„Noch eine Anfrage, hm?“
Rósa warf den geöffneten Brief achtlos auf den Tisch aus dunklem, polierten Holz, bedeutete ihrer Assistentin mit einer knappen Geste, näherzutreten.
„Eméa, kümmere dich darum – ich habe momentan wahrlich wichtigere Dinge, um die ich mich zu kümmern habe.“
Die kleine Frau mit der runden Brille, die ihre dunklen Augen viel zu groß erschienen ließ, und dem krausen braunen Haar machte ein wenig begeistertes Gesicht, hob den Brief dann aber auf und steckte ihn in den sorglos aufgerissenen Umschlag zurück. Seit gut zwei Jahren schon arbeitete sie für Rósa, unterstützte sie sowohl in geschäftlichen Angelegenheiten, als auch im Haushalt, wann immer etwas anfiel, das das Hausmädchen nicht schon erledigt hatte.
„Fräulein Lárhème, Sie haben aktuell fünf Einladungen, auf die Sie wirklich in sehr naher Zukunft reagieren sollten – was ich damit sagen möchte, ist -...“
„Hast du mir nicht zugehört?“, fiel Rósa ihr unwirsch ins Wort. „Kümmere du dich darum. Ich für meinen Teil habe später noch einen Termin, auf den ich mich dringend vorbereiten sollte. Außerdem möchte diese Leute etwas von mir , was bedeutet, dass sie sich auch nach mir zu richten haben! Oder siehst du das etwa anders, Eméa?“
Eméa seufzte, schüttelte dann aber den Kopf.
„Nein, selbstverständlich nicht… Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden?“
„Ja, geh nur.“
Mit einem Schnauben wandte Rósa ihrer Assistentin den Rücken zu, verschränkte die Arme. Es war nicht immer leicht, eine so gefragte Persönlichkeit zu sein, wie es bei ihr der Fall war! Gewiss genoss sie die Aufmerksamkeit, die ihr als begnadete Schauspielerin und Sängerin zuteil wurde, das stand außer Frage, aber an manchen Tage konnte es auch etwas zu viel werden. Schon jetzt war ihr Terminplan zum Bersten voll und kaum hatte sie eine Verpflichtung abgehandelt, kamen drei neue nach. Und dann auch noch diese Verabredung heute Abend…
Die junge Frau schloss die Türe ihres Zimmers – konnte Eméa es denn nie lernen, daran zu denken? - wechselte ihr unbequemes Kleid gegen etwas Leichteres aus und nahm an ihrem großzügigen Schminktisch Platz. Das lange, blonde, leicht gewellte Haar fiel ihr offen über die Schultern, war nach dem langen, anstrengenden Tag bei Weitem nicht mehr so ordentlich, wie es am Vormittag noch gewesen war. Was sollte Rósa damit nur machen? Hochstecken? Oder sich lieber bloß auf eine Schleife beschränken? Und das Kleid, das sie gerade trug, mochte zwar ganz nett aussehen, aber bei Weitem nicht angemessen ein Abendessen mit einem Adeligen! Aber welches sollte sie stattdessen anziehen? Eine wahrlich schwere Entscheidung…
Unzufrieden griff sie nach dem Kamm, welcher auf dem Tisch lag und machte sich daran, ihre Mähne zu bändigen. Gerne hätte sie Eméa um Vorschläge gebeten, aber ihre Assistentin hatte den Modegeschmack einer alten Frau. Ach nein, das war doch alles kein Problem – Rósa zog es ohnehin vor, möglichst viel Kontrolle zu haben. Wenn sie ehrlich war, hatte sie eigentlich keine allzu große Lust auf diese Verabredung. Ein junger Mann aus gutem Hause – offenbar ein großer Bewunderer Rósas – hatte sie für heute Abend in ein hochklassiges Restaurant eingeladen. Sie konnte sich durchaus denken, dass er sich mehr von diesem Treffen versprach, aber sie würde sich von niemandem bequatschen lassen.
Doch egal, wie es kommen mochte, es änderte nichts daran, dass es eine ungemeine Ehre war, in diesen Kreisen verkehren zu dürfen, besonders in Anbetracht dessen, da sie selbst keine Angehörige des Adelsstandes war. Rósa machte keinen Hehl daraus, dass sie auf das, was sie bisher erreicht hatte, stolz war; warum sollte sie auch? Gewiss hatte auch Glück eine nicht zu vernachlässigende Rolle in ihrem Werdegang gespielt, doch im Großen und Ganzen hatte sie hart dafür gearbeitet, dorthin zu kommen, wo sie heute war.
