Yuu hatte seine Freunde schon seit Wochen nicht mehr gesehen und so war es eine große Freude für ihn, als Omnix ihn zu dem kleinen Haus am Stadtrand führte, welches Yuus Teammitgliedern zugeteilt wurde. Shinoa fiel Yuu um den Hals, als er das Haus betrat. "Yuu, du lässt dich auch mal blicken!", rief sie glücklich. Im nächsten Moment schien sie wieder zu Sinnen zu kommen, denn sie ließ von Yuu ab und räusperte sich kurz. "Ähem! Schön, dass dir nichts passiert ist", meinte sie. Yoichi umarmte seinen Freund nun ebenfalls. "Bin ich froh, dass du noch in einem Stück bist", meinte er, wurde dann jedoch von Shihō zur Seite gedrängt, der Yuu kräftig auf den Rücken schlug, so dass der schwarzhaarige Junge fast in die Knie ging. "Schön dich zu sehen Mann!", rief er lachend. Mitsuba war die einzige, die nichts gesagt hatte, doch man konnte ihr ansehen, dass sie sich ebenfalls freute. "Ich freue mich auch euch wiederzusehen", lachte Yuu. Omnix, der vor der Türe stehen geblieben war, drehte sich zufrieden um. Es schien so, als würde er hier nicht mehr gebraucht werden. "Waren die Blutsauger auch nett zu dir?", fragte Yoichi gerade. Shinoa schloss sich der Frage an. "Wollt ich auch gerade fragen. Ich vertraue ja noch Mika, aber der Gedanke, dass du in diesen Palast voller Vampire gebracht wurdest war mir irgendwie…unangenehm." Yuu sah sie an, während es in seinem Kopf ratterte. Bis vor kurzem hatte er auch so gedacht. "Keine Sorge", beruhigte er seine Freunde. "Alles ist in Ordnung. Mika sagte, dass wir hier sicher sein würden und er hatte recht." Alle atmeten erleichtert auf. "Du scheinst weitaus entspannter zu sein, als bei unserer Ankunft", stellte Shihō fest. "Ja stimmt, ich denke ich habe mich inzwischen schon daran gewöhnt, wieder hier zu sein. Und es ist nicht so schlimm, wie ich anfangs dachte", antwortete Yuu ihm. Alles andere verschwieg er momentan lieber. Mikas Beziehung mit Krul ging seine Freunde nichts an. Krul? Na toll, jetzt begann er auch schon, sie nur beim Vornamen zu nennen. Das durfte er nicht laut sagen, sonst würden die anderen was merken. "Wie läuft es denn so im Palast?", fragte Yoichi plötzlich und riss ihn so aus seinen Gedanken. "Ja genau, wann können wir von hier weg?", stimmte Mitsuba zu. Yuu sah sie fassungslos an. "Falls ihr es vergessen habt, die gesamte ‚Japanische Kaiserliche Dämonenarmee‘ sucht uns da oben. Wir sollten dankbar sein, wenn sie uns so lange wie möglich bleiben lassen", meinte er. "Du bleibst lieber bei Vampiren, als wieder nach oben zu gehen und unter den Menschen zu leben?", fragte Shinoa ihn ungläubig. Yuu ließ seinen Kopf sinken. "Welche Menschen denn? Die einzigen, die noch da oben sind, wollen euch töten und an Mika und mir ihre Experimente durchführen, um die Seraphs kontrollieren zu können", murmelte er niedergeschlagen. Es war noch immer hart zuzugeben, dass er sich so in den Menschen dort oben getäuscht hatte. Shinoa sah Yuu mitfühlend an. "Du hast eigentlich recht. Ich tu mir nur immer noch schwer zu akzeptieren, dass wir jetzt auf der Seite der Vampire sind", antwortete sie ihm. "Sind wir das?", fragte Yoichi überrascht und Shihō klopfte ihm grinsend auf den Kopf. "Klar doch. Ist wahrscheinlich besser so", meinte er. "Die Frage ist nur, was wir die ganze Zeit hier unten machen werden?", fragte Mitsuba. Yuu sah sie fragend an. "Wart ihr denn noch nie in der Stadt?", fragte er seine Freunde und alle vier schüttelten gleichzeitig den Kopf. "Der Vampir, der uns hier abgesetzt hat, meinte, dass wir zu unserer eigenen Sicherheit lieber nicht herumspazieren sollten", erklärte Yoichi ihm. "Es scheint so, als würde nicht jeder so einen Premiumschutz wie du kriegen Mann", meinte Shihō und zuckte mit den Schultern. "Verstehe", murmelte Yuu. "Darüber sollte ich mit Krul reden…" "Was hast du gesagt?", fragte Shinoa ihn. "Ach nichts. Wie dem auch sei, wenn ihr mit mir kommt, dann könnt ihr euch heute frei in der Stadt bewegen", lenkte er schnell vom Thema ab. "Das wäre doch mal eine gute Abwechslung", stimmte Mitsuba zu und die anderen nickten. "Gut, dann auf geht’s!", rief Yuu und führte seine Freunde aus dem Haus.
