Mila öffnete die Augen und stand alleine in der Eiswüste. Dennoch war ihr nicht kalt. Sie sah an sich runter. Sie trug ein weißes, knielanges Kleid, welches mit funkelnden Steinchen besetzt war. Der Rock von ihrem Kleid war sehr leicht und viel locker um ihre Schenkel. Schuhe trug sie keine. „Hallo? Jack? Coilin? Ist hier jemand?“, rief sie und sah sich um. Niemand außer ihr war hier. Sie wusste nicht einmal, wo sie war. Ihre Füße trugen sie aber wie von selbst weiter. Sie erkannte von einiger Entfernung drei Gestalten. „Hallo?“ Sofort verschwanden sie. Wenn sie sich nicht täuschte, hatte die eine lila Haare gehabt. Doch schon lösten sie sich in Luft auf. „Wo zum Teufel bin ich?“ Dann sah sie ihr inzwischen bekannte Person. Amara. Sie rannte auf sie zu. Sie stand mit dem Rücken zu ihr. Auf einmal war Mila nicht mehr in der Eiswüste sondern an einem Waldrand. Es war Vollmond und dieser wurde von dichten Wolken verdeckt. Sie sah ein Portal neben Amara. Ihr Kleid war zerrissen und an ihren Armen hatte sie Kratzer. Als Mila näher trat, erkannte sie ein Baby auf Amaras Arm. Ihre Augen weiteten sich, als ihr bewusst wurde, dass sie das Baby war. Amara drückte ein Kuss auf die Stirn des Babys und flüsterte ihr etwas zu. Dann schickte sie Mila durch das Portal. Gleich hinterher sprang ein Junge durch. Das musste Mika sein. Mila beobachtete wie Amara das Portal zerstörte. Ihr Gesicht war von den ganzen Tränen feucht. Dann tauchten auf einmal drei Männer aus dem Wald. Sie wich einem Schlag aus. Der Mann schrie sie an: „Wo hast du sie hingeschickt?“ „Das wüsstest du wohl gern!“ Er schlug ihr ins Gesicht und ihre Lippe platzte auf. „Nein“, flüsterte Mila. Sie wollte dazwischen gehen, etwas machen aber sie war wie eingefroren. Sie konnte nur zusehen, wie sie auf der Hut war. Erneut wurde sie gefragt, wo sie Mila hingeschickt hatte. Amara hatte keine Chance mehr zu entkommen. Das hatte sie wohl auch gemerkt. „Dort, wo ihr sie niemals finden werdet!“ Dann ging alles viel zu schnell. Im nächsten Moment hatte Amara einen Dolch in der Hand. „Grüßt Anton von mir!“, sagte sie mit fester Stimme und rammte sich das Dolch in ihre Brust. „NEIN!“, schrie Mila. Auch der eine Mann schrie auf. Er versuchte sie sogar wieder zu beleben. Erfolglos. Sie war tot. Das war also der Tag gewesen. Genau vor achtzehn Jahren, hatte sich ihre leibliche Mutter das Leben genommen, um Mila zu schützen und den Untergang von Chandrick etwas hinauszuzögern. Tränen rannen Milas Wange herunter. Ihre leibliche Mutter war so mutig gewesen. „Verdammt! Was sollen wir jetzt Anton sagen? Er wollte sie doch benutzen, um die anderen Reiche zu stürzen“, rief ein anderer. „Ihr Kind ist ebenfalls eine Portalöffnerin. Wir sollten sie suchen.“ „Ach und wie willst du das anstellen? Das Portal wurde zerstört!“ „Könnt ihr mal die Klappe halten? Anton hat diese Frau geliebt, wir sind so oder so tot“, sagte der Mann der versucht hatte, Amara wieder zu beleben. Mila fiel die Kinnlade herunter. Anton liebte Amara? „Los, bringen wir sie zu ihm.“ Er stand auf. „Nein, fasst sie nicht an!