„Das was sie da gesagt haben, wegen ihrem Überleben sichern und so, macht mich sehr traurig,“ sprach Pia bekümmert, an mich gewandt.
„Ja, wir dürfen es auf keinen Fall so weit kommen lassen!“ erwidere ich. „Wir werden alles daransetzen, dass diese Wesen nicht sterben werden.“
„Du hast recht!“ stimmte mir Malek zu „wir werden das sicher schaffen. Wir müssen einfach.“
Die Blumenelfen kehrten nun mit der Dose zurück und überreichten sie uns. Sie trugen auch noch ein weisses Säcklein bei sich. Es war mit Gold durchwirkt und prall gefüllt, mit den verschiedensten Samenkörnern. Pia nahm es entgegen und auf einmal, liefen ihr Tränen über die Wangen.
„Du musst nicht um uns weinen!“ sprach der Elfenmann. „Wir nehmen jegliches Schicksal an, das uns erwartet, denn wir wissen, dass der Grosse Geist bei uns ist. Auch Ululalas Geist, wacht noch immer über uns.“ Der Elf, schaute nun auch Manuel an und sprach, zu unser aller Erstaunen: „Du erinnerst mich irgendwie an ihn.“
Manuel sprach: „Ich war aber noch nie hier.“
„Nun, dann muss das eine Verwechslung sein,“ meinte der Blumenelf nachdenklich. „Aber wie auch immer! Ihr habt nun die Samen, all unserer Heimatblumen. Das erleichtert unsere Herzen sehr. So lebt denn wohl, unsere guten Gedanken, werden euch stets begleiten.“
„Unsere euch auch,“ erwidere ich. „Und wir werden alles daransetzen, dass wir die Samen nicht werden einpflanzen müssen, weil ihr nämlich überleben werdet!“
„Danke! Es ist eine Freude, dass ihr zu uns zurückgekehrt seid!“ sprachen die Blumenelfen im Chor. Dann schwirrten sie davon und waren kurz darauf spurlos verschwunden. Noch eine Weile stehen wir reglos, dann setzen wir unseren Weg, Richtung Ululalas Schloss, fort.
Manuel
Seit wir hier im Kristallreich angekommen sind, scheint nichts mehr so zu sein, wie es einst war. Ich habe kaum ein Wort gesprochen, weil ich all die Eindrücke, die auf mich einprasseln erst einordnen musste. Die Worte der Blumenelfen klingen aber noch immer in mir nach. Sie habe so grosse Vertrauen darin, dass Ululalas Geist noch immer über sie wacht. Warum berührt mich das so? Warum ist mir, als ob all das mich viel mehr betreffen würde, als ich glaubte. Ich kann so schwer darüber sprechen, weil mir einfach die Worte fehlen. Sie fehlen mir schon eine ganze Weile. Ich hoffe ich werde bald erkennen, warum das so ist.
Maleks Rufe reissen mich aus meinen Gedanken. „Wir sind bald da! Nur noch um jene Wegbiegung, dann werden wir das Schloss sehen!“ Aufregung schwang in seiner Stimme mit, auch er schien sich sehr zu freuen, das Kristallschloss wiederzusehen. Mein Herz klopft auf einmal heftig, bald, bald werde ich es sehen!
Und dann… ist es so weit! Wir treten hinaus auf ein Hochplateau und dieses gibt den Blick frei, auf ein herrliches Schloss mit regenbogenfarbenen Mauern! Ich bin wie erschlagen von dieser Schönheit, es kommt mir vor als bestehe das Schloss aus Seifenblasen, man kann jedoch nicht ins Innere sehen. Türme und Zinnen, allesamt buntschillernd, ragen in den, nur mit einigen Schäfchenwolken getrübten, Himmel!
Erzähler
Es dauerte nicht lange und sie erreichten das blauschillernde Tor des aussergewöhnlichen Bauwerkes. Wächter gab es hier keine, vermutlich war das auch nicht nötig. Im den Vorhören, des Schlosses, herrschte reges Treiben. Hier lebten Vertreter verschiedensten Naturwesen zusammen: Kleinwüchsige Erdgnomen, welche meistens braun gewandet waren, vorwiegend in Grüntöne gekleidete Vertreter des Waldvolkes und Feen und Elfen mit bunten Gewändern, welche teilweise aussahen wie Schmetterlingsflügel. Sogar Zwerge, gab es ein paar.
Manuel konnte sich kaum an alledem sattsehen und kam nicht mehr aus dem Staunen heraus. Sowas hatte er in seinem ganzen Leben noch nie erblickt, obwohl er hellsichtig war.
