Lieber nicht zu meiner Herde gehen. Die anderen werden sehr böse, wenn ich mal wieder in Schwierigkeiten stecke. Sie sagen, ich bringe uns alle ständig in Gefahr. Unser Häuptling hat gesagt, wenn ich nochmal solchen Unsinn mache, muss ich allein zurechtkommen. “
Die beiden Zauberer wussten, wie hart Zentauren auch mit Ihresgleichen verfahren konnten. Also willigte Severus ein, das Mädchen nur so gut zu heilen, wie es eben ging. Dann könne sie allein zurück zu den Ihren. Severus begann mit den Heilungszaubern, während Sirius in Hundegestalt nun das gesamte Gebiet untersuchte. Er wollte Anhaltspunkte auf den beschriebenen Zauberer finden. Wozu brauchte ein Zauberer denn einen Troll? Trolle galten als dumm und gewalttätig, außerdem konnte man sie schwer bändigen.
Die Sache nahm verdächtige Formen an. Bei seiner Untersuchung fand er die Spuren der Beiden in Richtung Süden. Diese Tatsache beruhigte ihn. Lucius Jagdhütte lag deutlich westlich von hier, dabei übersah er, dass Hogwarts südlich des Waldes lag. Beidrehen könnten die beiden Verdächtigen nicht mehr, weil sich dort ein sehr breiter Fluß entlang schlängelte. Sie müssten jetzt bereits westlich unterwegs sein, um die Furt oder die Brücke zu nutzen. Inzwischen hatte Severus die Heilung des Fohlens abgeschlossen.
Sirius lief noch einmal zu ihr hinüber und stupste sie liebevoll an. Der Tränkemeister schenkte ihr ein kleines Schokobonbon. „Pass gut auf Dich auf, Kassiopeia.“, mahnte er. Sie lächelte ihn dankbar an. „Meine Herde hat Eure Herde gesehen. Sie sagen unter sich, Ihr führt einen künftigen Herrscher mit Euch, dessen ultimatives Opfer und seine Rückkehr davon die Macht, den Ruhm und den Reichtum seiner Familie für ein Zeitalter sichern werden. Er führt Gnade und Unbarmherzigkeit gleichermaßen in seinem Schild. Er wird den Tod und den Frieden über die magische Welt bringen. Behütet ihn gut, bis der richtige Tag seines Todes kommt.“ Dann sprang Kassiopeia ebenso überraschend wie blitzschnell davon und ließ die verwirrten Zauberer stehen.
Nachdem sie verschwunden war, nahm Sirius seine menschliche Gestalt an. „Hast Du sie verstanden, Severus?“ Unwillkürlich redete er durch seine Irritation vollkommen selbstverständlich Severus mit seinem Vornamen an. Der so Gefragte zuckte die Schultern: „Wer versteht schon Zentaurenprophezeiungen? Das Ministerium hat drei Abteilungen damit beschäftigt, sie zu verstehen. Aber selbst die verstehen nichts oder zumindest nicht viel.“