Manuel
Nun haben Pia und Benjamin mich also tatsächlich in ihre Geschichte eingeweiht. Doch das was sie über die Umwälzungen in der Welt gesagt haben, beunruhigt mich schon ziemlich. Allerdings hat es auch einen positiven Aspekt. Meine Freunde sagten mir, dass nach diesen Umwälzungen, alle Welten, sichtbare, wie unsichtbare, wieder vereint sein werden. Diese Aussicht, tröstet mich über manches hinweg.
Ich muss auch immer wieder an diesen besonderen Magier Ululala denken. So schade, dass ich ihn niemals kennen-lernen werde. Mit ihm fühle ich mich ganz besonders verbunden, doch ich weiss nicht, warum das so ist. Ich habe keinen Augenblick lang Zweifel, dass wir uns sehr gut verstanden hätten. Leider müssen Pia und Benjamin schon bald wieder zurück nach Glastonbury. Sie leben dort in einem wunderschönen Häuschen am Waldrand. Ihre Eltern sind in die Stadt gezogen und haben ihren Kindern, welche beide noch immer keinen Partner fürs Leben gefunden haben, das Haus überlassen, weil es ihnen langsam zu viel Arbeit machte. Es muss dort sehr schön sein und meine Freunde pflegen einen regen Kontakt mit den Naturgeistern in der Umgebung. Sie meinten, ich könne sie ja mal besuchen kommen. Das habe ich auch vor. Ich möchte sehen, wie sie dort leben, möchte all die Wunder sehen, die es dort gibt. Wer weiss… wie lange mir noch Zeit dafür bleibt.
Erzähler
So kam schon bald wieder der Tag des Abschiedes. Pia und Benjamin versprachen Manuel, in engem Kontakt mit ihm zu bleiben und ihn zu informieren, sobald sie genaueres über die neuesten Ereignisse in Erfahrung gebracht hatten. Auch Manuel verfolgte täglich die Nachrichten. Die vielen neuen Erkenntnisse, die ihm durch die Turners zuteil geworden waren, verfolgten ihn und es gab Zeiten, da prasselten sie auf ihn hernieder und er fand kaum mehr Ruhe. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er eigentlich an die Seite von Pia und Benjamin gehörte, doch das war doch Schwachsinn! Er musste hier bei seinen Eltern bleiben, weil man nie wusste, was noch geschehen würde. Mit der Zeit dachte er sogar, dass er das alles besser niemals erfahren hätte. Doch er hatte es wissen wollen und nun musste er diese Last tragen.
Mit der Zeit hörte er in den Nachrichten jedoch immer weniger, von diesem seltsamen, schwarzen Kometen, der vom Himmel gefallen war und in ihm wuchs die Hoffnung, dass es sich bei dem Einschlag wohl doch um ein Ereignis, natürlichen Ursprungs, gehandelt hatte.
Benjamin
Seit wir zurück von unseren Tagen am Meer sind, leben Pia und ich stets unter Anspannung. Allerdings ist bisher nichts mehr Ungewöhnliches passiert. Dennoch diese Untätigkeit, diese Unklarheit, macht uns verrückt. Wir versuchen auf verschiedenste Weise Ablenkung zu finden, sind oft in der Natur, doch die Naturgeister sind irgendwie sehr still, dabei erwacht doch wieder der Frühling und dann schwirrt es meist überall von Leben.
Ab und zu treffe ich mich mit verschiedensten Frauen aus der Gegend und unternehme etwas mit ihnen. Manchmal kommt es auch zu mehr, als nur zu einem harmlosen Ausflug. Doch ich kann mich beim besten Willen nicht an eine dieser Frauen binden. Die Richtige ist einfach nicht darunter. Ausserdem, halten mich auch andere Faktoren davon ab, mich festzulegen. Ich bin immerhin einer der beiden Grossen Führer und irgendwann, werde ich wieder ins Märchenreich zurückgerufen werden, dessen bin ich mir sicher. Trotzdem..., die Zeit mit den Frauen, verschafft mir etwas Ablenkung. Nun bin ich doch schon in einem Alter, wo ich mir längst über Familiengründung Gedanken machen sollte. Aber eine Familie, in diesen unsicheren Zeiten? Ich glaube das bringt nichts, zumal ich noch niemanden angetroffen habe, mit dem ich mir ein Familienleben vorstellen könnte. Vielleicht sollte ich auch bald aus diesem Haus hier ausziehen, doch irgendwie hänge ich noch viel zu sehr daran. Hier hat immerhin alles begonnen, hier hatten wir den Traum von Nofrete, welche Pia und mich, damals gleichzeitig, in einem Traum um Hilfe angefleht hat. Damals begann unsere Odyssee durch das Omniversum und hier war ihr Ausgangspunkt. Hier schlossen wir unsere Eltern wieder in die Arme, als wir zurückkamen, so voller Freude, auch wenn sie gar nichts von unserer langen Abwesenheit mitbekommen hatten.