Pia wandte sich fröhlich lachend an ihn. „Ist das nicht einfach wundervoll! Vertreter aller Rassen kommen noch immer hierher. Ich habe sogar das Gefühl, es sind noch mehr geworden, seit unserem ersten Aufenthalt hier. „Es ist wirklich unglaublich…“ stiess Manuel hervor. „Ich… kann noch immer nicht fassen, was ich da sehe!“
„So ging er mir das erste Mal auch, aber man gewöhnt sich mit der Zeit etwas mehr daran. Auch wenn das Staunen nie ganz aufhören wird.“
„Die Bevölkerung scheint tatsächlich zugenommen zu haben,“ meinte Benjamin an Malek gewandt.
„Ja,“ erwiderte dieser. „Hier lässt es sich gut leben. Lumniuz und Hungoloz machen ihre Sache gut. Nachdem Ululala verstorben war, kamen viele Trauernde hierher, um sein Andenken zu ehren. Sie erbauten ihm ein Standbild aus Bronze. Als die Trauerzeit vorüber war, blieben einige gleich hier. Darunter auch einige Paare, bei denen sich bald Nachwuchs einstellte. Zur Zeit sind alle Häuser bewohnt.“
Manuel hörte gebannt zu und musterte die vielen elfenbeinfarbenen Türen und die, mit bunten Blumen geschmückten, Bogenfenster. Wie schön musste es sein, hier zu leben!
„Es musste sogar noch angebaut werden, mit der Zeit,“ fuhr Malek fort. „Auch das haben unsere beiden Freunde, gut gemeistert.“
„Ich kann es kaum erwarten Lumniuz und Hungoloz wieder zu sehen!“ rief Pia.
„Da geht es und wohl allen so,“ lächelte Malek.
„Kann man eigentlich das Standbild von Ululala irgendwo besichtigen?“ wollte Benjamin wissen.
„Ja, es befindet sich jetzt, inmitten des grossen, runden Blumenbeets.“ „Dort wo einst die grosse Fackel stand?“
„Ja. Ich werde es euch gleich zeigen, wir müssen sowieso dort entlang, um zu den Gemächern von Lumniuz und Hungoloz zu kommen.“
Die Freunde durchschritten ein paar Gassen und Hinterhöfe. Es hatte sich hier wirklich einiges verändert, aber der ursprüngliche Charakter von Ululalals Schloss, war deswegen nicht verloren gegangen. Noch immer plätscherte der grosse Brunnen, mit den vielen Fontänen, munter vor sich hin und die Silberglöckchen und Silberplättchen des Windspieles, erzeugten zarte Klänge.
Und dann… erreichten sie endlich den Hof mit dem grossen Blumenbeet! Die Blumen darin leuchteten noch immer in den wundervollsten Farben, doch nun stand inmitten dieser floralen Pracht, eine mächtige Statue! Staunend schauten die Freunde daran empor. Das Standbild zeigte einen bärtigen Mann, mit wallendem Gewand, auf welchem die Sterne und der Mond prangten. Sein Gesicht war ausdrucksvoll. Seine Augen waren gen Himmel gerichtet. In der rechten Hand trug er ein Buch, in der Linken eine Kugel.
„Das Buch symbolisiert Ululalas Weisheit,“ erklärte Malek. „Die Kugel die Einheit allen Lebens! Ich war dabei, als diese Statue entworfen wurde und fand, dass beide Gegenstände sehr gut zu Ululala passen.“
„Eine wirklich wundervolle Darstellung!“ schwärmte Pia. „Jene die diese Statue errichtet haben, waren wahre Künstler.“
Manuel nickte nur still und konnte seinen Blick kaum von der Statue wenden. Die Gedanken wirbelten wild in seinem Kopf herum. Flüchtige Bilder, wie aus einer fernen Erinnerung, erschienen vor seinem inneren Auge, verloren sich jedoch sogleich wieder in der Dunkelheit der Vergessens. Die widersprüchlichsten Gefühle erfassten ihn. Er konnte nicht dagegen tun und irgendwie machte ihm das Angst.
Schon immer hatte er anders gefühlt und gedacht, als die anderen Menschen um ihn herum. Er machte sich Gedanken über Dinge, welche anderen nicht einmal im Traum eingefallen wären. Immer hatte er das Gefühl gehabt, irgendwie falsch zu sein, weil nicht mal seine Eltern, ihn oftmals verstanden hatten. Erst mit Pia und Benjamin konnte er über seine Gedanken und das was er sah, richtig reden. Eine wundervolle, neue Klarheit hatte dadurch in sein Leben einziehen können, doch nun wusste Manuel wieder nicht, was er mit sich anfangen sollte. Er war ihm, als wäre er in einem Strudel gefangen, Konturen verschwammen, verloren ihre klare Linie, Gefühle und Gedanken, tanzten wild durcheinander und Manuel verstand nicht, was das alles bedeutete.