Erzähler
„Jetzt schau dir das mal an!“ rief Pia ihrem Bruder zu, als sie einen Blick aus dem Fenster warf und Manuel sah, welcher umringt war, von den kleinen Elfen. „So viele von ihnen! Wo waren sie nur und vor allem… warum erscheinen sie Manuel in so grosser Zahl?“
„Irgendetwas ist ganz besonders an diesem Jungen,“ erwiderte Benjamin tief beeindruckt. „Sollen wir ihn willkommen heissen?“
„Ach ich will diese besonders Versammlung nicht stören. Warten wir doch einfach, bis er anklopft.“
Manuel wurde es langsam etwas unheimlich, dass ihn die Blumenelfen so musterten und er wusste, beim besten Willen nicht, warum das so war. „Also… äh ich muss jetzt mal reingehen. Man sieht sich!“ er hob kurz die Hand, dann machte er sich schnellstens auf den Weg zu der ziemlich alten Holztür der Backsteinhauses und klopfte an.
Sogleich ging die Tür auf, als hätten Pia und Benjamin genau gewusst, wann er anklopft. Sie begrüssten ihn herzlich. „Hallo Manuel! Schön bist du gekommen, riefen sie und umarmten ihn spontan. Manuel fühlte sich sogleich wie zu Hause.
„Ihr lebt hier wirklich wunderschön!“ sprach er begeistert und auch im Garten ist eine Menge los. Da waren diese Blumenwesen, ich wusste aus euren Erzählungen, dass es viele hier gibt, aber so viele. Ich war doch ziemlich überrascht.“
„Sie zeigen sich sonst auch nicht in so grosser Menge,“ sprach Benjamin, während er Manuel sein Gepäck abnahm und erstmal ins Wohnzimmer trug. Pia hängte seine Jacke über eine Bügel und folgte ihnen.
„Setz dich doch!“ forderte sie ihn freundlich auf und Manuel liess sich mit einem wohligen Seufzer auf das weiche, gelbe Sofa fallen.
„Kaffee, Tee?“ fragte Pia ihn.
„Gerne einen Tee.“ Pia verschwand in der kleinen heimeligen Küche und das Gewünschte zuzubereiten, während Benjamin und Manuel ein wenig miteinander plauderten.
„Du sagst, die Blumenwesen, zeigen sich sonst nicht in so grosser Zahl?“ hakte der jüngere Mann nach.
„Nein, wir bekommen nur ab und zu kleinere Grüppchen von ihnen zu sehen und in letzter Zeit hielten sie sich sowieso eher bedeckt, ich weiss auch nicht warum genau.“
„Das ist seltsam. Irgendwie hatten sie jedenfalls grosses Interesse an mir. Sie sagten sogar, dass ich ihnen irgendwie bekannt vorkomme.“ „Tatsächlich?“
„Ja. Keine Ahnung warum.“
„Irgendwie musst du wirklich etwas Besonderes sein Manuel,“ mischte sich nun Pia wieder ins Gespräch. Sie brachte den Tee und ein paar Kekse, mit Schokostückchen darin, ins Wohnzimmer und stellte sie auf den kleinen Tisch vor dem Sofa. Manuel nickte dankbar und nahm den Tee, den sie ihm reichte, entgegen. Während er etwas Milch eingoss und einen Zucker hineinwarf, sprach er.
„Das ist etwas so Besonderes bin, glaube ich nicht und doch… das was diese Wesen sagten, geht mir nicht aus dem Kopf.“
Pia nickte und Benjamin meinte grinsend: „Immerhin weisst du jetzt, dass es wirklich viele Naturgeister hier gibt. Wir können dann auch mal etwas in den Wald gehen und vielleicht mal eine Führung durch Glastonbury veranstalten. Am Abend könnten wir mal etwas durch mein Teleskop den Sternen- Himmel betrachten.“
„Ja, das wäre wirklich toll. Dieser Ort hier ist so schön, vor allem fühle ich mich in eurer Gegenwart sehr wohl. Es ist, als ob ihr eine Art zweite Familie für mich wärt.“
„Das freut uns,“ lächelte Pia. „Uns geht es ganz ähnlich. Wir haben ja auch eine Menge gemeinsam.“
„Das stimmt allerdings. Ich bin auch froh hergekommen zu sein. Obwohl, ich habe es mir schon gründlich überlegt, weil ich mir Sorgen gemacht habe… nun ja… wegen der Ereignisse, die vielleicht bevorstehen.“ „Gerade scheint es aber wieder ruhig zu sein,“ erwiderte Benjamin. „Vielleicht ist es doch noch nicht so weit.“
Am Abend, nachdem sie ein wenig die nähere Gegend zu dritt erkundet und erneut einigen Naturgeistern begegnet waren, kehrten sie in das Haus am Waldrand zurück und Benjamin zeigte Manuel sein Teleskop. Er hatte vor einige Zeit, ein sehr gutes Teleskop gekauft und suchte den Himmel oftmals nach besonderen Phänomenen ab, die vielleicht auf eine Umwälzung in der Welt hindeuteten. Man hatte ihnen einst gesagt, dass diese sich häufen würden, wenn es so weit war.
