Liebes Tagebuch.
Heute möchte ich dir von meinem ersten offiziellen Auftritt erzählen.
Da mein alter Freund T. heute jedoch furchtbar unruhig ist und ständig mit den Hufen scharrt, werde ich mich um ihn kümmern müssen und weniger Zeit haben. Daher werde ich dieses Erlebnis wohl in mehreren Etappen erzählen müssen.
Namen werde ich nicht nennen. Sicher vergesse ich sonst den einen oder anderen. Also lasse ich es lieber.
Nun denn.
Am Montag, den 18.02.19, erschien es mir eine gute Gelegenheit. Die Gaststube war voll und es fand eine rege Unterhaltung statt. Also klopfte ich höflich an und betrat den Raum.
Wie schon zuvor beschlossen, hatte ich mich mit meinem Nachnamen vorgestellt. Manche nennen mich ja auch Senor de la Vega, aber dies ist nicht durchgängig, daher ließ ich es einfach weg. Ich wollte den Besuchern nicht als angeberisch erscheinen und ich weiß weiter nicht, wie sie gegenüber dem Adel eingestellt sind.
Anhand meiner Kleidung hätten sie wohl erkennen können, dass ich aus gutem Hause stamme. Vermutlich haben sie einfach nicht darauf geachtet.
Die Gäste der Taverne sind schon ein verrückter Haufen. Ich konnte neben Menschen auch Tiere und Geister entdecken.
Darüber werde ich an anderer Stelle berichten. Denn diese Fee, die ich vor meiner Abreise gesehen und für den Auswuchs meiner Fantasie gehalten hatte, gibt es tatsächlich. Neben anderen ungewöhnlichen Dingen und Wesen.
Aber zurück zu dem besagten Abend. Natürlich waren die Leute - oder sagen wir besser die Gestalten – durchaus neugierig und ich musste die eine oder andere Frage beantworten. Ich habe diese auch ehrlich beantwortet. Natürlich habe ich nicht ALLES erzählt und musste mir dabei oft das Grinsen verkneifen.
Eine meiner Aussagen war, dass wir in Los Angeles Probleme aufgrund Korruption hatten. Was natürlich so nicht gelogen ist. Eher wohl maßlos untertrieben. Aber keiner fragte weiter nach, also kam ich hier auch nicht in Verlegenheit mir eine Erwiderung auszudenken, die möglichst nahe an der Wahrheit lag, aber nicht zu viel verriet.
Und dann die Frage nach meiner Tätigkeit dort.
Ich hatte wohl zu viel von dem Tavernen Alkohol erwischt. Auf jeden Fall konnte ich ein Räuspern nicht rechtzeitig unterdrücken bei meiner Antwort, beschäftigt gewesen zu sein.
Madre de Dios, gibt es eine dümmere Reaktion? Sonst bin ich doch auch nicht so schlecht darin, mich zu verstellen.
Meine vage Ergänzung mit Kunst, Tanzen und Lesen meine Zeit vertrieben zu haben, schien den Gäste aber dann zu genügen. Glücklicherweise. Denn wie du weißt, geheimes Tagebuch, ist das nur die halbe Wahrheit.
Etwas später kam das Thema auf kurze Nächte und wenig Schlaf.
Da ich im Laufe des Gesprächs immer mehr den Eindruck gewonnen hatte, das meine Gesprächspartner absolut ahnungslos waren, beschloss ich, sie ein wenig zu testen. Ich erwähnte, auch selbst in Los Angeles die Nächte über oft wach gewesen zu sein. Gespannt wartete ich ab. Sicher würden doch Nachfragen kommen? Was ich denn so nachts getrieben hätte?
Nein, diese kamen nicht. Ich wartete vergebens.
Damit keiner mein zufriedenes Lächeln sehen konnte, ging ich unauffällig zur Bar und mixte mir einen Cocktail.