Das Portal schloss sich und sie waren auf einer Lichtung. Diese Lichtung kannte Mila. Hier hatte sich ihre Mutter das Leben genommen. Sie sah zu Coilin, doch dieser starrte den Mann vor ihnen an. Neben ihm stand Keira. Die Einzige, die Anton beschützen konnte. Und genau die Person, mit der Mila eine Rechnung offen hatte. „Keira gehört mir“, zischte Mila. „Tob dich aus“, gab Coilin zurück und ließ sein Schwert einmal im Handgelenk kreisen. Mila legte einen Pfeil an die Sehne. „Keine Sorge Anton, ich bringe Euch hier raus.“ „Das glaubst nur du!“ Mila ließ die Sehne los, und ihr Pfeil flog direkt auf Keira zu. Diese aber verwandelte ihren Pfeil mit ihrer Magie in einen Stock, der auf den Boden fiel. „Sag mal, Kleine. Wie willst du sterben? Durch einen Schwert oder willst du auch gegrillt werden, wie diese Erdlinge?“ Mila verharrte Mitten in ihrer Bewegung. „Was hast du gesagt?“ „Dachtest du wirklich, dass es ein Unfall war, dass deine Eltern gestorben sind?“ „Nein…“ In Mila stieg blanker Wut auf. Noch nie hatte sie so ein Hass auf jemanden gehabt. „Du bist tot!“, schrie Mila Keira an und ihr nächster Pfeil flog bereits. Aber Keira wich diesem lachend aus. „Wie willst du gegen mich kämpfen, wenn du damit beschäftigt bist, Coilin zu töten?“ Sie murmelte einige Wörter und Mila spürte etwas Dunkles in ihr. Sie sank auf die Knie und ihr Bogen fiel ihr aus der Hand. Sie stützte sich mit den Händen auf dem Boden, ihr Kopf hing nach unten und ihre Haare verdeckten ihr Gesicht. „Mila!“ Sie hörte Coilins Stimme wie aus der Ferne. „Gut gemacht Keira.“ „Töte Coilin“, befiehl Keira. Sie trat näher an Mila, als diese nicht reagierte. „Töte ihn und dann dich du dummer Erdling!“ Mila ballte ihre Hände zu Fäusten und stand langsam auf. Ihr Blick richtete sich auf Keira. „Ich bin Mila, die Thronfolgerin von Arthane. Tochter von König Mathis und Königin Amara. Ich nehme keine Befehle von einer Mörderin!“ „Das kann nicht sein!“ Aus Keiras Gesicht wich jegliche Farbe. Mila sprang hoch, drehte sich einmal um ihre eigene Achse und trat Keira mitten ins Gesicht. Diese flog nach hinten. Mila hob schnell ihren Bogen auf und spannte es an. „Verpiss dich in die Hölle!“ „Mila, tu es nicht!“, rief Coilin. „Sei kein Mörder, wie sie. Sie ließ Keira nicht aus den Augen aber nahm den Pfeil von der Sehne. Stattdessen rammte sie es in ihre linke Schulter. Keira schrie auf. Dann fielen ihre Augen zu. „Mila!“ „Beruhige dich, sie schläft nur.“ Dann sah sie zu Anton. „Ohne deine Handlanger bist du nicht mehr so mutig was?“, fragte Coilin und richtete sein Schwert gegen ihn. „Wir können doch über alles reden.“ „Sei still. Du hast meine Eltern umgebracht“, sagte Mila giftig. „Zwei gegen Einen, das ist doch nicht fair.“ „Genau du musst ja von Fairness sprechen. War es fair, unschuldige Menschen zu töten?“ Mila und Coilin liefen auf Anton zu. „Wollt ihr mich jetzt töten?“ „Nein, das wäre zu gut für dich.“ „Coilin, ich bin dein Onkel, vergiss das nicht. Deine einzige Familie.“ „Nein, bist du nicht. Coilin hat eine Familie und darin kommst du nicht vor!“, sagte Mila und ließ Anton nicht aus den Augen. „Ach und das bist du?“ „Ein Mitglied, ja.