Manuel war begeistert, als er das Teleskop sah und schaute immer wieder hindurch. Benjamin und Pia erklärten ihm dabei die Sternbilder und Planeten.
„Irgendwie kommt mir das alles sehr vertraut vor,“ sprach Manuel auf einmal. „Als ob ich schon öfters den Himmel so beobachtet hätte. Aber ich hatte noch nie ein Teleskop.“
„Ululala besass ein riesiges Teleskop und er hat stets die Sterne beobachtet,“ sprach Pia etwas bekümmert. „Er konnte aus ihnen lesen wie aus einem Buch, konnte sogar gewisse Weissagungen daraus ableiten. Er hatte eine sehr enge Verbindung zu den Sternenfeen. Diese zeigten sich uns damals auch, als wir bei Ululala in der Ausbildung waren.“
Sogleich wurden die Geschwister wieder von ihren Erinnerungen übermannt.
Als sie die zwei Monde in Unlulalas Reicht beobachteten, erschienen auf einem drei helle, weissleuchtende Punkte vor dem Hintergrund des grösseren Mondes. Sie kamen näher und näher und...auf einmal erkannten sie drei wunderschöne Mädchen, mit schimmernden Körpern! Diese waren weiss-silbern und mit schleierarteigen Gewändern umhüllt. Um den Kopf, hatten sie einen Strahlenkranz und glitzernde Sternlein umtanzten sie...Die Kinder starrten die Wesen unverwandt an, immer wieder begegneten ihn neue, noch grössere Wunder...
Pia erzählte, an Manuel gewandt: «Die Sternenfeen sind uns ziemlich am Anfang unserer damaligen Reise begegnet, auf Ululalas Schloss. Sie schenkten uns einen Zauberstab, der uns sogar mal das Leben rettete. Diese Feen sind wunderschöne Wesen. Ululala wünschte sich sein ganzes Leben lang, sie mal zu erblicken. Vielleicht haben sie ihn ja in die jenseitige Welt mitgenommen, ich hätte es ihm von Herzen gegönnt. Leider starb er noch, als wir im Märchenreich weilten.“
„Das ist sehr traurig,“ sprach Manuel.
„Ach weisst du, der Tod ist nicht das Schlimmste, besonders dann nicht, wenn man im Einklang mit sich, der Welt und dem Göttlichen ist. Dann ist es vielmehr ein Neubeginn. Ululala z.B. wollte einst ein Mensch werden. Er glaubte, dass dies seine Berufung sei. Obwohl, ganz verstanden habe ich das nie, denn was ist am Mensch-sein schon so erstrebenswert?
Im Märchenreich hat man viel mehr Möglichkeiten und Einblicke in Dinge, die hier dem meisten, ein Leben lang, versagt bleiben.“
„Ihr vermisst Ululala schon sehr, nicht wahr?“ fragte Manuel. Bei diesen Worten glänzten Tränen in Pias Augen. Benjamin legte tröstend den Arm um sie.
Die junge Frau wischte sich über die Augen und antwortete: „Ja schon und doch... weiss ich, dass er nun das erreichen kann, was er immer wollte und das hilft mir über den Kummer hinweg. Aber jetzt genug Trübsal geblasen! Wir sprachen von den Sternenfeen.“ „Sie haben euch einen Stab geschenkt?“ „Ja, einen magischen Stab. Sie sagten uns damals:
„Dieser Stab birgt das Licht der Sterne in sich. Wie die Sterne das Dunkel der Nacht erhellen, soll er euch auf eurem Wege leuchten. Wenn euch sein Schein umgibt, wird er euch ein sicherer Schutzschild sein, von welchem alles Übel abprallen wird, dass euch irgendwelchen Schaden zufügen will.“
„Habt ihr den Stab noch?“
„Ja, aber wir dürfen ihn nur im Notfall verwenden, denn seine Kraft verbraucht sich irgendwann auch.“
„Schade, das Spektakel hätte ich gerne mal gesehen.“
„So lange wir nicht in grosser Gefahr sind, wird das nicht geschehen. Hoffen wir, dass es so bleiben wird,“ meinte Benjamin. Er blickte auf die Uhr. „So jetzt ist es aber spät geworden, wir sollten ins Bett gehen, Morgen dann, zeigen wir dir die Stadt, okay?“