Schon als kleines Mädchen hatte sie unbedingt in der Kaiserstadt leben wollen. Die antiken, prunkvollen Bauten, der Lebensstil der Adeligen und Wohlhabenden, die vielen exotischen Waren, die ansonsten höchstens in den großen Hafenstädten zu kaufen waren, die Geschichten und die Pracht der kaiserlichen Familie, all dies hatte sie von jeher angezogen, eine ungemeine Faszination auf sie ausgeübt. Und nun, da sie endlich vermögend war, hatte sie sich eine Wohnung in einem der besseren Viertel der Stadt leisten können, in einem der wunderschönen, aus weißem Stein errichteten Häuser, mit hohen Decken und Wänden, großen Fenstern und einem ausladenden Balkon. Erst kürzlich hatte sie sich auch eines der schwarz lackierten, edlen Klaviere gekauft, die sie so schön fand. Zwar war sie keine sonderlich gute Pianistin - nein, sie konnte noch nicht einmal annähernd so gut spielen, wie es bei ihrer Mutter der Fall war! - doch darum ging es auch gar nicht.
Denn wer konnte von sich schon sagen, dass er mit knapp Mitte zwanzig den Großteil seiner Lebensziele erreicht hatte? Das Leben meinte es gut mit ihr, hatte sie gesegnet und das wusste Rósa auch nur zu gut.
Sie legte die Bürste beiseite, begutachtete die Auswahl an Parfümflaschen, die beim Spiegel standen. Wunderschöne, kunstvoll geformte Flakons, von denen nicht wenige aus dem Ausland importiert waren. Welchen Duft sollte sie nur nehmen? Kamelie? Jasmin? Bergamotte und Sandelholz? Oder, ganz klassisch, Rose oder Lavendel? Rósa liebte süße, blumige Düfte, verbrachte ihre freie Zeit gerne damit, die Parfümgeschäfte Siances zu erkunden und das Sortiment auszutesten. Letztlich entschied sie sich für die Kamelie, die sie erst letzte Woche neu gekauft hatte.
Rósa wollte sich gerade ihrem Schmuckkästchen widmen, als es an ihrer Tür klopfte. Sie zuckte angesichts des unerwarteten Geräusches zusammen, sodass ihr der filigrane Schlüssel zu ihrer Schatulle aus der Hand viel, seufzte.
„Was?“, blaffte sie gereizt.
„Entschuldigen Sie bitte die Störung, Fräulein Lárhème, aber Sie haben einen Gast“, antwortete ihr Eméas nervöse Stimme.
„Du weißt doch ganz genau, dass ich gerade wirklich niemanden empfangen möchte!“
„Selbstverständlich. Ich hätte Sie auch nie gestört, wenn es nicht wichtig wäre.“
Daraufhin runzelte Rósa die Stirn; wenn Eméa meinte, dass etwas wichtig war, dann traf dies in der Regel auch zu. Um wen könnte es sich bei diesem mysteriösen Gast also handeln? Erwartet hatte sie jedenfalls niemand…
„Einen Moment noch“, gab sie also knapp zurück.
In ihrem schlichten Unterkleid konnte sie jedenfalls niemanden empfangen, darin wollte sie noch nicht einmal gerne von Eméa gesehen werden. Sie griff in ihren Schrank, zog wahllos etwas heraus, in das sie rasch hineinschlüpfte, richtete ihr Haar so gut, wie es auf die Schnelle möglich war und rauschte zur Tür. Sie riss diese auf und starrte Eméa, die sie dort erwartete, fordernd an.
„Also, was ist hier los?“
Die andere Frau schüttelte lediglich den Kopf und deutete in Richtung des Empfangszimmers.
„Bitte, sehen Sie für sich selbst...“
Gereizt schob sich Rósa an Eméa vorbei, ging den Flur hinab, strebte auf jene Tür zu, die in den Raum, in dem sich besagter Gast befinden sollte. Kurz davor blieb sie stehen, richtete nochmals rasch ihr Haar und ihre Kleidung, ehe sie dann die Klinke herunterdrückte und mit soviel Anmut, wie sie aufbringen konnte, in das Zimmer schritt.
