Die anderen staunten nicht schlecht, als sie das Haus von innen sahen. Mila hingegen stieß ein überraschten Schrei aus. Sie sah sich mit großen Augen um. Die Wände waren weiß gestrichen. An einer Wand stand ein deckenhohes Regal mit Büchern. In der Mitte, stand eine braune Ledercouch und ein Couchtisch aus massivem Holz. Die Küche grenzte direkt an das Wohnzimmer. Nur ein Tresen mit Barhockern trennte beide Räume. An der Wand hingen verschiedene Fotos und auf einer Kommode entdeckte Mila ein Bild von sich und Mika. Sie lief darauf zu und nahm es in die Hand. Mit der anderen strich sie darüber. Sie war auf diesem Bild vier Jahre alt gewesen. Sie trug eine Krone aus Gänseblümchen und ein gelb geblümtes Kleid. Zusammen mit Mika saß sie auf einem Klettergerüst und strahlte in die Kamera. Das war ihr Lieblingsort gewesen. Sie spürte, dass Mika hinter ihr stand. „Das war ein wunderschöner Tag. Ich hatte sehr viel Spaß.“ „Das ist das einzige Gegenstand, was ich von der Erde mitgenommen habe.“ „Und die Einrichtung? So sah dein Haus aus.“ „Das auch.“ Mila stellte das Foto zurück und betrachtete die anderen. „Das ist Arthane“, murmelte Mila. Mika sah sie überrascht an. Die anderen hatten es aber nicht mitbekommen. Mila drehte sich um. „Mika, Freyja und Flanna wissen nicht, dass ich die Tochter von Amara und Mathis bin und so soll es auch bitte bleiben“, flüsterte sie. Mika nickte bloß. „Kommt setzt euch. Wollt ihr etwas trinken oder essen?“ „Hast du etwas für die Kleine da?“ Das Druidenmädchen war auf Milas Schoß geklettert. „Klar.“ Er schnipste mit dem Finger und der Couchtisch war gedeckt. „Krass“, sagte Jack. Das Mädchen zögerte erst aber als Mila ihr zulächelte, fing sie an zu essen. „Also, wie bist du hier her gekommen?“ „Das ist eine lange Geschichte. Ich wurde dir hinterher geschickt um dich zu beschützen.“ Aber du bist nur fünf Jahre älter als ich.“ „Deine Mutter hat mich damals darum gebeten. Ich lebte auch in Arthane. Mila können wir kurz unter vier Augen reden?“ Mila nickte und stand auf. Mika führte sie durch die Hintertür in einen atemberaubenden Garten. Obst, Gemüse und Kräuter wuchsen ordentlich aus der Erde und weiße Rosen waren ebenfalls eingepflanzt. Sie nahm auf einem Gartenstuhl Platz und Mika setzte sich ihr gegenüber. „Mila, was machst du hier?“ „Wie meinst du das?“ „Deine Eltern liebten dich über alles. Deswegen hat Königin Amara dich von hier fortgeschickt und mich, um dich zu beschützen.“ „Caitlin hat mich gefunden und meine Eltern haben mir erzählt, dass ich adoptiert wurde und dann ist da noch diese Kette.“ Sie tippte auf die Kette und erzählte Mika alles von Anfang an. Er hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach sie nicht. „Und jetzt bist du hier“, sagte er, als Mila zu Ende erzählt hatte. „Ja, hier bin ich.“ Mika holte einmal tief Luft. „Okay, lass uns rein gehen. Ich muss euch allen etwas erzählen.“ Sie nickte und folgte ihm zurück ins Haus. Mika zog sich einen Barhocker ran und setzte sich darauf. Mila setzte sich neben das Druidenmädchen, die immer noch nichts gesagt hatte. „Hört mal alle zu. Ich kenne euren Plan nicht aber wenn ihr gegen Anton etwas unternehmen wollt, dann müsst ihr einiges über seine Handlanger wissen.“ Mika sah jeden ernst an. „Was weißt du denn, was wir nicht wissen?“ Coilin klang genervt und misstrauisch. „Ich will ja nicht prahlen, aber ich bin ein sehr mächtiger Hexenmeister. Anton sieht mich als Bedrohung. Was glaubst du denn, wieso Senna abgehauen ist, als sie mich gesehen hat?“ „Weil sie schon das hatte, was sie wollte?“, konterte Coilin. „Anton will dich tot sehen. Das hätte Senna ansonsten niemals zugelassen. Sie war euch überlegen.“ Coilin wollte etwas erwidern aber Jack fiel ihm ins Wort. „Stimmt, da war ja was.