Wie soll es jetzt nur weitergehen? Irgendwann wird sich die Welt massgeblich verändern und dann werden wir unsere Eltern auch davon in Kenntnis setzen müssen. Davor graut mir jetzt schon, denn wie können sie sich vorstellen, was wir alles erlebt, welche Erkenntnisse wir gewonnen haben? Es gibt bisher noch niemanden, mit dem ich darüber sprechen kann, nur mit Pia und jetzt auch noch mit Manuel. Das ist schön. Ich frage mich, wie es ihm wohl geht. Vielleicht sollte ich ihn heute mal anrufen und mal zu uns einladen. Ich hoffe einfach die Naturgeister zeigen sich dann etwas mehr, als sie es die letzte Zeit getan haben. Das ist irgendwie schon seltsam…
Wieder vereint
Manuel
Als heute Morgen das Telefon klingelte und Benjamin mich zu sich nach Hause einlud, freute ich mich unglaublich. Es war für mich wie eine Befreiung. Das alles verwirrt mich irgendwie. Warum fühle ich mich so tief verbunden mit den Turner Geschwistern? Ich habe diese Verbindung schon immer gespürt, schon als ich noch ein kleines Kind war und sie damals auf Besuch kamen. Doch damals wusste ich noch nicht, dass sie ebenfalls all diese Dinge sehen, wie ich es tue. Seit ich ihre Geschichte kenne, fühle ich diese Verbindung, zu ihnen, noch viel stärker. Eigentlich würde ich mich in ihrer Nähe sicherer fühlen, als hier. Am liebsten würde ich meine Eltern dazu überreden, mit mir zu kommen und bei den Turners zu wohnen. Doch das geht natürlich aus verschiedensten Gründen nicht. Sie können auch diesmal leider nicht mit mir kommen, weil sie noch etwas zu tun haben, dass sich nicht aufschieben lässt, so werde ich wohl allein nach Glastonbury reisen. Dort bin ich schon ewig nicht mehr gewesen.
Dass ich allein gehe, ist dahingehend ein Vorteil, weil ich mich dann mit Pia und Benjamin, ganz in Ruhe über all die unsichtbaren Wunder unterhalten kann, die sowieso nur wir wahrnehmen können. Meine Eltern wollen keine solche Geschichten hören. Ich habe schon mal versucht, es ihnen zu erklären, doch leider reagierten sie eher mit Ablehnung und so beschloss ich, darüber zu schweigen.
Ich nehme den Zug und es dauert nicht lange, bis ich das schöne, alte Städtchen Glastonbury erreiche. Schon von weitem sehen ich den grünen Hügel mit dem hohen, schlanken Turm, welcher Glastonbury Tor genannt wird und als Hügel von Avalon gilt. Die Atmosphäre hier schlägt mich sogleich in ihren Bann. Es gibt hier eine Menge alte Häuser, geheimnisvolle Friedhöfe und ehrwürdig anmutenden Kirchen. Rundherum befinden sich saftig- grüne Weiden und Waldstücke.
Das Haus der Turners liegt wirklich direkt an einem Waldrand. Es ist wunderschön mit seinem herrlichen Garten, der bereits die ersten bunten Frühlingsblumen trägt. Ich sehe mich nach Naturgeistern um und tatsächlich sehe ich einige wunderhübsche, winzige Wesen mit bunten Gewändern und schillernden Flügeln, die sich um die Blumen kümmern und miteinander spielen. Als ich nähertrete, reagieren sie noch nicht, sie vermuten wohl, dass ich sie sowieso nicht sehe. Als ich sie jedoch begrüsse, erschrecken sie sehr und verpuffen im Nichts.
„Ihr müsst doch keine Angst vor mir haben,“ versuche ich sie zu beruhigen. „Ich tue euch doch nichts. “
Langsam tauchen die kleinen Wesen nach und nach wieder auf und mustern mich mit ihren grossen Kulleraugen. Die weiblichen Mitglieder dieser Spezies, tragen farbige Kleider aus bunten Blütenblättern, und ihre Häupter schmücken Kränze. Die Männchen sind in Hosen, ebenfalls aus Blumenblättern, gekleidet und auf ihrem Kopf prangen kunstvolle Hauben aus grünem Blattwerk. Sie sind alle wirklich bezaubernd.
„Wer bist du?“ fragen sie mich „Du kommst und irgendwie bekannt vor.“
„Ich komme euch bekannt vor?“ erwidere ich erstaunt.
„Ja, irgendwie schon. Ein besonders keckes Elfenmädchen, mit einem blauem Kleid, mustert mich eingehend.
„Ja, etwas an deiner Aura ist uns… vertraut…“ „Das ist vielleicht, weil ich euch auch sehen kann. Bestimmt kommen Pia und Benjamin euch auch vertraut vor.“
„Bei dir ist es aber ein anderes Gefühl…“ die kleine Elfe hält ihren Kopf leicht schräg und mustert mich noch intensiver. „Aber… ich komme nicht drauf.“ Alle Elfen scharen sich nun, wie ein Schwarm Insekten, um mich und ich weiss gar nicht, womit ich so viel Interesse verdient habe.