"Diese Strategie war ziemlich beeindruckend", meinte Marilyn. Omnix sah von seinem Buch auf und sein Auge leuchtete erfreut auf. "Ich danke dir Marilyn, aber wenn ich ehrlich bin, dann habe ich diese Strategie nicht selbst erfunden. Zwei Freunde haben sie mir beigebracht", antwortete er. "Oh, wer denn?", fragte das Mädchen neugierig. "Ihre Namen waren Sora und Shiro und ich traf sie in einer Welt, wo alles durch Spiele entschieden wurde", erzählte er ihr. "Keine Kriege, keine Kämpfe, nichts. Sogar Staatsgrenzen werden durch Spiele, wie Schach, Poker und so weiter entschieden. Theoretisch konnte man bei einem Münzwurf sein Leben verwetten, wenn man es denn wollte." "Aber wie ist so etwas möglich?" "Der eine wahre Gott dieser Welt hat zehn Regeln aufgestellt, die das alles ermöglicht haben. Man schwor vor jedem Spiel auf diese Regeln und musste so alle Wetten einhalten, ganz egal wie absurd sie auch sein mochten. Es ist ähnlich wie in dieser Welt, wo Deals mit Göttern absolut sind", erklärte Omnix. "Klingt so, als wärt Ihr ziemlich gut mit diesen Regel vertraut gewesen", meinte Marilyn und Omnix lachte. "Ich kannte Tet", antwortete er und sie sah ihn fragend an. "Oh, bitte verzeih mir. Tet war der eine wahre Gott dieser Welt. Ich half ihm damals dabei, die Regeln aufzustellen." "Ihr habt einem Gott geholfen?", fragte das Werbiest ungläubig. "Oh ja, aber glaub mir, Tet war wie eine ganz normale Person und kein Gott, der sich viel aus seiner Kraft machte." Marilyn kicherte. "Es scheint, dass ihr beide viel gemeinsam habt", meinte sie und Omnix nickte. "Vielleicht hast du da recht", murmelte er. "Und was wurde aus Euren beiden Freunden?" "Das letzte Mal habe ich sie gesehen, als sie sich aufmachten, um Tet herauszufordern, um seinen Platz einzunehmen", meinte er und Marilyn verschluckte sich beinahe an ihrem Tee, den sie gerade trank. "Was? H-haben…haben sie es geschafft?", fragte sie und Omnix zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Ich bin kurz vor dem letzten Spiel aus der Dimension verschwunden, weil ich mein Ziel erreicht hatte. Ich habe den beiden geholfen, zu Tet zu finden. Das hat Jahre gedauert, aber letzten Endes haben sie es geschafft. Und damit war mein Ziel erfüllt, alles weitere war mir egal." Marilyn schüttelte fassungslos den Kopf. "Ihr hättet Zeuge werden können, wie ein Gott abgewechselt wird und habt es nicht getan?", fragte sie. "Im Nachhinein betrachtet etwas dämlich, da gebe ich dir recht. Vielleicht auch ein weiterer Grund, warum ich mich von dir letzte Endes dazu überreden ließ, dasselbe in dieser Welt zu machen." "Ich…ich wollte nur, dass Ihr Euren rechtmäßigen Platz einnehmt Meister. So ein Leben als Abenteurer ist doch unter Eurer Würde", murmelte sie und Omnix sah sie mit seinem leuchtenden Auge durchdringend an. Dann streckte er seine Hand aus und streichelte ihr den Kopf. "Ich bin nicht besser als irgendjemand, nur weil ich stärker bin Marilyn. Sollte ich wirklich oberster Gott dieser Welt werden, dann werde ich nichts ändern. Wenn ich ehrlich bin, dann mache ich das Ganze nicht wegen dem Ziel, sondern wegen dem Weg dorthin", meinte der Reinkarnitor. "Alles nur, um Eure Langeweile zu bekämpfen, habe ich recht?", fragte sie ihn und er nickte. "Bitte versprecht mir, dass Ihr mich nicht verlassen werdet." Omnix sah sie sanft an. "Ich werde erst gehen, wenn dein Körper zu Asche zerfallen ist Marilyn. Und ich werde nicht zulassen, dass dir irgendetwas passiert", versprach er und sie schmiegte sich dankbar an ihn. Ohne Vorwarnung lehnte er sich plötzlich wieder in seinem Sessel zurück und sie plumpste auf den Boden. "Und jetzt werde ich weiterlesen, also stör mich nicht", meinte er und sie sah ihn etwas genervt aber auch amüsiert an. Trotzdem verzichtete sie auf weitere Diskussionen, ließ ihn alleine und machte sich auf, um die riesige Bibliothek weiter zu erkunden.