“ Mila sah aus dem Augenwinkel, wie sich jemand anschlich. Dann sah sie etwas aufblitzen, Antons widerliches Grinsen. Im nächsten Moment flog ihr Pfeil auf Anton zu und sie warf sich vor Coilin. Anton ging zu Boden. Aus seiner Schulter ragte eins ihrer Pfeile. Und das Dolch, was auf Coilin zugeflogen war, lag auf dem Boden. Mila fühlte sich wie unter Flammen. Als sie die Augen öffnete, sah sie eine warme Blase um sich und Coilin. Das Dolch war daran abgeprallt. Es war genau, wie vor einigen Stunden, als Mathis gestorben war. Nur dass diesmal die Energie zu einer Schutzblase geworden war. Coilin sah sie mit aufgerissenen Augen an. „Du wärst für mich gestorben?“ „Wenn du das so sagst, war das wirklich dumm von mir. Aber…“ Weiter kam sie nicht, denn er hatte ihr Gesicht in seine Hände genommen und seine Lippen auf ihre gelegt. Sie schloss die Augen und legte ihre Arme um seinen Nacken. Sie löste sich von ihm und sah Anton und Keira an. „Wir sollten sie zurück nach Arthane bringen.“ „Du hast recht. Aber wir sollten sie erst fesseln.“ Coilin reichte Mila ein Seil. „Ich übernehme Keira“, sagte sie und trat zu ihr. Sie rollte Keira auf den Bauch und band ihre Hände hinter ihrem Rücken fest. Auch band sie ihren Mund und Augen zu. Sie zog ihr den Pfeil aus der Schulter. Dann stand Mila auf und öffnete ein Portal. „Wir schicken zuerst Anton durch, dann gehst du und ich schicke Keira hinter her.“ „Okay.“ Coilin nickte und zerrte Anton auf die Beine. „Wie fühlt es sich an, von Leuten besiegt zu werden, die um einiges jünger sind als du?“, fragte Coilin giftig. Anton war wieder zu sich gekommen. Er antwortete nicht. Coilin stieß ihn durch das Portal und folgte ihm daraufhin. Mila zerrte Keira hoch und schubste sie durch das Portal. Anschließend trat sie auch durch und das Portal schloss sich hinter ihr.
Sobald Mila im Saal gelandet war, riss sie die Augen auf. So viele tote Menschen. Sie suchte mit den Augen nach Jack und sah ihn neben Flanna knien. Sie saß auf dem Boden und hielt sich den Oberarm fest. Darunter war weißes Stoff zu sehen. Die restlichen von Antons Männern saßen gefesselt auf dem Boden. Flanna war aber nicht die Einzige, die verletzt war. Jack hatte eine aufgeplatzte Augenbraue und Schnittwunden an seinen Armen. Amon saß auf dem Boden und Lydia kühlte sein Bein. Emeraude hielt Aurora in den Armen, aber beiden ging es gut. Zumindest war Aurora nicht verletzt. Die Fee, die Mila das Leben gerettet hatte, war auch unverletzt. Als sie aber zu Ayla rüber sah, bemerkte sie, dass etwas Schlimmes passiert war. Dann sah sie sie. Caitlin lag auf dem Boden und Niall saß neben ihr. „Oh mein Gott“, entwich es ihr, als sie merkte, dass Caitlin tot war. Die anderen schienen erst jetzt zu bemerken, dass Coilin und sie gekommen waren. Als Ayla Anton sah, war sie sofort auf den Beinen und knallte ihm mit voller Wucht eine. Er schmeckte Blut. „Das ist für meine Schwester du Mistkerl!“ „Ihr habt es geschafft.“ Freyja kam auf sie zu. „Noch ist es nicht vorbei!“, hörten sie eine bekannte Stimme sagen. Donna stand an der Tür. Aber Milas Pfeil flog bereits genau auf ihre Kette zu. Denn sie wusste, oder besser gesagt, sie ahnte, dass das die Quelle ihrer Macht war. Ihre Kette splitterte in tausend Stücke. Sie schrie und sank auf die Knie. „Jetzt ist es vorbei. „Mila öffne nun ein Portal nach Dark Forest“, sagte Flanna und stand mithilfe von Jack auf. „Nein, erst müssen wir Rosalie und die anderen rausholen.“ „Donna hat vielleicht keine Macht mehr, aber Keira und Kelly schon. Was sollen wir mit denen machen?“, fragte Jack. „Das können die vier Steine übernehmen." „Wie meinst du das?“, Mila sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Die vier Steine können vereint, die Kräfte von anderen nehmen oder ihnen welche geben.“ „Wenn das so ist.