Prolog
Ana stand in der Küche und packte Vesper für ihre vier jährige Tochter ein. Heute waren die Sommerferien vorbei und somit begann wieder der stressige Alltag für sie. Zum Glück war sie nicht alleine. Ihr bester Freund, der inzwischen wie ein Bruder für sie war, half ihr so gut wie er konnte. Sie legte das Brot, welches sie selbst gebacken hatte, in die Vesperbox und in die etwas kleineren packte sie Paprika und Trauben ein. Rote Paprika liebte ihre Tochter. Die drei Dosen kamen in den Hello Kitty Rucksack. „Teo? Nala? Seid ihr…“ Sie hielt inne, als sie im Flur ankam. Die Strickjacke von Ana und die Neonpinke Regenjacke von Nala lagen auf dem Boden, sowie Anas Sandalen und Sneakers. Ein Regenschirm war ebenfalls aufgeklappt. „Es ist irgendwie passiert“, sagte Teo schuldbewusst, daraufhin kicherte Nala. Ein Fuß steckte bereits in ihren weißen Schuhen mit den Schmetterlingen darauf. „Matteo Ericson. Du bist der Erwachsene hier. Du hattest eine ganz einfache Aufgabe und zwar Nala beim Anziehen helfen.“ Ana sprach Teo jedes Mal mit seinem vollen Namen an, wenn er nichts ernst nahm. Sein Spitzname war durch Nala entstanden. Als sie noch sehr klein war, konnte sie Matteo nicht aussprechen. Letztendlich war aus Matteo, Teo geworden. „Nala, Süße ziehst du bitte deinen anderen Schuh auch noch an?“ Nala schüttelte ihren Kopf, dadurch wippten ihre braunen Locken hin und her. „Und wieso hast du dein Zopf gelöst?“, fragte Ana und klemmte eine Haarsträhne, die sich aus ihrem unordentlichen Zopf gelöst hatte, hinter ihr rechtes Ohr. „Mummy, ich will nicht in Kindi gehen. Ich will mit Teo spielen.“ Ana ging vor ihrer Tochter in die Hocke. „Süße, Teo muss nachher arbeiten gehen. Willst du denn Liah nicht sehen? Sie war doch lange im Urlaub.“ „Liah ist wieder da?“, fragte Nala und zog bereits ihren zweiten Schuh an. „Ja, ihre Mama hat vorhin angerufen.“ Liah war die beste Freundin von Nala und Liahs Mutter arbeitete im Skyline Diner, als Kellnerin. Die Inhaberin des Diners war Ana. Ana war sehr talentiert in der Küche. Sie hatte schon als kleines Kind immer Kochen und Backen wollen. Das war auch das Einzige, was sie aus ihrer Vergangenheit behalten hatte. Früher war sie ein Mädchen gewesen, die nur geträumt hatte. Claire Daniels. Nun war sie aber eine junge Frau, die ihre Träume lebte. Luana Davids. Alles war nun anders. Sie war selbstständig, hatte eine Tochter. Sie hatte endlich ihr eigenes Leben. Sie schüttelte schnell den Kopf, damit die Erinnerungen sie nicht einholten. „Mummy?“ Ana blinzelte und sah ihre Tochter an. „Ja?“ „Ich bin fertig. Willst du so mitkommen?“ Ana sah erst Teo an. Er wusste an was sie gedacht hatte, ohne richtig zu wissen, was damals geschehen war. Anschließend sah sie an sich runter. Sie trug noch ihre graue Schlabberhose und ihr Oversized T-Shirt, welches schon undefinierbare Flecken bekommen hatte. „Du hast recht. So kann ich nicht aus dem Haus. Aber du kannst ja dein Rucksack nehmen und mit Teo schon mal zum Auto gehen. Ich ziehe mich schnell um und komme dann runter.“ „Okay.“ Nala gab Teo ihre Hand und zu zweit verließen sie die Wohnung. Wenn man sie nicht kennen würde, würde man glatt denken, dass Teo Nalas Vater wäre. Aber das war er nicht. Auch wenn er ein sehr guter Vater wäre. Die Bewohner shippten Ana und Teo. Auch wenn einige Bewohner sich in die Angelegenheiten anderer mischten, waren sie sehr freundlich zu Ana und Nala. Die meisten waren hier geboren und lebten somit ihr ganzes Leben lang in Hot Springs, Arkansas. Ana war mit zwanzig Jahren hier her gezogen. Erneut bahnten sich Erinnerungen hoch, aber Ana lief schnell in ihr Schlafzimmer, holte eine lockere, gelbe Stoffhose und ein weißes T-Shirt raus. Immer wenn sie ihre Arme leicht hochhob, konnte man ihren flachen Bauch sehen. Ana war nicht besonders groß. Sie war gerade mal ein Meter sechzig. Ihre blonden Locken waren nun schokobraun. Sie hatte grau- grüne, große Augen mit dichten Wimpern. Sie war außerdem schlank und zierlich. Niemand würde auf die Idee kommen, dass sie bereits ein Kind hatte. Ana besaß auch ein Grübchen auf der rechten Backe. Sie stellte sich vor den Spiegel, löste ihren Zopf und klemmte sie mit einer überdimensionalen Spange hoch. Anschließend schnappte sie sich ihre Tasche, worein sie achtlos ihr Handy und Geldbeutel rein warf. Im Flur zog sie ihre weißen Sneakers an und trat aus der Wohnung. Sie schloss ab und eilte die Treppen runter. Nala saß bereits in dem roten Nisan Micra, das Ana sich vor einer Woche zugelegt hatte. Das Fenster war offen und Teo unterhielt sich mit Nala. Ana sah auf die Uhr und fluchte innerlich. Sie waren spät dran. „Danke Teo“, sagte sie, während sie in das Auto stieg. Sie legte ihre Handtasche auf den Beifahrersitz, schnallte sich an und startete den Motor. Das Auto war Vollautomatik und somit sehr praktisch. Ana hasste es mit Gangschaltung zu fahren. Sie legte den Rückwärtsgang ein und fuhr aus der Ausfahrt. „Mummy, kannst du Bibi Blocksberg anschalten?“ „Natürlich.“ Ana drückte auf Play und sofort ertönte Bibis Stimme. Nach fünf Minuten Autofahrt, parkte Ana vor dem Kindergarten und stieg aus. Sie lief einmal um das Auto und öffnete die Tür, da sie die Kindersicherung drin hatte. Ana half ihrer Tochter aus dem Wagen und schloss dann ab. Zusammen liefen sie zur Eingangstür. Dort wurden sie von Nalas Lieblingserzieherin empfangen. „Hallo Nala, schön das du da bist.“ „Hallo Teresa.“ Nala ging sofort zu ihrem Garderobenplatz. „Guten Morgen, Ms. Davids. Wie geht es Ihnen?“, fragte Teresa. „Guten Morgen. Danke gut soweit.“ Als Ana die Erzieherin Helen bemerkte, und ihren durchforschenden Blick, ging sie zu ihr. „Guten Morgen, ist etwas?“, fragte Ana höflich, obwohl sie diesen missbilligenden Blick hasste. Helen war bereits an die fünfzig und sie war noch sehr altmodisch. Deshalb kam sie nicht damit klar, dass Ana eine alleinerziehende Mutter war und die von einem anderen Mann Hilfe bekam. „Nein, natürlich nicht“, log sie. Kurz darauf zerrte ein Kind an ihrer Bluse und sie entfernte sich. Ana verdrehte die Augen und ging zu ihrer Tochter. Nachdem sie sich mit einem Kuss verabschiedet hatten verließ Ana die Einrichtung und stieg in ihr Wagen.