"Seid Ihr Euch sicher, dass die beiden Herrscher sich daran halten werden?", fragte Tomoko und Omnix nickte. "Ja, das bin ich. Im Endeffekt profitieren sie ja beide davon und wirklich geändert hat sich auch nichts", antwortete er dem Erzengel. Sie befanden sich in Skyfortress, wo Omnix seine Freunde im Thronsaal versammelt hatte. "Warum habt Ihr die Chance nicht ergriffen und die beiden Länder gleich vollständig übernommen?", fragte Hiroki ihn. "Das ist eine gute Frage. Marilyn, warum habe ich das nicht getan?", reichte Omnix die Frage weiter. "Ein Gott herrscht nicht. Er beobachtet und hilft aus dem Hintergrund. Jetzt da Lord Omnix von beiden Ländern als Gott anerkannt worden ist, kann er dieser Pflicht auch endlich nachgehen", erklärte sie und Omnix nickte. "Korrekt. Sonst noch irgendwelche Fragen?" Alle schüttelten den Kopf. "Gut, dann kommen wir jetzt zu unseren nächsten Schritten. Ich habe die großen offenen Steppen und Sümpfe als unser nächstes Ziel auserkoren. Diesmal würde ich jedoch gerne auf ein Gemetzel verzichten", meinte der Reinkarnitor. "Ignis, Hiroki, ich möchte, dass ihr mir so viele Informationen wie nur irgend möglich über dieses Land beschafft." Die beiden verbeugten sich leicht. "Du kannst dich dafür auch gerne der Bibliotheken in den Menschenländern bedienen", fügte er noch an Hiroki gewandt hinzu und der Waldgeist strahlte. "Meint Ihr das ernst? Ich danke Euch!", rief er begeistert und Omnix kicherte. "Erwarte dir lieber nicht zu viel. Ich bezweifle, dass sie viele Informationen haben, die man auch nicht hier in Skyfortress finden könnte", meinte er. Der Drache und der Waldgeist verabschiedeten sich und machten sich auf, um ihren neuen Befehl auszuführen. "Gut, machen wir weiter. Ich denke, dass ich die Wartezeit verkürzen werde, indem ich währenddessen nach Minerva zurückkehre", überlegte der lebende Nachthimmel. Tomoko nickte. "Wünscht Ihr eine Eskorte?", fragte sie und Omnix schüttelte den Kopf. "Nein. Denn nicht ich werde nach Minerva reisen, sondern John und Marilyn." Die Ohren des Werbiestes stellten sich auf. "Ich verstehe. Ihr vermisst die alten Zeiten wohl etwas." "Bin ich so leicht zu durchschauen?", fragte er. "Nur für mich", antwortete sie und die beiden sahen sich verständnisvoll an. "Ich überlasse dir in meiner Abwesenheit die Verwaltung von Skyfortress Tomoko", meinte der Reinkarnitor. "Ich werde Euch nicht enttäuschen. Bitte genießt Euren…Urlaub." Sie zwinkerte ihm zu und Omnix lachte, bevor er sich zusammen mit Marilyn auf den Weg machte.