“ Mila trat zu Coilin und nahm seine Hand in ihre. Amon stand auf und lief mit Freyja zusammen zu Mila und Coilin. Verschiedene Farben wurden freigesetzt. Solche Farben hatte Mila noch nie in ihrem Leben gesehen. Es dauerte aber nicht lange. Als die Farben dann verschwanden, sackte Keira zusammen. Kelly hatte das Symbol für Portalöffner verloren. „Was habt ihr getan?“, fragte Kelly mit zitternder Stimme. Mila nahm Keira die Augenbinde ab. Sie band auch ihren Mund auf. „Meine Kräfte! Wie konntet ihr mir das antun?“ „Deine Kräfte sind zu gefährlich.“ „Jetzt habt ihr mir auch noch das Letzte genommen, was mir geblieben war.“ Ihr rollte eine Träne die Wange runter. Das Symbol an ihrem linken Arm war auch verschwunden. „Was sollen wir dir denn noch genommen haben?“, fragte Mila. Keira sah auf und starrte Coilin an. „Er hat meine Schwester umgebracht! Sein Befehl war es!“ „Was redest du da? Ich habe niemanden umbringen lassen.“ Coilin war verwirrt. „Meine Schwester war erst zehn. Du hast damals den Befehl gegeben. Der König.“ „Ich enttäusche dich ja ungern, aber ich war noch nie ein König. Als mein Vater starb, nahm Anton seinen Platz ein, da ich noch zu jung war.“ „Was?“ Ihr Blick wanderte zu Anton. „Stimmt das?“ „Ich brauchte jemanden mit deinen Kräften. Und ich wusste, dass du dich nach Rache sehnen würdest, also habe ich diesen Befehl erteilt.“ „Du hast mich ausgenutzt!“ Anton schwieg. „Ja. Er hat dich auch zur Killerin gemacht. Wie viele Menschen hast du auf dem Gewissen?“, fragte Ayla. „Dein Schwester wäre enttäuscht von dir.“ Flanna sah sie missbilligend an. Dann fing Keira an zu weinen und Mila sah, wie schnell Keira erwachsen sein musste. Ihre Schminke verlief. „Ich bin eine grässliche Person“, flüsterte sie vor sich hin. Dann sah sie auf, direkt in Milas Augen. „Töte mich.“ „Was?“ „Ich verdiene es nicht zu leben. Ich habe dir deinen Vater genommen, nimm du nun mein Leben.“ Mila hörte wie Emeraude scharf Luft nahm. „Nein. Mir steht es nicht zu, ein Leben zu nehmen. Du wirst für deine Taten büßen, aber nicht mit dem Tod.“ „Mila, öffne nun ein Portal, sodass wir Rosalie befreien können.“ Mila sah zu Coilin und nickte dann. „Wo ist Senna?“, fragte Donna, die ebenfalls gefesselt neben Anton saß. „Die ist durch ihre eigenen Blitze gestorben.“ Flanna sah Donna an und nun sah sie ihre Maske bröckeln. Sie bekam Risse. Anscheinend hatte Senna ihr viel bedeutet. „Ihr MÖRDER!“, schrie sie. „Wow, du hast ja doch Emotionen.“ Coilin und Niall liefen durch das Portal, während die anderen im Saal warteten. „Auch ich besitze Gefühle, du Schwachkopf!“, schrie sie Jack an. „Beleidige Jack nicht, das darf nur ich, kapiert?“, zischte Flanna sie an. „Ayla, es tut mir leid was mit Caitlin passiert ist…“, fing Kelly an. „Halt deine Fresse oder ich bringe dich dazu!“, sagte Ayla giftig. „Du hast Glück, dass ich dich nicht schon längst umgebracht habe!“ „Ihr vier werdet in verschiedene Regionen in Dark Forest gesperrt. In eine Gegend, wo die Wächter euch im Blick haben“, sagte Freyja, dann sah sie Anton in die Augen. „Wohin hast du meine Eltern verbannt?“ Er grinste sie an. Was Flanna auf die Palme brachte. „Antworte!“, schrie sie. „Die können nie mehr zurück.“ Flanna holte aus und schlug Anton ins Gesicht. „Du lügst!“ „Nein tut er nicht. Sie sind in einer Dimension gefangen, die eigentlich nicht existiert“, sagte Keira und verriet Anton. „Du Verräterin!“, zischte Donna sie an. Keira ignorierte sie. „Aber es gibt eine Möglichkeit, sie zu befreien.“ „Halt dein Mund!