„Mein Herr?“
Dark blickte finster zu seinem Diener.
Es gab Tage, da ging ihm diese Speichelleckerei wirklich auf die Nerven.
Keiner wagte, ihm offen die Stirn zu bieten. Dafür war er einfach zu sehr gefürchtet. Was auch daran lag, wie sich der Lord in der Vergangenheit aufgeführt hatte.
Gut, dass es die Winterdämonen gab. Die sorgten wenigstens für etwas Abwechslung, und so musste er sich zumindest nicht ständig zu Tode langweilen.
Da er also kein besseres Personal finden würde, würde er sich wohl oder übel mit Symar als seinen persönlichen Ratgeber zufriedengeben.
Was aber nicht hieß, dass er besonders freundlich zu ihm sein musste.
„Was ist los?“, knurrte er deshalb.
Davon abgesehen, hatte ihn sein Bediensteter gerade gestört. War er doch gerade damit beschäftigt gewesen, sich ausgiebig im Spiegel zu betrachten.
Die Magie, die in ihm wohnte, hatte wirklich auch optisch seine Vorteile. Nicht nur die makellose Haut – auch sein schulterlanges schwarzes Haar glänzte stets und wurde nie spröde oder trocken. Dazu noch die perfekt geschwungenen Lippen und hypnotisierend wirkende, dunkle Augen.
Er wusste, dass er durchaus attraktiv wirkte. Und es gab genug Frauen, die mehr als willig gewesen wären, mit ihm das Bett zu teilen.
Was allerdings nicht in seinem Sinne war. Sie interessierten ihn nicht. Und er wollte sich nicht manipulieren lassen. Denn er wusste, keiner umgarnte ihn, weil echte Sympathie oder gar Liebe im Spiel war. Es war die Sucht nach Macht, die die Damen antrieb.
Glücklicherweise kam dies in den letzten Jahren nicht mehr vor. Er hatte deutlich zu verstehen gegeben, was er mit all diesen falschen Schlangen tun würde, sollten sie sich ihm noch einmal in entsprechender Weise zu nähern versuchen. Er begehrte keine von ihnen, und das würde auf absehbare Zeit auch so bleiben.
Viel lieber zog er sich doch seine schwarze Rüstung an und zog in die Schlacht.
„Mylord, unsere Späher berichten Seltsames.“ Der kleine Mann schluckte unbehaglich.
„Betrifft es uns?“, kam seine genervte Frage.
Eigentlich hätte er sich ja freuen können – Seltsames konnte ja auch etwas Abwechslung bedeuten, ein wenig Spannung in seinem dürftiges Leben.
Leider war der gnädige Herr jedoch im Augenblick in einer äußerst schlechten Laune. Davon abgesehen, fanden seine Spione ständig irgendetwas seltsam oder beunruhigend. Meist waren dies dann nur Ausläufer seiner oder einer anderen Magie. Für nicht Zauberkundige meist beeindruckend, aber dann eben doch harmlos. Viel Piff Paff um nichts.
Symar räusperte sich unbehaglich, bevor er fortfuhr: „Es scheinen einige Geister in Belletristica herumzuspuken, Herr Dark.“
„Geister?“ Der junge Mann runzelte die Stirn. „Sicher, dass hier keiner der Soldaten etwas über den Durst getrunken hat?“
„Nein, dafür sind es zu viele und die Berichte ähneln sich zu sehr.“ Unbehaglich blickte der Diener sich umher, als wolle er sich vergewissern, keine ungebetenen Zuhörer zu haben. „Weiter sind auch noch einige der Elfen verschwunden.“
Dark horchte auf. Das Ganze schien noch doch interessanter zu sein als zuerst gedacht. „Wer ist alles verschwunden?“
„Also die Hauptelfen, die sind noch da. Ebenfalls Euer Namensvetter Ben, der dunkle Lord.“
Der Lord schnaubte unwillig. „War das meine Frage?“
„Nein, Sir.“ Der Ältere fiel merklich in sich zusammen. „Ihr wolltet wissen… also, die rangniedrigsten, die sind weg. Jene, die kaum öffentlich in Erscheinung treten, aber dennoch wichtig für den Elfenstaat sind.“
Dark reagierte äußerlich nicht. Er zweifelte zwar daran, dass es bei diesen Wesen tatsächlich so etwas wie eine Hierarchie gab oder gar einen Staat. Schließlich waren es keine Menschen. Aber es erschien ihm als zu unwichtig, um den alten Mann aufzuklären.
Wenn nun aber tatsächlich welche dieser Fabelwesen verschwanden und seltsame Geister auftauchten, so sprach alles dafür, dass da mehr dahintersteckte. Verwandelten sich die Feen etwa zu Gespenster?
Andererseits konnte er noch immer nicht ausschließen, dass das alle doch irgendein Humbug irgendwelcher Irren war.
Trotzdem konnte es wohl wert sein, mehr darüber zu erfahren.
„Also schön Symar. Ich bin bereit, dir zuzuhören.“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, welches jedoch seine Augen nicht erreichte und dadurch kalt blieb und eher abschreckend wirkte.
Allerdings begleitete der Diener den schwarzen Lord bereits lange genug, um zu wissen, dass dies vielmehr eine Aufforderung darstellte, von den Geschehnissen zu berichten. Er fürchte seinen Herrn; und doch hatte er sich ein Stück weit an die Wechselhaftigkeit seines Wesens gewöhnt.
So strammte Symar seine Schultern und ignorierte das leichte Frösteln, welches ihm angesichts des lauernden Blicks des anderen überkam.
Mit leiser Stimme begann er zu berichten, was die Späher gesehen und gehört hatten.