John und Marilyn gingen durch die Straßen der großen Stadt. Das Mädchen musste zugeben, dass sie es tatsächlich etwas vermisst hatte, mit John alleine unterwegs zu sein. "Gut, als erstes gehen wir in die hiesige Abenteurergilde und sehen, ob es nicht irgendetwas zu tun gibt", meinte der Junge und sie stimmte zu. Als sie das riesige Gebäude betraten ließ John sie kurz alleine, um sich die Aufgaben am Infobrett anzusehen. Marilyn setzte sich auf eines der Sofas in der Lounge und beobachtete das Treiben um sie herum. Menschen kamen und gingen, nahmen Aufgaben an, holten sich Belohnungen und unterhielten sich. Als das Mädchen nun so durch den Raum sah bemerkte sie plötzlich etwas. Ihr Blick huschte zurück zu der Stelle. Aber da war niemand. Und doch hätte sie schwören können, dass sie dort gerade jemanden gesehen hatte, den sie kannte. Stirnrunzelnd stand sie auf und sah sich aufmerksam um. Sie hatte sich das nicht eingebildet. Dort an dem Infoschalter stand ein Junge mit kurzen rotbraunen Haaren, schwarzer Lederrüstung und einem schwarzen Umhang. Es war Ben, da bestand gar kein Zweifel. Der Junge drehte sich um und sie versteckte sich erschrocken hinter einer Menschengruppe, die im Raum stand. Hatte er sie gesehen? Sie hoffte inständig, dass dies nicht der Fall war. Schnell rannte sie los, um John zu finden, was sie auch bald geschafft hatte. Der Magier bedankte sich gerade bei einer der Empfangsdamen, die ihm einen Auftrag zugeteilt hatte. "Meister", zischte Marilyn und huschte an seine Seite. "Oh, bist du etwa einsam geworden?", fragte er grinsend. "Ich habe Ben gesehen", antwortete sie ihm. "Das ist doch schön. Vielleicht möchten er und Tammy mitkommen", meinte der Junge und wollte losgehen, doch Marilyn hielt ihn davon ab, indem sie ihn an seinem Umhang zurückhielt. "Meister, ich habe Ben gesagt, dass wir uns wahrscheinlich nie wiedersehen werden. Ich kann ihm jetzt nicht unter die Augen treten", meinte sie aufgeregt. John sah sie verwirrt an, doch dann erkannte er, was nicht stimmte. "Es ist dir peinlich, habe ich recht? Du fühlst etwas für ihn." Sie wurde rot. "Vielleicht…vielleicht ein bisschen", murmelte sie. "Ha!", rief der Junge laut, so dass sie zusammenzuckte. "Ich wusste es. Die erste Liebe, die jedem den Kopf verdreht. Ach ist das aufregend", schwärmte er. Als er bemerkte, dass sich inzwischen einige Leute zu ihnen umgedreht hatten räusperte er sich. "Das ist eine private Unterhaltung, also husch", meinte er und die Abenteurer grinsten, gingen jedoch weiter. "Zurück zum Wesentlichen", fuhr er etwas leiser an Marilyn gewandt fort. "Du hast das damals gesagt, weil du ihn nicht verletzen wolltest. Aber wer sagt denn, dass du immer in Skyfortress sein musst? Natürlich kannst du ihn besuchen. Und wer weiß, vielleicht können wir ihn und Tammy ja irgendwann einweihen." Marilyn sah ihn groß an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. "Meister, ich…ich mochte Euch schon immer", flüsterte sie. John sah sie bloß an. "Ei-eigentlich habe ich Euch sogar mehr als nur ein bisschen gern." Sie senkte beschämt den Kopf. Wie sollte sie ihm nur sagen, was sie wirklich für ihn fühlte? Warum sie wegen Ben so unsicher war. Sie hatte immer gedacht, dass sie nur für John romantische Gefühle haben konnte und dann kam plötzlich dieser Junge und verdrehte ihr den Kopf. "Marilyn", riss sie Johns Stimme aus ihren Gedanken. Der Junge hatte sich zu ihr hinuntergebeugt und ihr seine Hand auf die Schulter gelegt. "Ich mag dich auch sehr", meinte er und sie wurde rot. "Wenn ich ehrlich bin sind meine Gefühle für dich auch größer als nur bloßes Mögen", fuhr er fort und sie bemühte sich, nicht auszuflippen. "Marilyn, ich liebe dich…", meinte der Junge und Marilyn hätte schwören können, dass heiße Luft aus ihren Ohren zischte. Passierte das hier gerade wirklich? Das konnte doch nicht wahr sein. All diese Jahre hatte sie es geheim gehalten und er sagte es ihr einfach so. "…wie eine Tochter." Es war, als würde ein Berg auf sie niedergehen. "Was?" "Ich liebe dich, wie eine Tochter Marilyn. Ich kann verstehen, wenn du mich nicht nur als Freund, sondern als Familie betrachtest", erklärte er und sie sah ihn fassungslos an. Manchmal wunderte sie sich wirklich, wie ein so starkes Wesen so dämlich sein konnte. Sie konnte nicht anders. Ihre Wut gewann die Oberhand und so tat sie das erste, was ihr ihn den Sinn kam. Sie biss ihn. "Ah! Marilyn hör auf! Hör auf!", rief der Junge verzweifelt, während er versuchte, sie von seinem Arm abzuschütteln. "Ihr feid der gröfte Dummkopf der Welt!", presste sie hervor, ohne ihn loszulassen. "Marilyn, ich dachte diese Phase hätten wir hinter uns gelassen! Hör auf! Das Ganze zieht mir zwar nur ein paar HP ab, aber besonders angenehm ist es trotzdem nicht!", rief er und schüttelte seinen Arm heftiger. "W-wie k-könnt I-Ihr n-nur f-fo b-blöd f-fein?", fragte sie mit einer wegen des Schüttelns vibrierenden Stimme. "Ich habe doch gar nichts getan!", rief John. Endlich schaffte er es, seinen Arm von ihr zu trennen. Sie flog in hohem Bogen durch den Raum und landete auf…Ben. "Marilyn?", fragte der Junge ungläubig und sie lächelte peinlich berührt. "Heyyyyyyyyy, du bist auch hier?" "Karma", meinte John und grinste diabolisch.
