"Katara, kannst du mal kurz vorkommen?", fragte En-Die und die Wasserbändigerin robbte sich im Sattel nach vorne. Ohne Worte deutete der Schatten auf einen gigantischen Wasserfall und das Mädchen verstand sofort. Schnell bändigte sie die Wassermassen, so dass sie trocken passieren konnten. Auf der anderen Seite landeten sie in einer riesigen Höhle, in welcher eine gewaltige Festung aus roten Steinen stand. Eine dicke Mauer mit drei großen rostroten Gittertoren, die in regelmäßigen Abständen Eingänge in die Stadt bildeten, sperrte den Blick ins Innere der Höhle ab. Doch Team Avatar konnte von Appa aus dennoch Häuser erkennen, die in die Felswände eingearbeitet worden waren. Einige Häuser standen auch normal auf dem Boden und wieder andere hingen von der Decke und hatten ihre Dächer am unteren Ende. Von dem größten Tor, welches sich in der Mitte befand, führte eine große Straße in die Stadt hinein, an deren Ende in der Mitte der hinteren Wand ein prachtvoller Turm stand, der mit Statuen und Rubinen überzogen war und bis in Decke hineinragte. "Wahnsinn", hauchte Aang und auch die anderen sahen sich ungläubig um. En-Die landete Appa auf einem steinernen Steg vor dem mittleren Tor, von dem auch ein Pfad hinter dem Wasserfall hindurchführte. Augenblicklich öffnete sich das Gitter und mehrere Leute kamen auf sie zu. Sie trugen schwarze Uniformen mit roten Stickereien und schwarzen Umhängen, die jeweils eine Kapuze hatten, welche sie jedoch nicht aufgesetzt hatten. Die Augen der Uniformierten leuchteten rot, genau wie Leilas. Diese sprang als erstes von Appa und die Leute, die gekommen waren, knieten nieder. "Willkommen zurück Lady Leila", begrüßte der vorderste sie, ein Mann mit einem schwarzen Schnauzer und blasser Haut. "Danke Noctur", antwortete sie ihm lächelnd, wobei ihre spitzen Zähne aufblitzten. "Noctur, altes Haus!", rief En-Die, der nun ebenfalls von dem Luftbison gesprungen war. "Der letzte Schatten!", rief Noctur lachend und die beiden traten sich gegenüber. Sie sahen sich kurz an, dann umarmten sie sich herzlich und klopften sich auf die Schulter, wobei der Blutsauger deutliche Probleme wegen En-Dies Größe hatte. Die anderen kamen nun ebenfalls von Appas Rücken herab. "Und wer sind die anderen Mylady?", fragte Noctur Leila. "Das sind der Avatar und seine Freunde", stellte die Blutsaugerin sie vor. Noctur senkte leicht den Kopf vor dem Jungen. "Willkommen in der blutenden Stadt, Avatar Aang. Wir haben Kunde von Eurem Ableben erhalten, doch Euch lebend hier vor mir zu sehen, erfreut mein sonst so kaltes Herz", begrüßte er ihn und Aang verbeugte sich ebenfalls leicht. "Ich bin gekommen, um Sanchandra zu holen. Ich muss mich vorübergehend von dem Team trennen, um etwas zu überprüfen", beantwortete En-Die nun die unausgesprochene Frage, die sich alle stellten. Damit pfiff er einmal, dass es in der ganzen Höhle widerhallte. Ein Poltern war zu hören, als würde etwas aufgestoßen werden und gleich darauf schallte ein klackerndes Geräusch durch die Höhle. Plötzlich bog ein großer goldener Skorpion um die Ecke und stürmte durch das offene Tor auf die Gruppe zu. Katara, Sokka und Toph zuckten zusammen, als das riesige Tier nur wenige Meter vor ihnen zum Stehen kam. Die Erdbändigerin spürte die Vibrationen, die von ihr ausgingen und starrte mit ihren blinden Augen entgeistert auf Sanchandra. Auch Katara und Sokka wollten ihren Augen nicht so recht trauen, als En-Dies legendäres Reittier nun leibhaftig vor ihnen stand. So viele Geschichten hatten sie über den goldenen Skorpion gehört, doch gesehen hatten sie ihn noch nie. "Ja, wer ist ein feines Mädchen? Wer ist ein feines Mädchen?", fragte En-Die Sanchandra, die aufgeregt herumtrappelte und sich an ihren Herrn schmiegte. "Sanchandra, erinnerst du dich noch an Aang?", fragte er dann und der Skorpion klackte mit den Kieferzangen, als er näher an den Luftbändiger herantrat und ihn anstupste. "Hallo Sanchandra", lachte Aang. Toph kam fasziniert näher. "Das sind Freunde", beruhigte En-Die sein Reittier, als dieses bedrohlich mit seinem Giftstachel wankte. Vorsichtig legte die Erdbändigerin eine Hand auf den goldenen Panzer des Tieres. "Wahnsinn", hauchte sie, als sie ihren Atem spürte. "Wir müssen jetzt los", meinte En-Die und beendete so das Staunen der Kinder. "Wohin willst du eigentlich?", fragte Leila ihren Freund. "Nach BaSingSe in meine Höhle. Ich muss dort etwas nachschlagen", antwortete der Schatten. "Wo werden wir dich treffen?", fragte Katara. "Ich werde euch finden. Auf mein Mädchen!" Damit gab er Sanchandra die Sporen und der Skorpion brüllte laut, bevor er lospreschte. Gleich darauf waren die beiden hinter der ersten Kurve der Wasserfallpfades verschwunden.