“, schrie Mila aber niemand hörte sie. Stattdessen konnte sie sich wieder bewegen und rannte auf ihre Mutter zu. Der Mann stand auf, als hätte er gespürt, das Mila sich neben Amara gekniet hatte. Zögernd nahm Mila die Hand von Amara in ihre. Es überraschte sie, dass sie sie anfassen konnte. Die Männer waren mit ihrer Diskussion beschäftigt und bemerkten nichts. Mila wurde von einem Sturm von Gefühlen übermannt. „Mama“, kam ihr über die Lippen. Als sie das einmal gesagt hatte, sagte sie es immer wieder und umarmte sie schließlich. Ihre Wange ruhte dort, wo sie eigentlich den Herzschlag von ihrer Mutter hören müsste aber da gab es kein Herzschlag. Sie sah friedlich aus. „Los jetzt, wir müssen sie zurück tragen.“ Mila wich zurück als der Mann Amara hoch hob. „Fass sie nicht an du widerliches Arschloch!“, schrie sie ihn an aber er hörte sie nicht. „Lass meine Mutter in Ruhe! Fass sie nicht an!“ Niemand hörte sie. Mila wollte das Gesicht von dem Mistkerl sehen, der ihrer Mutter das angetan hatte, also folgte sie den Männern. Sie liefen durch den Wald. Mila sah an einigen Ästen weißes Stoff. Das Kleid ihrer Mutter und dann tauchte schon Arthane vor ihr auf. Es war lange nicht mehr so, wie es ihre Mutter ihr gezeigt hatte. Überall stieg Rauch auf und auf den Wegen lagen tote Männer. Das Königsschloss war beinahe zerstört. Häuser waren niedergebrannt, kein Anzeichen von Leben. Eine erneute Traurigkeit brach über sie ein. Sie liefen durch das Haupttor und betraten nach kurzer Zeit das Schloss. Da kam ein Mann ihnen entgegen. „Was zur Hölle ist passiert?“, donnerte er los. Er hatte eine sehr raue Stimme. Er war sehr groß und breit gebaut. Er hatte pechschwarze Haare, in denen man schon wenige graue Haare sehen konnte. Seine Nase war etwas krumm, anscheinend hatte er sie einmal gebrochen. Er hatte einen drei-Tage-Bart. Er trug ähnliche Kleidung wie Coilin nur war seins mehr wie eine Rüstung. Mila entdeckte eine tiefe Verletzung an seinem linken Oberschenkel. „Mylord, sie hat sich das Leben genommen“, sagte einer der Männer. Das war also Anton. Der Mörder ihrer Familie. Sein Blick wanderte auf die leblose Amara. „Das kann nicht euer ernst sein! Ihr solltet sie mir zurückbringen.“ „Sir…“ „Drei Männer habe ich los geschickt um eine Frau mit einem Baby auf dem Arm zu fassen, aber sie hat es geschafft euch zu entkommen!“ „Sir…“ „Was ist mit dem Baby?“ „Sie hat das Kind durch ein Portal geschickt und es anschließend zerstört.“ „Also ist da draußen ein Kind, dass Portale öffnen und mir eine Gefahr sein wird?“, zischte Anton. Die Männer schwiegen. „Ich kann nicht glauben, was für Vollidioten ich beschäftige! Diesen Mathis habe ich bereits aus dem Weg geräumt. Und ihr schafft nicht einmal eine einfache Aufgabe!“ Milas Herz zog sich zusammen. An einem Tag Mutter und Vater zu verlieren war schon grausam. Dann auch noch dem Mann ins Gesicht zu sehen, der daran Schuld war, war zu viel. „Ich werde euch jetzt demonstrieren, was ich mit Vollidioten mache“, sagte er und zog sein Schwert. Mit zwei Schritten stand er vor einem der Männer und durchbohrte ihn mit seinem Schwert. Der Mann spuckte Blut und sackte in sich zusammen. Mila schrie auf.