Prolog
„Ich bin Rache, ich bin Wut, ich bin Kraft, ich bin Schmerz und ich bin die, welche Leiden schafft. Das alles bin ich und noch so vieles mehr. Wenn jemand einer Frau Unrecht tut, oder ihr Leid will zufügen, dann bin ich zur Stelle, ich verfolge ihn, lass ihn meine Rache spüren. Werde ihn vernichten und ihn ebenfalls lassen leiden und mich an seiner Panik weiden. Ich breche den Stab der Gerechtigkeit über ihn und er wird sich wünschen, nie geboren worden zu sein. Mein Zorn ist wie eine finstere Wolke, denn ich kenne die Finsternis, ich habe sie schon oft besucht und der Funken meiner Wut kann werden zu einer gewaltigen Glut, einer Feuersbrunst, die alles zerfrisst, die das Innen nach Aussen kehrt, bis du nackt und elend bist. Nichts wird dich mehr schützen, wenn du Frauen unrecht tust, ich habe so viel an Elend gesehen und es ist genug! Die Welt muss sich wandeln, alle haben ein Anrecht auf würdiges Leben. Ich bin Richter und Henker zugleich, so hüte dich, hüte dich wenn du Frevel tust! Meine Rache wird dich finden, denn ich bin ihre ausführende Gewalt, ich komme zu dir, schon bald, schon bald!
Wenn du meine Flügel erblickst, Flügeln von Fledermäusen gleich, werde ich auf dich herabstossen aus meinem Reich! Hörst du sie rauschen ist es schon zu spät, deine Furcht dich sogleich verrät. Mein schwarzes langes Haar, es flattert im Wind meine glühenden Augen sehen in dein Herz deine Seele hinein. Sind sie rein, wirst du bestimmt nicht mein Opfer sein. Doch sehe ich darin Verderbnis und böse Gewalt, meine Waffen vernichten, mein Kriegsruf erschallt. Ich bin schön doch schrecklich zugleich, reiss dich hinunter ins Totenreich, denn nichts… ist meinem Zorne gleich!“
1.Kapitel
Milenas Leid
Wiedermal liege ich wach, wieder einmal kann ich keine Ruhe finden! Ich fühle mich verloren, nackt und es zerreisst mich von innen. Einmal mehr, nehme ich das Messer zur Hand und nach einem tiefen Atemzug, beginne ich meine Handgelenke damit zu ritzen… Mein Atem geht schwer, ich spüre Tränen in mir, die doch nicht herausbrechen wollen. Wieviel habe ich schon geweint, still ohne jemals das salzige Nass wahrer Tränen auf meinen Wangen zu spüren. Ich weiss schon lang nicht mehr, wie sich wirkliches Weinen anfühlt und das ist es auch, was mich so wahnsinnig, was mich so verrückt macht und mich dazu bringt, immer noch etwas tiefer in mein Fleisch zu schneiden. Die Schmerzen werden stärker, Blut fliesst aus mir heraus, als Ersatz für die Tränen, die ich nicht mehr weinen kann. Und während das Blut fliesst, glaube ich der Druck auf mein Herz, der Druck auf meine Seele, lässt ein wenig nach.
Doch dann kommen wieder diese dunklen Bilder in meinen Kopf, Bilder von ihm, von seinem Gesicht, das für mich nun mehr eine Fratze ist, eine Fratze von einem Monster, dass ich doch so hasse, von dem ich mich aber trotzdem nicht befreien kann. Ich schaue in den Spiegel, mein Gesicht ist blass, alle Farbe ist aus ihm gewichen und das Blut fliesst weiter aus den Gelenken meiner zitternden Hände. Eigentlich will ich nicht sterben, eigentlich schreie ich nach Leben doch nach was für einem Leben? Ich habe schon meine Sehnsüchte, meine Wünsche. Mein Herz scheint zu wissen was wirkliches Leben wäre. Doch mein Körper, ja gar meine Seele scheint es verlernt zu haben. Das was ich hier führe, ist kein wahres Leben und das macht mich noch wahnsinniger. Ich bin wie gelähmt und während die Dunkelheit mich wieder ganz einzuhüllen, meine Abscheu vor ihm mich wieder unsäglich zu quälen beginnt, schneide ich weiter und weiter. Blut tropft herab, langsam und stetig… ich fürchte wenn das so weitergeht, werde ich eine Tages noch zu tief schneiden. Aber wäre das wirklich so schlecht? Ich weiss es langsam nicht mehr. Denn es gibt Momente, da glaube ich alles wäre besser, als dieses Leben und sei es auch der Tod. Endlich habe ich mich geschafft von ihm zu trennen, nach sieben Jahren der Qual, nach sieben Jahren, da es mich misshandelt, mich missbraucht und mich sogar an andere Männer verschachert hatte. Doch er lässt mich einfach noch immer nicht in Ruhe, er erniedrigt mich, er sagt mir, dass ich nichts wert bin und mir all dieses Elend selbst zuzuschreiben habe. Stimmt das wirklich? Habe ich mir das selbst zuzuschreiben? Was hätte ich anders machen müssen, damit er mich besser behandelt. Gerade war ich bei ihm, ich wollte nur noch meine letzten Kleider abholen, doch dann fiel er erneut über mich her. Oh nein! Ich werde noch wahnsinnig! Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr! Ich muss mich von ihm befreien. Die wenigen Leute denen ich mich offenbarte, sagen mir, ich solle ihn endlich anzeigen, endlich etwas tun, dass er aufhört. Doch… ich habe es noch immer nicht geschafft. Und so schneide ich weiter und weiter, ich will endlich dieses Leid, diese Kälte, diese Verzweiflung aus mir heraus schneiden. Ich will meine Unfähigkeit aus mir herausschneiden, weil ich ihn nicht endlich anzeige, mich endlich von ihm befreie, denn er ist der Ursprung allen Übels in meinem Leben! Schon seit ich 14 bin, schwebt sein Schatten nun über mir! Ein dunkler Vogel mit Krallen, die mich innen und auch aussen immer mehr zerreissen. Mein Körper fühlt sich schon tot an, denn dieser Mann ist ein schrecklicher Teil von mir geworden, ein Teil von dem ich mich einfach nicht zu befreien vermag, denn wie kann man einen Teil von sich selbst herausreissen? Ich versuche es wenigstens, ich versuche ihn aus mir heraus zu schneiden, mit einem Messer… dem Messer, dass ich gerade in der Hand halte. Und noch während ich schneide weiss ich, dass ich es eigentlich nicht tun sollte. Dennoch tue ich es… immer und immer wieder… Jeden Abend, jede Nacht wenn es nichts mehr weiter gibt, ausser mir allein und meiner endlosen Einsamkeit, die mich immer mehr ins Dunkel zu führen scheint…