Kaum hatte sie es betreten und die Gäste erblickt, konnte sie Eméas Reaktion auch schon voll und ganz verstehen. Am Tisch saß eine Frau - Rósa schätzte sie auf Anfang bis Mitte dreißig - , die eine Uniform trug, die sie als Offizierin des Militärs kenntlich machte. Das aschbraune Haar hatte sie zu einem Kranz geflochten, keine einzige Strähne schien abzustehen. Hinter ihr, mit angemessenen Abstand, stand ein junger Mann, wahrscheinlich ein Unteroffizier. Er hatte dunkelbraunes Haar, blaue Augen und wäre – zumindest Rósas Meinung nach – recht schön anzuschauen gewesen, hätte er nicht diese vollkommen ausdruckslose Miene aufgesetzt und würde etwas mehr Ausstrahlung besitzen.
Die Offizierin stellte die Tasse, aus der sie gerade eben noch getrunken hatte, auf dem Unterteller ab und erhob sich; sie nickte ihrer Gastgeberin zur Begrüßung zu.
„Guten Nachmittag, Fräulein Lárhème. Bitte, entschuldigen Sie diesen unangekündigten Besuch – ich hoffe, meine Anwesenheit bereitet Ihnen keine allzu großen Umstände.“
„Nun, eigentlich war ich in der Tat gerade beschäftigt, doch nun, da Sie hier sind, werde ich mir wohl ein wenig Zeit für Sie nehmen können“, entgegnete Rósa unbekümmert, wobei sie die Frau verstohlen musterte; sie kannte sich zwar nicht sonderlich gut mit den Dienstgraden des kaiserlichen Militärs aus, doch den Abzeichen nach zu urteilen, schien sie doch einen höheren Rang zu bekleiden, vielleicht Hauptmann oder Major.
„Möchten Sie ein Stückchen Kuchen?“, fragte sie dann, als ihr einfiel, dass sich im Vorratsraum noch immer einige Reste vom Vortrag befinden sollte; eigentlich hatte sie sie heute Abend in Ruhe vertilgen wollen, doch es wäre wahrscheinlich unhöflich, einem Gast nichts anzubieten.
Die Offizierin nickte mit einem dankbaren Lächeln.
„Das wäre wirklich ganz hinreißend.“
Rósa wandte sich an Eméa, die im Türrahmen stand und die Unterhaltung mit unverhohlener Neugier verfolgte.
„Wärst du so gut, uns den Kuchen zu bringen und, wenn du schon dabei bist, nochmals etwas Tee aufzukochen? Du kannst dir auch gerne etwas nehmen, wenn du möchtest.“
„J-Ja, selbstverständlich!“
Eméa warf der Besucherin noch einen raschen, fragenden Blick zu, ehe sie der Anweisung nachkam im sich in Richtung Küche begab. Rósa nahm währenddessen auf dem freien Stuhl der Offizierin gegenüber Platz.
„So, mit wem habe ich hier nun das Vergnügen?“, fragte sie schließlich abschätzig; ein Name war ihr bisher schließlich noch nicht genannt worden.
„Ah, Verzeihung, ich habe es wohl versäumt, mich vorzustellen! Ich bin Liàch Dairè, Major der kaiserlichen Armee. Meine Zuständigkeit gilt in erster Linie nationalen Angelegenheiten.“
„Das klingt ja interessant, Frau Major Dairè...“
Und was könnte diese Dame nun von ihr wollen? Rósa wusste, was die Leute so redeten – das Militär spaltete sich in viele, verschiedene Zuständigkeiten auf, verfügte über eine sehr komplexe Struktur und wenn Dairè jenem Bereich angehörte, in der Rósa sie vermutete… Gerade um die Abteilung für nationale Angelegenheiten , wie Dairè sie gerade so schön genannt hatte, rankten viele Gerüchte, von denen die meisten nicht gerade beruhigend waren.
Dairè schüttete noch einen Löffel Zucker in ihren Tee, lächelte Rósa freundlich an.
