Jack wachte mitten in der Nacht auf. Er wusste nicht, was ihn geweckt hatte, aber er brauchte dringend frische Luft. Sein Blick wanderte durch den Raum und erkannte Coilin und Ayla. Beide schliefen auf getrennten Fellen. Jack machte sich vorsichtig von Mila los und legte sie hin. Dann trat er ins Freie und streckte sich bis sein Rücken knackste. Er fluchte und schloss den Reißverschluss von seiner schwarzen Lederjacke zu. Er fröstelte. Es war Vollmond und eine Sternenklare Nacht. Obwohl es auf der Erde Sommer war, schien hier bald der Winter anzubrechen. Er holte tief Luft und als er zurück gehen wollte, sah er Flanna auf einem Baumstamm sitzen. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Das Mondlicht fiel ihr ins Gesicht. Sie hatte die Arme um sich geschlungen. Achselzuckend lief er auf sie zu und setzte sich neben sie. Sie schlug die Augen auf und sah ihn wütend an. „Was willst du?“, fuhr sie ihn sofort an. So viel Feindseligkeit und Misstrauen, dachte Jack. „Keine Ahnung, irgendetwas hat mich aus dem Schlaf gerissen“, sagte er achselzuckend. Flanna zog eine geschwungene, rote Augenbraue hoch. „Klar, dass du nicht schlafen kannst. Ein Erdling ist an so etwas nicht gewohnt.“ Sie versuchte ihn zu provozieren aber er ließ sich nicht beirren. „Nein, an dem liegt es nicht. Als Mila und ich noch klein waren, haben wir oft gezeltet. Einmal wurde ich sogar von einer Schlange angegriffen.“ „Du?“ „Ja. Mila war eine Woche lang sauer auf mich, weil ich die Schlange gepackt und weggeschleudert hatte.“ Jack erinnerte sich an Milas entsetzten Blick. Er dachte damals, als zehn Jähriger Junge, dass sie um ihn Angst gehabt hätte, aber sie hatte ihn angebrüllt, wieso er der Schlange wehgetan hatte. „Hast du keine Angst vor dem, was hier passieren könnte? Hier gibt es schlimmere Dinge, als wie Schlangen.“ „Ganz im ernst? Ich habe richtig Schiss.“ Sie sah ihn schadenfroh an aber er fuhr fort. „Davor, dass Mila etwas passiert. Dass ich ihren Eltern mitteilen muss, dass sie nie wieder nachhause kommt. Mila ist wie eine kleine Schwester für mich und ich könnte es nie ertragen, falls ihr etwas zustoßen würde. Das ist auch der Grund, weshalb ich hier bin. Ein weiterer Grund ist, dass ich ihr beistehen möchte. Coilin war am Anfang ein richtiger Arsch ihr gegenüber und die anderen kannte sie nicht. Sie will es zwar nicht zugeben aber sie hat schreckliche Angst. So wie wir alle. Jeder von uns hat etwas zu verlieren und behaupte bloß nicht, dass es bei dir nicht so ist. Das würde ich dir nicht abkaufen.“ „Du hast keine Angst, dass du sterben könntest?“, fragte sie ihn. „Hat das nicht jeder?“ Jack sah ihr in die giftgrünen Augen. „Vorhin hast du gesagt, dass du keine Prinzessin mehr bist.“ „Ich habe jedes verdammte Wort ernst gemeint.“ Er sah die Wut in ihren Augen. „Wer sagt das?“ „Was?“ „Kann man denn jemandem einfach so den Titel nehmen? Gibst du Anton wirklich so viel Macht über dich?“ „Ich…“ Sie wusste nicht was sie darauf antworten sollte. „Sag mal Flanna, für was kämpfst du?“ Sie sah ihn erneut misstrauisch an. „Was ist das für eine dumme Frage? Natürlich für die Freiheit von Chandrick. Für die unschuldigen Menschen, die unter der Tyrannei von Anton leiden.“ Ein Lächeln breitete sich auf Jacks Gesicht aus. „Für mich klingt das nach einer wahren Prinzessin und nicht nach einer durch und durch Rebellin.“ „Du willst mir also sagen, dass ich, wir alle keine Rebellen sind?“ Jack schüttelte langsam den Kopf und sah sie an. „Nein. In jedem von uns steckt ein Rebell. Aber lass dir von niemanden sagen, wer oder was du sein sollst.“ „Sind Erdlinge immer so verwirrend?“, die Frage verließ ihre Lippen, bevor sie sie aufhalten konnte. Jack lächelte sanft und sah hoch zu den Sternen. „Keine Ahnung. Vielleicht bin nur ich so. Aber die Menschen sind den Bewohnern hier sehr ähnlich.“ Er stand auf. „Wer weiß, vielleicht nehme ich dich mal mit und zeige dir die Erde.“ Jack streckte sich. Als sie nichts sagte, sah er zu ihr runter, zog seine Jacke aus und legte es ihr um die Schultern. „Ich geh jetzt wieder schlafen. Das solltest du auch tun. Coilin hat eine unglaubliche Ausdauer.“ Dann drehte er sich um und ging zurück in die Hütte. Flanna sah ihm mit gerunzelter Stirn nach, schlüpfte aber in seine zu große Jacke. Sein Duft hüllte sie sofort ein. Ein würziger Duft. Sie stand auf und ging in ihre Hütte.