Kaum war Marilyn verschwunden, nahm Hiroki hinter Omnix‘ Sessel Gestalt an. "Sie ist Euch sehr wichtig, habe ich recht?", fragte er und Omnix seufzte. "Sie ist wie eine Tochter für mich", meinte der Reinkarnitor. "Seid Ihr Euch da sicher?" fragte der Waldgeist ihn augenzwinkernd. "Ziemlich sicher", schnaubte Omnix. "Naja, ich glaube, dass Ihr etwas mehr empfindet, als Ihr selbst zugeben wollt. Aber egal. Ich…ich kann das verstehen. Mir geht es genauso mit Tomoko." Omnix ließ sein Buch sinken und drehte sich interessiert zu ihm um. "Sie ist einige tausend Jahre jünger als ich. Darum war ich auch so entsetzt, als ich hörte, dass Ihr ihr ihren Thron weggenommen habt. Ich war sauer auf Euch. Aber in den letzten Tagen habe ich bemerkt, dass Ihr sie nicht schlecht behandelt. Im Gegenteil." Omnix‘ Auge leuchtete belustigt auf. "Ich will nicht lügen. Zu Beginn habe ich sie als nichts weiter als einen Teil meines Planes betrachtet. Aber ich habe die unangenehme Eigenschaft, Leute als Familie zu betrachten, wenn sie mir näher kommen. Diese Leute behandle ich dann so, wie ich selbst behandelt werden möchte. Das ist das ganze Geheimnis", erklärte er. "Ganz egal aus welchem Grund Ihr es tut, ich bin Euch sehr dankbar, dass Ihr Euch um Tomoko kümmert. Und wenn Ihr wirklich oberster Gott werden möchtet, dann müsst Ihr etwas wissen." Omnix lehnte sich vor. "Es leben noch zwei alte Götter", flüsterte der Junge und der lebende Nachthimmel sah ihn an, als hätte er einen Geist gesehen. "Ihre Namen sind Vitae und Mortem. Leben und Tod. Sie sind die einzigen alten Götter, die überlebt haben. Ohne die beiden, würde alles ins Chaos stürzen." Omnix schwieg und Hiroki war sich sicher, dass der Reinkarnitor kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Doch was dann folgte überraschte den Waldgeist doch sehr. "Das ist ja wundervoll! Zwei alte Götter! Beide Level hundert! Das sind die besten Neuigkeiten seit langem!", rief er begeistert und Hiroki sah ihn mit offenem Mund an. "Seid Ihr verrückt?", fragte er und Omnix lachte. "Vielleicht ein bisschen. Ich werde die beide nicht töten, das verspreche ich dir. Aber einem Kampf werde ich nicht entgehen können, wenn ich meinem momentanen Kurs weiter folge. Wie finde ich die beiden?" Hiroki biss sich auf die Unterlippe. "Keine Ahnung", murmelte er. "Nun, dann ist das unser höchstes Ziel! Wir werden herausfinden, wo die beiden sind und wie ich zu ihnen gelange. Ich nehme an, dass du mir dabei helfen wirst", meinte Omnix und der Waldgeist grinste. "Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Euch zu unterstützen mein Lord! Und wenn ich alle Bibliotheken dieser Welt einnehmen muss!", versprach er und verbeugte sich tief vor ihm. "Sehr gut, ich danke dir. Was genau passieren wird, wenn wir uns begegnen, das weiß ich nicht. Aber ich freue mich schon darauf." Hiroki nickte und wollte gehen. "Ach und Hiroki!", rief Omnix und der Junge drehte sich zu ihm um. "Lass dir ruhig Zeit, ich habe es nicht eilig." Der Waldgeist nickte und verschwand, um seinen neuen Befehl auszuführen. "Zwei alte Götter", murmelte Omnix, während er sein Buch wieder aufschlug. Er hatte keine Ahnung, was die Zukunft bringen würde, doch genau das freute ihn. Zum ersten Mal seit langem verspürte er wieder Spannung.