„Aber ich muss sagen, dass es mir eine wahrlich Freude ist, Sie endlich kennenlernen zu dürfen, Fräulein Lárhème! Meine kleine Nichte ist eine sehr große Bewunderin von Ihnen; ich werde Ihnen das freilich nicht sagen brauchen, aber gerade für viele Mädchen sind sie inzwischen zu einer Art Ikone geworden.“
„Das höre ich gerne“, antwortete Rósa zufrieden. „Sie können Ihrer Nichte gerne Grüße von mir ausrichten.“
„Mit Vergnügen – wenn ich Glück habe, steige ich dann wieder etwas in ihrem Ansehen.“
„Ich erinnere ich, als ich noch ein kleines Mädchen war, wollte ich stets so wie Prinzessin Mina‘rhei sein – eigentlich hat sich daran noch immer nicht viel geändert. Ich meine, sie mag inzwischen auch schon in die Jahre gekommen sein, aber man merkt es ihr kaum an!“
Eméa kehrte zurück, beladen mit einem Tablett mit einer Kanne Tee und Kuchen. Sie stellte es ächzend auf dem Tisch ab, schenkte Rósa nun ebenfalls einen Tee ein und verteilte den Kuchen. Es handelte sich um Latchnàn , einem mit verschiedenen Früchten und einer schweren, süßen Buttercreme bestrichenen Rührteig – Rósas Favorit. Mehr als ein Stück konnte sie davon allerdings nicht zwingen.
„Also, Frau Major, was genau führt Sie nun eigentlich zu mir? Ich meine, vollkommen grundlos werden Sie kaum hier sein, oder sehe ich das falsch?“, fragte Rósa, nachdem sie etwa ein Viertel des Kuchens heruntergeschlungen hatte.
Dairè lächelte liebenswürdig.
„Ah, Sie kommen gleich zum Punkt, das ist schön. Sie haben natürlich vollkommen Recht – mein Besuch hat durchaus seinen Zweck. Tatsächlich geht Ihren neusten Auftrag...“
Rósa schnaubte; sie musste auf die Jungfernfahrt der Rhióna , dem bis dato größten Kreuzfahrtschiff Es‘Cerias, anspielen, bei der sie auf Einladung einer hochrangigen Adelsfamilie teilnehmen würde. Eigentlich hatte sie die Anfrage erst gestern Abend bekommen, die Zusage an diesem Morgen gegeben…
„Derartige Neuigkeiten machen offenbar sehr schnell die Runde.“
„Selbstverständlich tun sie das, getratscht wird schließlich immer. Wie dem auch sei, ich würde es natürlich niemals wagen, mich in Ihre Privatangelegenheiten einmischen oder Ihnen gar Vorschriften machen zu wollen, wie Sie Ihre Arbeit zu erledigen haben! Allerdings gibt es einige Dinge, die Sie die anstehende Fahrt wissen sollten...“
Das klang ja schon einmal recht interessant. Rósa hob die Augenbrauen.
„Oh? Na, was könnte das nur sein?“
„Von nun an wird sich für Sie einiges ändern – zumindest vorerst“, sprach Dairè weiter, ohne näher auf die Frage einzugehen. „Gewiss werden Sie bereits darüber im Bilde sein, dass die Gesellschaft, die an dieser Kreuzfahrt teilnehmt, eine äußerst illustre ist – der jüngste Sohn der Kaiserin beispielsweise. Es gibt jedoch ein kleines Problem: Wenn Dir und ich diese Informationen besitzen, dann gibt es genügend andere, die es ebenfalls tun. Und eines ist sicher, nicht ein jeder von ihnen ist uns wohlgesonnen.“
Rósa verdrehte die Augen.
„Bitte, kommen Sie endlich zum Punkt...“
„Uns geht es darum, dass auch Sie in Es‘Ceria nicht nur Freunde und Bewunderer besitzen, sondern auch Leute, die es mit Ihnen nicht gut meinen“, erklärte die Offizierin. „Ich weiß nicht, wie bewusst Sie sich dessen letztlich sind, doch Sie sind innerhalb des Kaiserreichs zu einer Art Symbol geworden, eine Ikone des glamourösen Lebensstils, der Werte und des Bildes, die Es‘Ceria nach außen hin vertreten möchte. Um es kurz zu fassen: Uns liegen Informationen vor, laut denen sich während der Jungfernfahrt der Rhióna etwas ereignen wird – wir vermuten ein Attentat – und Sie höchstwahrscheinlich als eines der Ziele auserwählt wurden.“
Rósa verschluckte sich an ihrem Tee; sie hustete, rang damit, die Tasse auf den Tisch zurückzustellen, ohne dabei den gesamten Inhalt über die Tischdecke zu schütten. Sie, als Hauptziel eines Anschlages? Das war doch absurd! Sie mochte zwar eine derzeit äußerst beliebte Künstlerin sein, doch so bedeutsam war sie dann auch wieder nicht!