“, donnerte Anton. Flanna sah Keira an. „Wird der fünfte Stein aktiviert, dessen Macht alles überragt. So erwartet man ein neues Schicksal, in den Händen, loyal. Diese Macht, gehalten nur von Eins, kann niemals sein wie einst. Kaum zu wissen, wer es ist, wird euch begegnen bald, gewiss.“ „Und was heißt das?“, fragte Freyja. „Das weiß ich nicht. Ich habe auch keine Ahnung, wie man das interpretieren kann.“ „Du bist ein Verräter, du Miststück!“, rief Donna. „Aber sie leben noch?“, fragte Freyja und ignorierte Donna. „Ja. Beide leben noch.“ „Du bist tot.“ Donna hatte wieder ihre emotionslose Maske aufgesetzt. Mila spürte, wie ihr Portal benutzt wurde. Kurz darauf erschien Rosalie. Ein paar andere folgten ihr und kurz darauf erschienen auch Coilin und Niall. „Waren das alle?“, fragte Mila. „Ja, jetzt können diese Verräter durch.“ Coilin zerrte Anton auf die Beine. Niall zeigte Mila eine Karte. „Hier hin musst du dein Portal öffnen.“ „Alles klar.“ Mila schloss das eine Portal und öffnete das andere. „Ihr schickt mich also in die schlimmste Region“, stellte Anton fest. „Du bist aber ganz schlau. Nicht erschrecken, gleich kommt ein Wächter“, sagte er an die anderen gewandt. Kurz darauf erschien ein zwei Meter großer Mann in voller schwarzer Montur. Sein Gesicht wurde von einer Kapuze verdeckt. Als er eine Hand nach Anton ausstreckte, sah Mila schneeweiße, magere Hände. Dann trat er mit Anton durch das Portal. Mila schloss es und Niall zeigte ihr erneut ein Platz auf der Karte. Dies lief genauso ab wie mit Anton, nur wurde Donna abgeholt. Der nächste Ort war eine Eislandschaft, in das Kelly geschickt wurde. Und der letzte Ort war eine Art Friedenslandschaft, in das Keira geschickt wurde. Von diesen Orten gab es kein entkommen. Als auch das letzte Portal sich schloss, atmete Mila erleichtert aus. „Wir haben es geschafft.“ Sie sah ihre neuen Freunde an. Aber es hatte auch Verluste gegeben. Caitlin hatte ihr Leben verloren. „Zu einem hohen Preis“, murmelte Ayla. Mika ging zu ihr und umarmte sie. „Wann ist das passiert?“, flüsterte Mila Coilin zu. Doch er zuckte nur mit den Schultern. „Jetzt müssen wir uns erst einmal um die Menschen, die überlebt haben und um die Königreiche kümmern. Der Aufbau wird dauern.“ „Ich kann mit meiner Magie vielleicht helfen.“ Mika stellte sich in die Mitte und schloss die Augen. Antons Männer lösten sich in Luft auf. Der Saal sah wieder einwandfrei aus. „Wir werden uns gemeinsam um jedes Reich kümmern“, sagte Mila. Nun wusste sie, was sie zu tun hatte. „Du kehrst nicht auf die Erde zurück?“, fragte Flanna. „Alles was dort ist, ist nur noch eine Erinnerung. Jetzt ist mir klar, dass das hier mein Zuhause ist.“ Gleich darauf wurde sie von Flanna umarmt. „Okay…“ „Ich dachte schon, ich müsste dich überreden hier zu bleiben.“ „Verdammt, danke!“ Mila sah Jack fragend an. „Ich dachte schon, dass wir auf die Erde zurück müssen.“ „Du willst hier bleiben?“ „Na klar. Ich mein ja nur, dass meine beste Freundin hier bleibt und auch das Mädchen, dass ich liebe.“ Er sah Flanna an, die knallrot anlief. „Flanna?“ Freyja sah ihre Schwester entgeistert an. „Wann ist das denn passiert?“ „Können wir über etwas anderes sprechen? Zum Beispiel über Coilin und Mila?“ Mila warf Flanna einen wütenden Blick zu. „Jack, was ist mit deinem Vater?“, fragte Mila. „Der kommt ganz gut ohne mich klar.“ Mila nickte. „Bevor wir aufräumen, müssen wir noch etwas anderes erledigen.“ Lydia sah zu Caitlin. „Ja, für König Mathis auch.“