Kampf um Manuels Körper
Erzähler
Pia und Lumniuz bekamen nichts von den dramatischen Ereignissen mit, welche sich gerade abspielten. Ihre Geister schwebten, Wache haltend, über dem Körper ihres jungen Freundes. Bisher war alles ruhig geblieben. Keine Geister oder Dämonen waren aufgetaucht, um den Körper von Manuel für sich zu beanspruchen. Jetzt aber, da dessen Geist sich drohte in seinen eigenen Erinnerungen zu verlieren, war es auf einmal vorbei mit der Ruhe!
Plötzlich erschien eine weisslich schimmernde Gestalt. Sie besass keine sonderlich bedrohliche Ausstrahlung, wirkte jedoch ziemlich kraft- und energielos. Ihre eingefallenen Augenhöhlen, richteten sich verlangend auf dem Körper des 20- jährigen. Pia und der Erdgnom nahmen sofort eine beschützende Haltung ein. Der fremde Geist blickte nervös auf die beiden Wächter, doch immer wieder glitt sein Blick zurück zu Manuels Körper. „Bitte lasst mich doch in ihn hereinschlüpfen!“ flehte er nun. „Er wird ja doch nicht mehr zurückkehren, er hat sich bereits in seiner Vergangenheit verloren.“
Pia schaute den Geist entsetzt an, dann rief sie „Nein! Das kann nicht stimmen! Manuel ist stark und er ist weiser, als wir alle es vermutlich sind. Er wird sich nicht verlieren.“
„Da wäre ich nicht so sicher. Nun kommt schon! Ich bin wirklich kein schlechter Kerl. Wäre doch so schade um diesen wunderschönen, vitalen Körper, wenn er verschwendet würde. Ich werde ihn mit Liebe und Respekt behandeln.“
„Das kommt überhaupt nicht in Frage!“ rief Pia. „Wir sind hier um ihn zu beschützen. Wir überlassen ihn dir ganz bestimmt nicht!“
„Ach kommt, seid doch nicht so!“ bettelte der Geist in einschmeichelndem Tonfall weiter.
„Nein!“ kam Lumniuz Pia nun zur Hilfe und baute sich zwischen dem fremden Geist und Manuels Körper auf. „Wir übergeben ihn an niemandem und sollte Manuel sich, wider erwarten, wirklich verlieren, dann werden wir diesen Körper würdevoll bestatten und ganz bestimmt keinem dahergelaufenen Geist wie dir überlassen.“
„Genau!“ rief Pia nun noch lauter „Also zieh Leine! Manuel wird zurückkehren, davon bin ich überzeugt! Verschwinde endlich!“
Der Geist seufzte und richtete seinen Blick nochmals sehnsüchtig auf den jungen Körper vor sich. Dann aber verschwand er.
„Das wäre erledigt!“ meinte Pia zufrieden an Lumniuz gewandt. „Gut gemacht!“
„Wir müssen jetzt besonders vorsichtig sein,“ erwiderte dieser ernst. „Irgendetwas scheint nicht nach Plan zu verlaufen und es gibt noch schlimmere Gesellen, als diesen Geist.“
„Meinst du denn wirklich Manuel ist daran, sich zu verlieren?“ fragte die Frau besorgt. Lumniuz schwieg einen Augenblick lang nachdenklich, doch dann sprach er: „Nein, Manuel wird das schon schaffen! Es ist zwar nicht leicht, aber er ist auch kein gewöhnlicher Junge. Unser Vertrauen in ihn ist jetzt sehr wichtig und einige Gebete zum grossen Licht, könnten auch nicht schaden!“
„Dafür ist es wohl etwas zu spät!“ vernahmen sie auf einmal eine bedrohliche Stimme. Über ihren Köpfen ballte sich eine dunkle Wolke zusammen. Entsetzt beobachteten sie, wie diese immer mehr Gestalt annahm und dann griff eine dunkle Klaue nach dem Körper Manuels. Ein rotes Augenpaar, erschien nun im oberen Teil der Schattengestalt und Pia warf sich sofort über den, zu beschützenden, Körper. Die Klaue streifte sie und ein eisiger Schauder durchflutete sie, wie eine finstere Woge. Sie keuchte auf.