„Das kann nicht Ihr Ernst sein“, brachte sie heraus, nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. „Und selbst wenn – warum sind Sie hier und nicht die Polizei? So etwas sollte doch nicht Sache des Militärs sein!“
Dairè lächelte geduldig.
„Wir gehören der ‚Abteilung für innere Angelegenheiten und nationaler Sicherheit‘ um genau zu sein – ich für meinen Teil zählte derartige Angelegenheiten also sehr wohl zu meinem Aufgabenbereich hinzu. Abgesehen davon ist dies etwas, mit der ich unsere Polizei nur eher ungern betrauen möchte. Die kaiserliche Familie ist mehr oder weniger direkt involviert, was bedeutet, dass dies eine Angelegenheit für Personal ist, das mit einer derartigen Arbeit gut vertraut ist.“
Rósa konnte die Argumente nachvollziehen, doch das bedeutete nicht, dass sie damit einverstanden war. Wahrscheinlich übertrieb Dairè, machte die Sache zu einem viel größeren Problem, als sie eigentlich war. Sie entschied sich dazu, ihre Vorbehalte für den Moment noch für sich zu behalten und stattdessen die nächsten Worte der Offizierin abzuwarten.
Diese nahm sich Zeit, schob genüsslich eine Gabel voll Kuchen in den Mund, ehe sie weitersprach.
„Selbstverständlich sind wir uns darüber bewusst, dass all diese Entwicklungen sehr unerwartet für Sie kommen, doch offen gestanden sind auch wir erst vor Kurzem in Besitz dieser Informationen gekommen. Jedenfalls haben wir uns dazu entschlossen, Ihnen ab heute für die Dauer Ihrer Reise einen unserer Mitarbeiter zur Seite zu stellen.“
„Ein Leibwächter, also? Danke, aber nein danke – ich bin durchaus dazu in der Lage, für meine Sicherheit zu sorgen“, schmetterte Rósa sogleich scharf ab.
Dairè verzog keine Miene.
„Das war kein Vorschlag , wertes Fräulein – hier geht es nicht allein um Ihr Wohlbefinden. Wir müssen Präsenz zeigen, ein Zeichen setzen und Sie haben dem nichts entgegenzusetzen.“
Ah, also ging es mal wieder in erster Linie um Politik und interne Machtspielchen. Rósa atmete tief durch, zwang sich dazu, ruhig zu bleiben und sich ihren Unmut nicht allzu sehr anmerken zu lassen.
Dieses Spiel konnte sie nicht gewinnen.
„Verstehe. Und was genau haben Sie geplant?“
Als sie dies hörte, wirkte Dairè sichtlich zufrieden. Sie machte eine knappe Geste, woraufhin der junge Mann, der sich bisher vollkommen stumm im Hintergrund gehalten hatte, ein Stückchen vortrat; er nickte Rósa respektvoll zu.
„Das ist Iàn, ein Leutnant unserer Abteilung“, erklärte die Frau. „Er wird Sie, solange wir es als notwendig erachten, im Blick behalten und für ihren Schutz sorgen.“
„Aber hoffentlich nicht in dieser Uniform“, hielt Rósa dagegen, während sie Iàn abschätzig musterte.
Wenn sie nämlich in Begleitung eines solchen Offiziers gesehen würde, werden sich die Leute zweifelsohne die Mäuler zerreißen und das konnte sie momentan wahrlich nicht brauchen.
„In genau dieser Uniform“, konterte Dairè süffisant. „Soll sich die Öffentlichkeit doch ihren Teil denken, uns kommt das genau Recht. Wir gehören nicht zum Geheimdienst und haben keinerlei Anlass dazu, uns zu verstecken.“
Missmutig starrte Rósa auf ihren beinahe aufgegessenen Kuchen, so, als wäre er die Wurzel allen Übels.
Ihre heutige Verabredung konnte sie sich wohl oder übel abschminken.