Krul saß auf ihrem Thron und sah sich gerade die Berichte ihrer Generäle durch, als es gegen das große Tor des Thronsaales klopfte. Ein Vampir kam herein und verbeugte sich vor ihr. "Majestät, der menschliche Seraph ist hier. Er wünscht Euch zu sprechen", meinte er. "Er hat einen Namen", antwortete Krul genervt. "Heute will ich darüber hinwegsehen, aber lerne ihn bis zum nächsten Mal! Schick ihn herein!", befahl sie und der Vampir nickte. Gleich darauf kam Yuu in den Thronsaal und der Vampir ließ die beiden alleine. "Verzeih die Störung Krul", entschuldigte sich der Junge und verbeugte sich leicht, wobei es ihm immer noch nicht wirklich gefiel, das tun zu müssen. "Verziehen", meinte die Vampirkönigin und hob abwehrend ihre Hand. "Was brauchst du Yuu? Hast du etwa über mein Angebot nachgedacht?", fragte sie und sah ihn erwartungsvoll an. Yuu rollte mit den Augen. "Das habe ich tatsächlich, aber deswegen bin ich nicht hier", antwortete er ihr. "Nun gut, dann merke ich mir, dass du mir noch eine Antwort schuldig bist. Was führt dich dann zu mir?" "Ich habe heute erfahren, dass meine Freunde nicht in der Stadt herumgehen können, weil es für sie ‚zu gefährlich‘ sei", begann Yuu. "Ich verstehe", meinte sie und lehnte sich in ihrem Thron zurück. "Omnix hat dich zu ihnen gebracht, hab ich recht? Und das obwohl ich das übernehmen wollte." Das Mädchen seufzte. "Hoffentlich hat er jetzt keine Probleme deswegen", meinte Yuu nervös. Er wollte seinen Freund nicht in eine unangenehme Lage bringen. "Schwamm drüber. Ich sollte es inzwischen eigentlich gewöhnt sein, dass er dauernd macht, was er will. Und es ist auch nicht so, als würde es was bringen, wenn ich ihm dafür einen Vortrag halten würde", meinte sie und rollte ihre roten Augen. Yuu musste schmunzeln. "Er kann manchmal echt schwierig sein, nicht wahr?", fragte er. "Wem sagst du das? Aber zurück zum Thema. Ich soll also auch die Sicherheit deiner Freunde garantieren?" Yuu nickte. "Wenn es möglich ist." Krul lachte. "Du redest hier mit der Vampirkönigin von Japan Yuu. Ein ‚wenn es möglich ist‘ gibt es da nicht. Es ist möglich und ich werde es auch tun", meinte sie. Yuu sah sie dankbar an. "Vielen Dank Krul!" "Jaja, mach keine große Sache daraus. Ist doch klar, dass ich dem Bruder meines Freundes helfe", murmelte sie und wedelte mit ihrer Hand. Yuu verbeugte sich nochmal und ging zurück zum großen Tor. Kurz bevor er dort angekommen war drehte er sich jedoch nochmal um. "Krul?", fragte er und sie sah von ihrem Dokument auf. "Hm?" "Wir hatten noch keine Chance uns besser kennenzulernen. Vielleicht solltest du mal mit Mika und mir essen", schlug er vor und zwinkerte. Sie sah ihn verdutzt an, doch bevor sie etwas erwidern konnte war der Junge verschwunden.
Die gesamte nächste Stunde konnte sie sich nicht mehr auf die Berichte konzentrieren, immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Seit wann war Yuu ihr gegenüber so offen? Hatte er seine Meinung etwa geändert, ohne dass sie es mitbekommen hatte? "Tief in Gedanken wie ich sehe", ertönte da plötzlich eine Stimme und Krul wäre vor Schreck beinahe von ihrem Thron gefallen. Omnix kam hinter eben jenem hervor und sah sie mit einem Blick an, der verriet, dass er wohl gegrinst hätte, wenn er einen Mund gehabt hätte. Der Reinkarnitor leuchtete hell auf, als er seine menschliche Gestalt annahm. "Du hast mich ganz schön erschreckt John", meinte sie, als sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte. "Du hast Yuu zu den anderen geführt stimmt's? Und das mal wieder, obwohl ich dich darum gebeten habe, es nicht zu tun." John zuckte mit den Schultern. "Ist doch halb so wild. Er wollte sie eben wiedersehen", antwortete er ihr. "Du bist unverbesserlich. Du kannst nicht immer das tun, was dir gerade in den Sinn kommt. Ich verstehe ja, dass es dir immer schwerer fällt, unsere Gedanken nachzuvollziehen, aber ich hoffe doch sehr, dass du dich noch an die Grundregel erinnerst, dass man jemanden um Erlaubnis fragt, bevor man etwas tut", meinte Krul etwas sauer. Der Junge verbeugte sich leicht vor ihr. "Ich bitte um Verzeihung Mylady. In Zukunft werde ich das beherzigen und versuchen nachzuvollziehen, warum du etwas möchtest", versprach er. Sie schüttelte fassungslos den Kopf und blickte wieder auf ihre Berichte. "Wie dem auch sei, du bist sicher nicht deswegen hergekommen. Warum bist du also hier?", fragte sie ihn, während sie weiterlas. "Du hast mich doch gebeten, für dich nach deinem Bruder zu suchen, nicht wahr?" Das Dokument, welches sie gerade gehalten hatte, schwebte langsam zu Boden und sie sah ihn mit einem Blick an, der Bände sprach. Dann fing sie sich wieder und sprang vom Thron auf. "Was hast du entdeckt? Hast du ihn gefunden? Hast du Ashera gefunden?", sprudelte es aus ihr heraus und John wich sicherheitshalber ein paar Schritte zurück. Er sah sie mit einem unidentifizierbaren Blick an. Das Mädchen hatte keine Ahnung, was ihm gerade durch den Kopf ging. Schließlich seufzte der Reinkarnitor und nickte. "Es wird dir sicher nicht gefallen, aber ich denke es wäre schlecht, dir das Ganze noch länger vorzuenthalten. Ja Krul, ich habe ihn gefunden."