Sie erreichten Lucius und die Kinder ohne weitere Zwischenfälle. Erleichtert sahen sich die Erwachsenen nur kurz an. „Ist das Gasthaus nun geöffnet?“, wollte Blaise wissen. „Nun, wo jetzt alle wieder da sind, brauchen wir vielleicht gar kein Gasthaus.“, meinte Lucius. Dann stellte er große Kanne weißer Schokolade und eine weitere mit Kaffee auf den Tisch. Eigentlich hatte er die erste ausgiebige Rast erst viel später geplant. Aber nun kam ihm die Verpflegung, die die Hauselfen liebevoll zubereitet hatten, gerade recht.
Man trank Schokolade und Kaffee, ratschte erstaunlich friedfertig und machte sich dann auf den Weg nach Dunkled. Außer Blaise genossen alle den Herbstwald und die Atmosphäre. „Sind wir bald da?“, fragte er immer wieder mal. Endlich gab es die zufriedenstellende Antwort: „Dunkled liegt hinter der nächste Kurve.“ Der kleine Ort in den Highlands empfing sie mit strahlendem Sonnenschein.
Vor allem Draco und Harry nutzten die seltene Gelegenheit sich auszutoben. Marcus schämte sich ein bißchen, weil er wegen der tollen Eltern auf die Malfoys etwas eifersüchtig war. Aber dann erinnerte er sich an Harrys sehr kurze Erzählung aus Little Whinging und gönnte es ihm von Herzen. Als Magiebegabte spürten sie alle die Energie, die das piktische Gemäuer umgab. Severus begann etwas über die Geschichte des Ortes zu referieren. Automatisch nahmen die Jungs ihre Notizbücher heraus und begannen mitzuschreiben.
Neben ihnen langweilte sich eine Muggelschulklasse. Der Klassenlehrer versuchte vergebens, die Klasse zum Zuhören zu bewegen. Die Kinder knufften, schwatzten und stritten sich. Neidisch sah er zu, wie Severus und Lucius ihren aufmerksamen Kindern so ziemlich denselben Vortrag hielten wie er selbst. Durch eine Illusion erschienen ihre Schreibfedern den Muggeln wie Kugelschreiber. Die Muggelschüler machten sich über die jungen Zauberer lustig, die das weitgehend ignorierten. Stattdessen beantwortete Blaise gerade eine Frage von Professor Snape, der das Ganze mit „Sehr gut und absolut richtig.“ bewertete.
Der Muggellehrer sprach Professor Snape schließlich an: „Sind das Ihre Schüler, Mr.?“ „Ja, allerdings. Ich unterrichte alle vier in verschiedenen Fächern. Im Moment machen wir jedoch eine Exkursion. Die jungen Leute da drüben sind Ihre Schüler?“ Man hörte Severus Missbilligung deutlich. Er verabscheute Disziplinlosigkeit von Schülern genauso sehr wie Lehrkräfte, die sich nicht durchsetzen konnten. Lucius zeigte seinen Widerwillen gegen den Muggel nicht. „Mein Name ist Jason Silver.“, stellte sich dieser vor. „Professor Severus Snape.“, sagte Severus mit einer klaren Betonung auf dem Titel. Der fremde Lehrer merkte dann doch, dass er im Moment wohl nicht erwünscht war. „Sie sind mit Ihren Kindern auch in der Jugendherberge untergebracht?“, fragte er abschließend. Er hoffte abends auf ein Bier unter Erwachsenen. „Nein, wir übernachten in meiner Jagdhütte außerhalb.“ Lucius erwähnte absichtlich nichts Genaueres, weil die Hütte von einer magischen Barriere umgeben war.
Kurz bevor die Zauberer sich wieder auf den Weg machten, entdeckte Harry unter den Schülern seinen Cousin Dudley. Sein Körper versteifte sich unwillkürlich. Sein Gesicht verlor die Farbe. „Alles klar, Harry?“, stupste ihn Sirius an. „Mein Cousin steht da drüben…“, hauchte der Junge entsetzt. Liebevoll legte Sirius seinen Arm um ihn. „Hattest Du Trouble mit ihm?“ Harry nickte. Sirius Arm um seine Schultern gab ihm Sicherheit.
Seinem Paten wurde bewusst, wie klein Harry eigentlich war. Draco hatte in den Ferien einen kräftigen Wachstumsschub gemacht, sodass er jetzt deutlich größer war. Blaise hatte die langen Beine und den ebenmäßigen Wuchs seiner Mutter geerbt. Vermutlich würde Harry als Folge der Mangelernährung stets kleiner sein als andere Kinder. Sirius spürte unbändige Wut, während er den massigen Dudley Dursley unauffällig betrachtete. Dudders, wie er von seiner Mutter genannt wurde, erkannte seinen Cousin nicht. Das lag zum einen daran, dass er nicht genau hin sah, zum anderen hatte sich Harry sehr verändert.
Seine früher oft etwas strubbligen Haare fielen ihm schwarz glänzend bis zu den Schultern. Er gelte sie, genau wie Draco, jeden Morgen. Jetzt trug er zudem eine moderne Brille, die ihn gut kleidete. Seine blauen topmodischen Jeans sahen so teuer aus, wie sie gewesen waren. Darüber hatte er sich einen schwarzen Pullover mit Slytherinemblem über ein weißes Hemd gezogen. Ein schlichtes, aber sehr robustes Paar Wyvernlederstiefel komplettierte seinen Auftritt. Seine Lederjacke mit samt Slytherinschal hatte er in seinen Rucksack gelegt, weil es so warm war. Zufrieden stellte Sirius fest, dass Dudley nicht halb so gut gekleidet war. Als Mr. Silver den recht korpulenten Jungen lautstark ermahnte, nicht schon wieder so viel zu naschen, grinsten sich Harry und Sirius zufrieden an.
Trotzdem war Harry glücklich, als sie Dunkled endlich hinter sich ließen. In den folgenden 2 Stunden schafften sie die Strecke bis zur Jagdhütte, ohne das Blaise auch nur einmal gefragt hätte, ob sie bald da wären. Er hatte gehört, dass die Muggelschüler sich bei ihrem glücklosen Lehrer über die weite Wanderung beschwert hatten. Die einbrechende Dunkelheit störte sie nicht, weil Lucius magische Fackeln dabei hatte. Sie leuchteten mystisch auf den Weg, waren dabei aber absolut ungefährlich.
Sie entdeckten unterwegs eine Vielzahl unterschiedlicher Tiere vom Eichhörnchen bis zum Fuchs. Müde, aber sehr stolz und glücklich stürmten die Jungs den beeindruckenden Bungalow, der die Hütte im Wald darstellte. Lucius betrat das Haus zuletzt. Er wirkte noch einige zusätzliche Schutzzauber, denn noch immer wusste er nicht, wen oder was Sirius und Severus entdeckt hatten.