"Ich verstehe. Ihr seid bei der Schlacht gegen das Imperium dabei gewesen und wusstet nicht, ob ihr zurückkehren würdet", wiederholte Tammy und John nickte. "Ihr habt wirklich Glück gehabt, dass der alte Gott da war", meinte Ben. Marilyn seufzte. Letzten Endes hatte sich John für sie eine Ausrede einfallen lassen. Allerdings hatte er das erst getan, nachdem sie zwei Minuten durchgehend gestottert hatte. Sie sah auf und erkannte, dass John sie aus dem Augenwinkel ansah. Es lief ihr kalt den Rücken herunter, denn sie wusste genau, dass dieser Blick so viel wie ‚das zahlst du mir später dreifach zurück‘ bedeutete und sie hatte wirklich keine Lust auf was auch immer er sich diesmal als Wiedergutmachung einfallen lassen würde. "Ich bin sehr froh, dass wir uns hier wieder treffen", meinte John. "Wir waren gerade dabei uns auf den Weg für eine Aufgabe zu machen und ich hatte gehofft, dass ihr mitkommen würdet." Tammy grinste. "Tja, Ben hier hat leider schon eine Aufgabe für uns ausgesucht", meinte die Kriegerin. Ben wedelte mit einem Stück Papier. "In der Nähe der Hauptstadt hat sich eine Söldnerbande in einer Höhle verschanzt. So etwas sieht der König überhaupt nicht gerne, darum sollen wir sie verhaften", erklärte er. "Was werdet ihr tun?" John holte sein Papier hervor. "Es geht darum, dass wir eine Quelle in der Nähe reinigen sollen. Sie wird nur leider von Zweiglingen bewacht und ist daher schwer zu erreichen. Wahrscheinlich sind sie auch der Grund, warum die Quelle überhaupt verschmutzt ist", las er vor. "Warum helft ihr uns nicht mit den Söldnern und wir helfen euch dann mit der Quelle. Zweiglinge sind ernstzunehmende Gegner und die Söldner würden uns wahrscheinlich auch leichter fallen, wenn wir mehr wären. Außerdem würdet ihr so dem König persönlich helfen", schlug Tammy vor. "Ich habe dem König in letzter Zeit wirklich genug geholfen", grummelte John leise. "Pardon?" "Ach nichts", wehrte John die Frage schnell ab. ‚Die beiden werden die Söldner sicher nicht alleine besiegen können. Andererseits wäre das Ganze für mich nur Zeitverschwendung, also…‘, überlegte er. "Marilyn, warum begleitest du unsere Freunde nicht und ich kümmere mich alleine um die Quelle?" Tammy spuckte den Met, den sie gerade trank, wieder aus. "Alleine gegen Zweiglinge? Habt Ihr irgendwie einen Todeswunsch John? Zuerst dieser riesige Troll, dann der Drache, den ihr irgendwie in die Flucht schlagen konntet, dann der Krieg mit dem Imperium und jetzt auch noch Zweiglinge! Ihr könnt doch nicht ganz bei Trost sein!" rief sie. "Hütet Eure Zunge", meinte Marilyn sauer. "Ihr seid zwar mit uns befreundet, aber das heißt nicht, dass Ihr so über meinen Meister sprechen dürft." Dann drehte sie sich zu John. "Wenn Ihr das wünscht, dann soll es so geschehen", meinte sie und neigte leicht den Kopf. "Gut, dann machen wir es so. Ich versichere euch beiden, dass Marilyn der Aufgabe durchaus gewachsen ist. Und macht euch bitte keine Sorgen um mich, ich habe einen gewissen guten Stern." Tammy zögerte zwar noch etwas, schlug am Ende aber dennoch ein und besiegelte so die Abmachung.