Sie saßen gemeinsam beim Kartenspielen, als Sirius mit einem kräftigen Verwandlungszauber aus einer Holzschüssel mit Dekorsteinen eine Art Tischgrill aus Granit erschuf. Er ließ Scone, den abgestellten Hauselfen, ein paar Buchenholzspäne bringen und entzündete das Feuer. Severus beäugte ihn misstrauisch, schwieg jedoch um des lieben Friedens willen. Immerhin genossen die Kinder die fröhlichen Albernheiten und erholten sich prächtig. Jetzt holte Sirius sehr langstielige Grillgabeln und die Marshmallows hervor. Er badete einen Moment in Harrys strahlendem Blick. Dabei ignorierte er die Eifersucht, die in Severus Augen aufglomm. „Danke, dass Du an die Marshmallows gedacht hast. Echt super.“ Harrys Freude darüber, Draco und seinen anderen Freunden mal eine tolle Sache zeigen zu können, wischte Lucius Skepsis wegen der Muggelherkunft der Bonbons beiseite.
Natürlich bekamen die Jungs immer mal wieder Süßigkeiten, aber alle Eltern der anwesenden Jungs achteten auf gesunde Ernährung. Mrs. Zabini legte ausgesprochen viel Wert auf Blaise Aussehen, dabei durfte er natürlich kein Übergewicht bekommen. Bei den Flints verboten sich zu viele Naschereien wegen der notwendigen Fitness beim Quidditch. Und die Malfoys hielten Selbstdisziplin für eine wesentliche Erfolgseigenschaft.
Nicht nur deshalb begeisterte sich Draco sofort für die karamellige, süße und fluffige Masse. Zum Abendessen hatte er nur etwas Baguette und diesen ziemlich herben Eichenblattsalat mit Maronen gegessen. Den Kanincheneintopf brachte er einfach nicht runter. Das sterbende Zucken der gequälten Kreatur ging ihm bis heute nicht aus dem Kopf. Er hoffte inständig, dass sie morgen angeln würden. Fische zu töten, machte ihm nichts aus. Der zuckrige Geschmack der Marshmallows brachte ihn auf andere Gedanken. „Wie heißen diese Dinger nochmal, Harry?“ fragte er, interessiert nach einem rosafarbenen Boller schauend. „Marshmallows. Magst Du sie?“ Die Frage war überflüssig, denn Draco hatte schon den dritten verspeist.
Severus kannte die klebrigen Dinger noch aus seiner Kinderzeit. Er mochte sie schon damals nicht. Statt zu naschen zog er sich mit Lucius auf die Veranda zurück. Die Aufsicht über die Kinder konnten sie Sirius getrost überlassen. Sie entzündeten einen Feuerkorb auf der Terrasse und setzten sich in warme Decken gehüllt auf zwei Liegestühle. „Wie hat Myers es gemacht? Doch sicher nicht mit freundlichen Worten?“, fragte Severus mit Blick auf den Verkauf des Motorradgeschäftes. „Wie macht Myers es wohl?“, fragte Lucius rhetorisch, ehe er einen starken Schutzzauber wirkte, damit niemand Unbefugtes sie hören konnte. „Vermutlich hat er diesen Muggel auf sein Anwesen in den Karpaten verschleppt und zunächst ein bisschen gefoltert. Dann hat er ihn wahrscheinlich mit der Aussicht auf Freilassung geködert, damit er den Vertrag unterschreibt. Da Myers selbst Notar ist, entfaltet der Vertrag volle Rechtskraft.“ Severus hatte sich so etwas bereits gedacht, trotzdem forschte er weiter nach. „Was geschieht jetzt mit ihm?“ Ein wenig gelangweilt meinte Lucius: „Der Muggel kommt auf den Halloweenball der Zabinis. Dort spielen sie ein bisschen mit ihm und ein paar anderen Gefangenen, saugen ihnen das Blut aus und verbrennen dann die Leichname. Wenn er Glück im Unglück hat, darf er Cecely vorher noch zu Willen sein. Sie besorgt immer mal ein hübsches Mädchen für Myers.“ „Cecely ist Vampirin? Ich hatte mir so etwas schon gedacht. Ihre Jugendlichkeit dauert schon sehr lange an. Wie überlebt ihr aktueller Gatte das? Davide Zabini ist definitiv ein Mensch.“ Severus Neugier war geweckt. Natürlich verstand er, wieso die Leichname verbrannt wurden. Man wollte nicht beliebig viele weitere Vampire erschaffen. Daher entledigte man sich ihrer, bevor sie wieder erwachten..