„Ein Dämon!“ rief Lumniuz und warf sich zwischen den bösen Geist, Pia und Manuels Körper. Knurrend wich die Schattengestalt zurück. Mit so viel Widerstand hatte er nicht gerechnet.
„Lass uns zufrieden, du… Missgeburt!“ brüllte Pia „Du wirst Manuel nie, niemals bekommen und auch uns schüchterst du nicht ein!“
Der Schatten gab nun ein hämisches Lachen von sich. „Ich denke ja gar nicht daran fortzugehen, dieser junge Körper ist genau das was ich brauche. Also übergebt in mir! Seine Seele ist sowieso fort.“
„Das glaube ich nicht! Manuel wird es schaffen!“ rief Pia.
„Oh nein, wird er nicht! Also gebt ihn mir.“ Der Dämon machte erneut eine bedrohliche Bewegung auf die beiden Wächter zu, doch diese wichen keinen Zentimeter von ihrer Position ab.
„Du kannst uns nichts anhaben, wir befinden und hier auf geweihtem Boden, wo die Kraft der Elementarfürsten und des Grossen Geistes, stark ist!“ rief Lumniuz.
„Das wird Manuel nun auch nichts mehr nützen! Nun… spürt ihr schon, wie die Unsicherheit und Angst, in eure Knochen kriecht? Ihr seid doch so schwach, so schwach! Auch Manuel ist schwach! Er ist nicht so besonders wie ihr denkt. Das was er erfahren hat, war wohl etwas zu viel für ihn, er kehrt nicht zurück.“
Pia kämpfte, mit aller Macht, gegen die aufsteigende Mutlosigkeit an, die sich tatsächlich drohte, in ihr auszubreiten und in ihrer Verzweiflung suchte sie Zuflucht beim Ewigen Licht.
„Bitte, bitte!“ betete sie stumm „Hilf uns! Hilf uns standzuhalten!“ Auf einmal durchströmte sie eine wundervolle Wärme und Zuversicht und sie trat dem Dämonen voller Entschlossenheit entgegen. Sie hob ihre Hand und diese begann auf einmal hell zu strahlen.
„Verschwinde!“ befahl sie dem bösen Geist, „du bist es, der hier schwach ist, du bist es, der Angst hat! Warum sonst würdest du einen fremden Körper für dich beanspruchen wollen! Du kannst nichts, absolut nichts tun, das uns daran hindern könnte, Manuel weiter zu beschützen. Denn er wird zurückkehren, weil wir ihn lieben und weil das Licht uns leitet!“
Tatsächlich erschien nun so etwas wie Furcht, in den Augen des Dämons und er wich vor dem Strahlen zurück, welches aus Pias Hand strömte. Als dieses ihn nun berührte, heulte er schmerzerfüllt auf.
„Geh!“ sprach Pia erneut „und kehre niemals wieder!“ Der Dämon heulte abermals und dann löste er sich einfach in Nichts auf!
Schwer atmend blieben Pia und Lumniuz zurück. Der Schreck sass ihnen noch immer in den Knochen, doch der Stolz über die gewonnene Schlacht, überwog diesen.
„Das hast du gut gemacht Pia!“ lobte der Erdgnom.
„Danke, aber es ist wohl noch nicht ausgestanden, warum sagen all diese Geister, dass Manuel nicht zurückkehren wird? Meinst du er steckt wirklich in Schwierigkeiten?“
„Es könnte sein.“
„Was können wir tun, um ihn zu stärken?“
„Ich denke, wir könnten versuchen zu seiner Seele zu sprechen, du bist ja eine besondere Vertrauensperson für ihn, vielleicht kannst du ihn ja zurückrufen.“
„Aber was soll ich denn ausrichten, wenn Malek sogar Schwierigkeiten hat ihn zu halten?“
„Innige Freundschaft bewirkt oft viel mehr als man für möglich hält, versuche es doch einfach, ich werde es auch versuchen.“
Pia nickte „nun gut, dann probiere ich ihn mal zu rufen.“
Schwach, ganz schwach, drang der eindringliche Ruf an Manuels Ohr. Er vernahm eine, ihm ganz besonders vertraute Stimme und auf einmal lichtete sich der Schleier des Vergessens etwas und er flüsterte: „Pia? Pia bist du das?“
„Manuel!“ rief seine Freundin ihm zu. „Bitte kehre zurück zu uns! Dort wo du jetzt bist, gehörst du nicht mehr hin, du gehörst jetzt zu uns! Du bist Teil unserer Familie, bitte verlass uns nicht…“ und dann hörte Manuel noch eine weitere Stimme, es war jene von Benjamin. Auch diese beschwor ihn, zurück zu kommen.