“ Er nahm einen lila funkelnden Stein aus seiner Jackentasche. Es war so groß wie Milas Faust. „Ich habe ihr das abgenommen, als sie mich umarmt hat.“ Schulterzuckend stellte er es auf den Tisch. „Was denn?“, fragte Jack, als er bemerkte, dass alle ihn anstarrten. Dann dämmerte es ihm. „Gott, habt ihr gedacht, ich würde das alles ernst meinen, was ich da über Antons Handlangern gesagt habe?“, Jack sah alle verblüfft an. Flanna zog eine Augenbraue in die Höhe. „Naja…“, fing Mila an. „Mann, bin ich ein guter Schauspieler. Wie auch immer, was ist das für ein Ding?“ „Es sieht sehr schön aus“, meinte Mila. „Das ist eines der vier mächtigsten Steine in ganz Chandrick. Dieses hier wurde von den Druiden bewacht. Deswegen hat Senna das Dorf zerstört“, erklärte Mika. „Was hat es mit den vier Steinen auf sich?“, fragte Mila. „Wer auch immer die vier Steine besitzt, kann mit ihrer Macht eine ganze Welt zerstören.“ Stille. Jeder sah den Stein an. „Wo sind die anderen Steine?“, fragte Jack. „Das weiß man nicht genau. Dieser Stein besitzt die Kraft des Wassers. Die Hexenmeister beschützen die Kraft des Feuers. Feen beschützen die Kraft der Luft und die Legende besagt, dass die Elfen die Kraft der Erde beschützen.“ „Wieso Legende?“, diesmal war es Ayla, die fragte. „Seit hunderten von Jahren hat man keine Elfen mehr gesehen. Es ist nicht einmal klar, ob sie noch existieren.“ „Und was ist mit dem Stein?“, fragte Coilin. „Der existiert.“ Jeder sah Freyja an. „Laut einer Legende, wurde der Stein einer sterblichen gegeben und somit auch die Kraft der Erde. Seit dieser Zeit, wird der Stein und auch seine Kraft von selbst weitergegeben. Ob man das will oder nicht. Und dies geschieht immer in Thalia.“ Mila sah Freyja mit gerunzelter Stirn an. Diese zog daraufhin ihren rechten Handschuh aus und hielt die Hand hoch. An ihrem Ringfinger war ein schmaler, grüner Ring. Die Steine in dem Ring waren so klein, dass man zweimal hinschauen musste, um sie zu erkennen. „Du besitzt den Stein?“, fragte Flanna überrascht. „Du wusstest es nicht?“ Jack klang genauso überrascht. „Es wird in unserer Familie weiter vererbt. Sobald der vorherige stirbt, bekommt es der oder die Älteste.“ „Aber das bedeutet dann, dass unsere Mutter…“ „Nein. Mutter hatte diese Kräfte nicht, sondern Onkel Aik aber da er keine Kinder hatte, habe ich sie bekommen“, erklärte Flanna und sah den Ring an. „Seit wann?“ Mila konnte keine Emotion in Flannas Stimme hören. „An meinem siebten Geburtstag.“ Sie sah ihrer Schwester in die Augen. „Ich dachte immer, dass du mit dieser Kraft auf die Welt gekommen bist. Warum hast du es mir verheimlicht? Ich bin deine Schwester.“ Flanna musste sich sehr anstrengen, damit man nicht hörte, wie verletzt sie war. „Es spielt doch keine Rolle, wann ich diese Kraft bekommen habe.“ „Es spielt keine Rolle?!“, rief Flanna und sprang auf. Nun konnte sie ihre Gefühle nicht mehr kontrollieren. Wütend sah sie ihre Schwester an. „Mika hat gerade gesagt, wie mächtig diese verdammten Steine sind! Alle vereint können eine komplette Welt zerstören! Ist dir bewusst, dass dich das in Gefahr bringt? Vor allem weiß es jetzt auch diese lila Haarige, Blitze schleudernde Tussi!“, ihre Stimme überschlug sich. „Flanna, beruhige dich bitte.“ Freyjas Stimme klang sanft und das machte sie noch wütender. „Nein Freyja! Verstehst du es nicht? Anton wird dich jagen, um an diesen Stein zu kommen!“ Sie zeigte auf Freyjas Ring. „Ich bin nicht machtlos.“ Flanna lachte auf. „Genau da liegt doch das Problem!“ Dann stürmte sie aus dem Haus. Freyja wollte ihr hinter her laufen aber Jack hielt sie am Handgelenk fest und schüttelte den Kopf. „Ich gehe.“ Dann stand er auf und schlenderte aus der Tür raus.