Als sie Milas überraschten Blick sah, fuhr sie mit leiser Stimme fort: „Das ist etwas kompliziert. Als König Luthaniel starb, war Coilin zu Jung um den Thron zu besteigen, also wurde Anton zum vorübergehenden König ernannt. Bis Coilin alt genug war.“ „Ja aber wieso hatte er das Recht dazu?“, fragte Mila verwirrt. „Weil er Coilins Onkel ist. Der jüngere Bruder von König Luthaniel.“ Mila blieb der Mund offen. Anton war Coilins leiblicher Onkel und dennoch wollte er Coilin tot sehen? „Verstehst du jetzt, wieso Anton Coilins Tod will? Er ist der Einzige, der ihm den Thron entreißen kann, denn Coilin ist der rechtmäßige König.“ Nun ergab alles Sinn. Wieso Coilin sich die Schuld an Antons Macht gab. Wieso er sich verantwortlich fühlte. Sein Königreich hatte die Unterdrückung begonnen. „Was ist mit den anderen Königreichen?“, fragte Mila. „Lavandia ist ein Ödland. Dort ist nichts mehr als Schnee und noch mehr Schnee. Anton hat das Kristallpalast zerstört und König Eldrias gefangen genommen, nur um seine Frau Duana und seine Kinder vor seinen Augen umzubringen. Das hat er auch getan.“ Milas Augen weiteten sich. Wie konnte ein einzelner Mann, so grausam sein? „Es heißt aber, dass zwei der Kinder überlebt haben. Das Kristallpalast war so schön, ich habe Bilder davon gesehen.“ Mila schloss kurz die Augen und fragte dann: „Was ist mit Thalia?“ „Thalia hat es am besten überstanden. Thalia besitzt keine großen Schätze, deswegen war Anton nicht so sehr daran interessiert. Aber auch Thalia hat keine Regenten mehr. König Cyrius und Königin Toireasa wurden, falls es stimmt, in verschiedene Welten verbannt.“ „Anton hat sie am Leben gelassen?“ Es überraschte Mila, dass Anton Gnade an Jemanden zeigte. „Die Bewohner von Thalia Leben eins mit der Natur. Sie besitzen keine Elektrizität und alles ist von Hand gemacht.“ „Oh. Wow.“ „Genau. Und dorthin wirst du uns teleportieren.“ Mila sah Ayla überrascht an. „Caitlin ist zur Zeit unterwegs und sucht nach dem besten Versteck, wo wir die anderen zwei treffen werden.“ „Die anderen zwei? Mit wem stehen wir denn in Kontakt?“, fragte Mila. „Mit Kronprinzessin Freyja und Prinzessin Flanna. Sie sind Schwestern und stammen aus dem Königreich Thalia.“ Mila ging noch einmal alle Namen im Stillen durch. Da waren Coilin, Caitlin, Ayla, sie, Jack, Freyja und Flanna. Nicht gerade viele, fand Mila. Wenige für so einen mächtigen Feind. „Ich geh jetzt, damit du dich ausruhen kannst. Immerhin war es ein langer Tag für dich.“ Ayla stand auf. Erst jetzt merkte Mila, dass es draußen Stockdunkel war. Ayla befestigte einen Brett ans Fenster. Anschließend zündete sie eine Öllampe an. Als sie Milas fragenden Blick sah, sagte sie: „Es wäre doch merkwürdig, wenn in einem Baum ein Licht brennen würde, oder?“ „Oh, verstehe.“ Ayla war bereits an der Tür. „Schlaf gut.“ „Du auch.“ „Ach und Mila?“ „Hm?“ „Danke, dass du Coilin heute nicht allein gelassen hast. Das hat ihm das Leben gerettet.“ Dann verschwand sie aus dem Raum. Was für ein Tag. Mila berührte die Kette von Amara und auf einmal erschien eine Silhouette vor ihr. Es war… Amara! Okay, jetzt drehte sie wirklich durch.