Die Sonne schien hell vom Himmel, als das Team und die kleine Familie am nächsten Tag aufwachten und ihre Reise fortsetzten. Sie gingen eine Weile den schmalen Pass entlang, bis sie schließlich an eine Stelle kamen, wo der Weg von den beiden Seen, die eigentlich links und rechts vom Pass lagen, unterbrochen wurde. "Und was jetzt?", fragte Sokka und Katara trat vor. Mit einer Handbewegung teilte sie die Wasserfläche vor ihnen. "Ich kann uns den Weg Stück für Stück freibändigen, so dass wir trocken hinüber gehen können", meinte sie. "D-du…du meinst mit Wasser um uns herum?", fragte En-Die sie und das Mädchen nickte. Der Schatten blickte auf die Wassermassen, die sich um Katara herum auftürmten und ein Schauer lief ihm über den Rücken. "Nein danke, ich finde schon einen anderen Weg", meinte er bestimmt. Toph runzelte die Stirn. "Es gibt keinen anderen Weg", widersprach die Erdbändigerin ihrem Freund. "Komm schon En-Die, ich werde Katara helfen, dann kann uns wirklich nichts passieren", ermutigte Aang ihn, doch der Schatten schüttelte weiter den Kopf. "En-Die, das ist die einzige Möglichkeit. Wir müssen irgendwie durch dieses Wasser. Ansonsten kannst du gerne zurück zum Hafen gehen und dort warten, bis die nächste Fähre kommt, was nicht so bald passieren wird", meinte Suki. Der Schatten schluckte heftig. "Na schön, aber wenn ich sterbe, dann werde ich euch das nie verzeihen", kündigte er an und Sokka grinste. "Klingt gut, los geht’s", meinte der junge Wasserstammkrieger. Katara ging voran und bändigte das Wasser aus dem Weg, Aang bildete das Schlusslicht und half der Wasserbändigerin. Bald waren sie komplett unter Wasser und die beiden Bändiger sorgten mit rhythmischen Bewegungen dafür, dass sie in einer Art Blase über den Seeboden gehen konnten. En-Die der in der Mitte ging, wo die Luftblase am höchsten und breitesten war, sandte ein Stoßgebet nach dem anderen zum Himmel. "Bei all meinen Ahnen, bei Raava, du lieber Himmel, ich würde sogar Vaatus Schutz annehmen, lass das gut gehen, ich flehe euch an…" "Um Himmels willen En-Die! Jetzt halt mal die Luft an, da kann sich ja kein Mensch konzentrieren!", rief Katara genervt und der Schatten wurde augenblicklich still. "Liebe Güte, er muss ja echt Angst haben", murmelte Toph. "En-Die verträgt kein Wasser", erklärte Aang, der hinter ihr ging. "Für ihn ist das so, als würde er Säure berühren." Der kleine Fluglemur Momo, der bis jetzt auf Tophs Schulter gesessen hatte, konnte sich nun beim Anblick all der Fische, die an ihnen vorbeischwammen nicht mehr halten. Er sprang in die Wasserwand neben ihnen und schwamm den Tieren hinterher. "Momo ist da anscheinend ganz anderer Meinung", kicherte das Mädchen. Doch plötzlich platschte es neben ihr und der Lemur war wieder auf ihrer Schulter, wobei er aufgeregt quietschte. "Was ist denn los?", fragte Aang, doch im nächsten Moment wurde seine Frage bereits beantwortet, als ein dunkler Schatten auf sie fiel. Bevor die Gruppe reagieren konnte brach ein riesenhafter Körper durch die Wasserwand und Aang und Katara konnten ihr Bändigen nicht mehr aufrechthalten. Die Blase fiel in sich zusammen und die Wassermassen fielen auf sie herab. Toph reagierte blitzschnell und ließ den Boden unter ihnen in die Höhe schießen, so dass sie wieder nach oben befördert wurden.
Sie durchbrachen die Wasseroberfläche und schnappten hektisch nach Luft. Die Insel, die Toph für sie gebändigt hatte bot gerade mal genug Platz, um darauf zu stehen und sie waren immer noch weit vom anderen Ufer entfernt. En-Die lag stöhnend auf dem Boden. Rauch stieg von ihm auf und sein ganzer Körper wirkte, als ob er Verbrennung dritten Grades erlitten hätte. "En-Die!", rief Katara entsetzt und kniete sich neben ihn. "Was mach ich denn jetzt, was mach ich denn jetzt? Ich kann ihn doch nicht mit meinem Wasser heilen!", rief die Wasserbändigerin panisch. "Das wird wieder", keuchte der Schatten. "Mein Plasma braucht nur kurz, um mich zu regenerieren. In fünfzehn Minuten kann ich wieder aufstehen." Suki sah auf das Wasser, welches bedrohlich blubberte. "Irgendetwas sagt mir, dass du nicht so lange Zeit hast", meinte sie. Neben ihnen brach der gigantische Kopf des Wesens durch die Wasseroberfläche, welches ihre Blase zum Einstürzen gebracht hatte. Eine riesige Seeschlange türmte sich über ihnen auf und brüllte laut. "Ich glaube ich weiß jetzt, warum der Pass Schlangenpass genannt wird", piepste Sokka. "Katara, schaff die anderen hier weg!", rief Aang. "Ich lenke das Viech ab!" Mit diesen Worten flog der Avatar los und verpasste der Kreatur einen heftigen Luftstoß. Wütend verfolgte das Seemonster den Jungen und ließ die anderen zurück. Katara nutzte die Gelegenheit und ließ das Wasser vor ihnen einfrieren, so dass sich ein Weg bis zum anderen