Leila führte ihre Freunde, gemeinsam mit ihrer Leibwache durch die breite Hauptstraße der blutenden Stadt. Sie wirkte, wie ein einziger großer Marktplatz und es gab viele Stände, die Kleidung, Bücher und Schmuck verkauften. Die Nahrungsmittel, die die Kinder erkennen konnten waren Fleisch und an vielen Ständen auch kleine Fläschchen, die mit einer roten Flüssigkeit gefüllt waren. Die Leute hinter den Ständen und auch die Käufer und Passanten hielten inne, als sie durchkamen und verbeugten sich respektvoll. "Leila, sind diese Leute hier alle…Blutsauger?", fragte Katara leise. "Ganz richtig Katara", antwortete Leila ihrer Freundin. "Die Menschen leben in einem eigenen Bereich der Stadt. Der Turm da hinten ist nicht nur mein Zuhause, er führt auch durch den Felsen nach oben ins Freie, wo die Menschen dieser Stadt leben. Wir haben ihren Stadtteil wie eine gigantische Brücke über den Fluss gebaut, der den Wasserfall speist", erklärte das Mädchen weiter. "Und alle vertragen sich?", fragte Sokka beeindruckt. "Das habe ich bewerkstelligt. Hier im Gebirge leben wir friedlich nebeneinander. Wir Blutsauger beschützen sie vor wilden Tieren, helfen ihnen bei der Jagd und beim Bauen neuer Häuser und sie geben uns dafür monatlich etwas von ihrem Blut, was ihr hier sehen könnt." Damit deutete Leila auf die Stände. "Haha", meinte Toph. "Tut mir leid." "Warte, du willst behaupten, dass das da echtes Menschenblut ist?", fragte Katara ungläubig. "Es ist alles dabei, von Tieren bis hin zu Menschen und die sind nochmal eingeteilt in Rothaarige, Braunhaarige, und so weiter, aber auch Eigenschaften, wie Impulsive, Ruhige, oder so. Für euch mag es nur Blut sein, aber für uns ist es sehr verschieden, je nachdem, was wem schmeckt." Die Wasserbändigerin sah mit gemischten Gefühlen auf die Fläschchen. "Willst du es mal kosten?", neckte Leila sie und Katara zuckte zusammen. "Ich habe die Macht, Menschen in Blutsauger zu verwandeln, falls sie mich darum bitten." "Nein, nein und nochmals nein!", rief Katara und die Blutsauger um sie herum lachten. "Ich habe nur gescherzt", kicherte Leila. "Ich könnte mir niemals vorstellen, Blut zu trinken", murmelte Sokka nun "Man gewöhnt sich bald daran, wenn man nichts anderes mehr zu sich nehmen kann. Bevor du dich versiehst wirst du hungriger und hungriger und dann beginnt es doch plötzlich ganz gut zu riechen, bis du dich nicht mehr kontrollieren kannst und dann…HAPP!" Die beiden Geschwister zuckten zurück, als Leila sich plötzlich umdrehte und ihre Zähne zusammenklackte. Aang musste lachen, als er die Gesichter der beiden sah und Toph tat es ihm gleich. "Aber so etwas kann hier nicht passieren, weil wir ja alle regelmäßig trinken", meinte Leila und ging weiter, als wäre nichts geschehen. "Wenn man es recht bedenkt, dann ist das sogar eine Flüssigkeit. Ich wette mit ein bisschen Übung oder so könntest du es vielleicht sogar bändigen Katara." Das Mädchen sah die Blutsaugerin entsetzt an. "Blut bändigen wie Wasser? Das würde ich niemals tun!", rief sie. Sie hatten inzwischen den Turm erreicht und standen vor dem gewaltigen roten Tor, welches sich knarrend öffnete. Eine große Halle wurde sichtbar, die, gestützt auf einige rote Marmorsäulen, weit in den Fels hineinragte. An der hinteren Wand stand ein Thron, der scheinbar aus einem riesigen Rubin geschliffen worden war. Während sie dorthin gingen bestaunten die Kinder alle die große Halle. "Wie lange es gedauert haben muss, das alles zu bauen", flüsterte Aang. "Ein paar Jahrzehnte werden schon draufgegangen sein", meinte Noctur. Beim Thron angekommen legten zwei Dienerinnen in wunderschönen Kleidern Leila einen roten Samtumhang an und setzten ihr ein Kristalldiadem auf. Zu guter Letzt überreichten sie ihr einen langen kunstvollen silbernen Stab, in dessen Spitze ein funkelnder Rubin eingearbeitet worden war und stellten sich dann links und rechts von dem Thron auf. Leila setzte sich auf den Thron und ihre Freunde erkannten sie fast nicht mehr wieder. "Ich heiße euch herzlich willkommen, in meinem Königreich!", rief die Blutsaugerin feierlich. "Hier sind wir sicher, egal wie lange wir bleiben." Sie klackte einmal mit dem Stab auf den Boden. "Noctur, heute Abend geben wir ein Festmahl!" Der Blutsauger verbeugte sich leicht. "Wenn Ihr Festmahl sagt, meint Ihr da, ein richtiges Festmahl?", fragte er und sie nickte. "Wie Ihr wünscht, ich werde mich umgehend nach oben aufmachen." "Ich…ich würde gerne mitkommen", meinte Katara und Sokka schloss sich ihr an. "Ja, das würde mich auch interessieren", meinte er. "Dann begleitet mich ruhig", schlug Noctur vor und die beiden nahmen dankend an. "Was ist mit euch?", fragte Katara dann mit einem Blick auf Toph und Aang. "Ich will mich lieber etwas ausruhen", meinte die Erdbändigerin und Aang stimmte ihr zu. Ein schelmisches Grinsen breitete sich auf Leilas Gesicht aus und ihre spitzen Eckzähne glitzerten im Schein der Fackeln und Laternen. "Dann habe ich genau das richtige für euch!"