„Davide besorgt ihr regelmäßig menschliche Beute. Außerdem hat er sie mit einem sehr machtvollen Zauber gezähmt. Seit Jahren beschäftigt er sich professionell mit Unterwerfung magischer Geschöpfe. Er sagte einmal, dass er in ein paar Jahre selbst Vampir werden wolle. Sie haben Blaise nur durch komplexe Magie zeugen können. Er soll mit Mitte/ Ende zwanzig den Kuß der Ewigkeit bekommen. Black weiß nichts von alledem. Es geht ihn nichts an. “ Man hätte annehmen können, sie unterhielten sich über das Wetter – so beiläufig erzählte Lucius davon. Severus gruselte sich nicht bei dem Thema oder bei den Ansichten. Gemeinsam mit Lucius hatte er mehr als einen Mord begangen und nur einen später bereut.
Sie wechselten das Thema. „Was genau hat die Zentaurin gesagt?“Lucius legte magisch Holz im Feuerkorb nach. Der Tränkemeister hatte sich jedes Wort genau eingeprägt: „Ihr führt einen künftigen Herrscher mit Euch, dessen ultimatives Opfer und seine Rückkehr davon die Macht, den Ruhm und den Reichtum seiner Familie für ein Zeitalter sichern werden. Er führt Gnade und Unbarmherzigkeit gleichermaßen in seinem Schild. Er wird den Tod und den Frieden über die magische Welt bringen. Behütet ihn gut, bis der richtige Tag seines Todes kommt.“ Nachdenklich trank Lucius einen Schluck Elfenwein. „Ein künftiger Herrscher kann nur einer meiner Jungs sein. Ultimatives Opfer ist der Tod, denke ich. Allerdings ist Rückkehr von den Toten komplex.“
Severus sagte lieber nicht, dass es auch der junge Zabini sein konnte. Nach der vorherigen Unterhaltung klang diese Möglichkeit nicht mal völlig unwahrscheinlich. Dennoch erriet sein Freund den Gedanken, der ihn auch aussprach: „Vampire kennen nach ihrer Umwandlung keine Gnade mehr, sondern nur noch Leidenschaft und Gier.“
Harry und Draco lagen in ihren Betten. Sie redeten völlig ungestört miteinander, ein seltener Umstand, den sie in Hogwarts oftmals vermissten. Die Intimität fühlte sich gut an. Draco erzählte von der Kaninchensache, die ihm noch immer zu schaffen machte. Außerdem hielt er sich daher für schwächlich. Einfühlsam sagte Harry: „Es tut mir, dass es so schlimm für Dich ist. Wenn wir morgen wirklich jagen, erledige ich es für Dich. Du musst Dich deswegen nicht schlecht fühlen. Dad hat bestimmt nichts dagegen. Hauptsache, die Aufgabe wird erfüllt und gut erfüllt. Wer von uns beiden sie abschließt, ist letztlich egal.“
Dann berichtete Harry von dem Gespräch der Erwachsenen und seinem Verdacht wegen Quirrel. „Aber mal ehrlich, was soll Quirrel denn mit einem Troll?“ Draco blieb skeptisch. „Er will den Stein der Weisen. Der Stein muss in Hogwarts sein. Immerhin hat Dumbledore ihn entwickelt und wird ihn bei sich haben wollen. Weshalb er dazu einen Troll braucht, weiß ich auch nicht. “ Der Stein der Weisen. Draco war sofort Feuer und Flamme. „Wir sollten ihn suchen.“ Schläfrig fragte Harry: „Wieso sollten wir Quirrel suchen? Den haben wir Montag schon wieder in VgddK.“ Weil dunkel war, konnte Harry nicht sehen, wie sein Bruder mit den Augen rollte. „Doch nicht Quirrel, den Stein der Weisen.“ Kurz vor dem Einschlafen murmelte Harry: „Okay, machen wir.“