Ufer bildete. En-Die lächelte gequält. "Das hättest du nicht früher machen können, hab ich recht?", stöhnte er, doch dann wurde er wieder ernst. "Geht voran, ich komme nach, sobald ich kann." Die anderen nickten und gingen über die Eisfläche. Katara stürmte währenddessen los, um Aang zu helfen. Als letzte blieb nur mehr Toph zurück, die prüfend einen Fuß auf das Eis setzte. "Wisst ihr was, ich bleibe doch lieber auf meiner Insel, wo ich etwas sehen kann!", rief sie hinüber. Wie aufs Stichwort knallte der gigantische Körper der Seeschlange auf den Steinboden hinter ihr und sie sprang erschrocken auf das Eis. "Ah, okay ich komme!" Sokka stand auf der anderen Seite und rief ihr zu: "Sehr gut Toph, folge einfach dem Klang meiner Stimme!" "Ja, die ist kaum zu überhören." En-Die beobachtete seine Freundin, die sich langsam zum sicheren Ufer tastete. Plötzlich und ohne Vorwarnung donnerte die Seeschlange in den Eisweg und zersplitterte ihn in tausend Einzelteile. Toph fiel ins Wasser und begann wild zu strampeln. "Hilfe, ich kann nicht schwimmen!", rief sie panisch. En-Die blickte entsetzt auf das Mädchen und seine Augen leuchteten auf. Grenzenlose Wut stieg in ihm auf und er stand unter Höllenqualen auf. "Du teuflisches Gewässer! Du nimmst mir meine Familie nicht!", rief er und eine gewaltige Druckwelle ging von ihm aus, die Toph in Richtung Ufer schwemmte. Vollkommen außer Atem sank En-Die auf die Knie. "Ihr müsst Toph retten", hauchte der Schatten, dann kollabierte er. Inzwischen war Suki ins Wasser gesprungen und schwamm zu Toph. Gerade noch rechtzeitig erreichte die Kyoshi-Kriegerin ihre Freundin und half ihr, über Wasser zu bleiben. "Oh Sokka, du hast mich gerettet!", rief das Mädchen und gab Suki einen Kuss auf die Wange. "Äh…eigentlich…bin ich es Toph", meinte Suki und Toph zuckte zurück. "Oh...okay…", meinte sie und wurde rot. "Du kannst mich jetzt ruhig ertrinken lassen." Aang und Katara hatten um die Wasserschlange inzwischen einen Strudel gebildet, welcher das Untier wild umherschleuderte und es schlussendlich so hart gegen den Schlangenpass knallen ließ, dass es bewusstlos ins Wasser zurücksank.
En-Die öffnete die Augen und erkannte verschwommen, dass Aang sich über ihn beugte. "Deine Wunden sind wirklich geheilt", hallte die Stimme des Avatars. "Wo sind wir denn gerade?", fragte der Schatten benommen. "Ich habe dich ans Ufer gebracht, nachdem wir die Seeschlange besiegt hatten", erklärte der Junge ihm. Mühsam rappelte En-Die sich auf und Aang stützte ihn, bis er sicher auf beiden Beinen stand. "Wie lange war ich denn bewusstlos?", fragte der Schatten seinen Freund. "Ein paar Stunden. Deine Verbrennungen haben länger gedauert, als du gesagt hast", erzählte dieser. "Ich habe eine Menge Energie verloren, als ich die Druckwelle…die Druckwelle…", murmelte En-Die. Im nächsten Moment riss die Augen auf. "Die Druckwelle! Was ist mit Toph? Ist sie in Ordnung?" "Es geht allen gut", beruhigte Aang ihn. "Auch unserem neusten Mitglied." "Neusten Mitglied?", fragte En-Die verwirrt nach. Aang deutete auf die kleine Familie, die sie eskortiert hatten und der Schatten erkannte, dass die Mutter ein kleines Kind in ihren Armen hielt. "Na sieh mal einer an", murmelte der Schatten und trat zu ihnen. Seine Augen flammten auf, als er das Mädchen ansah. "Ihre Aura ist sehr stark", meinte er. "Wie ist ihr Name?" "Hope", antwortete der Vater der Familie. "Ein guter Name. Was ich jetzt tue habe ich schon seit vielen Jahren nicht mehr getan. Ich glaube sogar, dass du die Letzte warst, bei der ich das getan habe Toph", meinte der Schatten und die Erdbändigerin sah ihn mit ihren blinden Augen überrascht an. Bevor sie jedoch fragen konnte, zwinkerte der Schatten ihr zu. Er streckte seine Hand aus, welche violett zu leuchten begann. "Wir Schatten hatten stets die Tradition, unseren Kindern unsere Energie weiterzugeben, damit sie gesund aufwachsen können. Ich habe vor fünfhundert Jahren, als ich anfing herumzureisen, begonnen, dies auch bei den Menschen zu tun. Und so gebe ich dir nun, kleine Hope, etwas von meiner Energie, damit du zu einer glücklichen, schönen und gesunden Frau heranwachsen kannst", sprach En-Die und kleine Energiefäden schlängelten sich zu dem Mädchen, welches sie verspielt einfangen wollte. En-Die kappte die Verbindung wieder und trat zurück, wobei er vor den Eltern den Kopf neigte. "Wir danken Euch", flüsterte die Mutter und er nickte leicht. Bevor er sich jedoch von der Gruppe entfernen konnte, hielt Toph ihn auf. "Warte! Du sagtest, dass du das auch mit mir gemacht hast. Was hast du damit gemeint?", fragte sie ihn neugierig. "Du hast es inzwischen sicher schon begriffen. Ich habe dich früher schon mal getroffen", antwortete er ihr. "Aber das ist eine andere Geschichte."