„Manuel bitte komm zurück! Wir lieben dich doch! Wir haben noch so vieles, dass wir erledigen müssen. Das Omniversum braucht uns, es braucht dich!“ „Benjamin?“
„Ja!“ rief Pias Bruder erleichtert „Hörst du mich?“
„Ja! Ich höre euch. Ich bin… so weit gereist… ich weiss nicht mehr richtig…. wer ich bin.“
„Du bist Manuel, unser bester Freund! Verliere dich nicht in alten Existenzen!“
„Es ist alles so… verwirrend, alles dreht sich im Kreis und es will einfach nicht aufhören!“
„Bleib ganz ruhig!“ erklang nun auch die ruhige, besonnene Stimme von Malek. „Alles was du gerade siehst, gehört einer längst vergangenen Zeit an. Du musst zurückkehren, in den Raum der Stille, wir warten hier auf dich.“ „Raum der Stille, das kommt mir so bekannt vor.“
„Dein Körper wartet hier auf dich Manuel! Kehre heim!“
„Aber… wie soll ich das machen? Ausserdem… mein Körper ist doch schon so alt… wäre es nicht Zeit, einen neuen Körper zu beziehen.“
„Was meinst du mit alt, Manuel?“ fragte Benjamin besorgt. „du bist doch ein 20- jähriger junger Mann, der noch auf dem Zenit seiner Lebenskraft steht.“ „Wirklich…? Aber… ich habe meinen Namen schon wieder vergessen…, wie heisse ich nochmals?“
„Manuel!“ rief Benjamin eindringlich „du heisst Manuel Collins!“
„Collins? Seltsam, ich dachte ich habe gar keinen Nachnamen.“
„Doch hast du! Nun kehre bitte zurück zu uns. Wir warten auf dich.“
„Denk einfach ganz fest an uns, dann wirst du den Weg finden,“ erklärte Malek.
„Okay, dann versuche ich es.“
„Ja tu das, das ist gut!“ rief Benjamin erleichtert. „Denk ganz fest an uns, auch an Lumniuz und Pia!“
„Pia? Oh ja, ich erinnere mich, wartet ich komme!“
In diesem Moment öffnete sich vor Manuel eine weitere Pforte und er wurde zurück in seinen Körper gezogen!
Benjamin und die anderen waren zutiefst erleichtert und Pia und Lumniuz beobachteten, wie die Seele des Jungen in seine Hülle zurückkehrte. Sie war eine leuchtende Gestalt, die in allen Farbe pulsierte und als sie zurückgekehrt war, tat Manuel einen tiefen Atemzug und erwachte!
„Er ist zurück!“ jubelte Pia und alle kehrten schlagartig, aus ihrer tiefen Trance zurück. Sie scharten sich nun um den jungen Manuel, umarmten ihn und klopften ihm voller Freude auf die Schultern.
„Du hat uns ja eine ganz schöne Angst eingejagt, Junge!“ sprach Malek zutiefst erleichtert. „ich hoffe wenigstens deine Suche war erfolgreich und du bist deinem Ursprung auf die Spur gekommen.“
Manuel blickte nun alle mit einer neuen Klarheit an und dann sprach er diese unglaublichen Worte, welche alle niemals mehr vergessen würden: „Ja, das bin ich und ich weiss nun wer ich einst war. Ich war in meinem letzten Leben… Ululala der Magier!“