Der junge Mann führte Viktor zu einer unscheinbaren Tür in der Mitte der Stallgasse, gegenüber der Boxen.
»Warte eine Sekunde. Ich bin sofort wieder da.«
Der Jugendliche lief zur Sattelkammer. Er kramte eine kleine Tube Handlotion aus seinem Schrank und steckte sie in seine Hosentasche, bevor er wieder zu dem Anderen zurückkehrte. »So ...«
Luca öffnete die Tür und sie betraten den riesigen Raum dahinter.
Hier wurde Heu und Stroh gelagert und dieses war bis zu der Zwischendecke aus Holz in drei Metern Höhe gestapelt. Lediglich ein schmaler Gang zwischen den Ballen war frei. Am Ende des Raumes stand eine Leiter und zu der lotste der Jugendliche den Adligen.
»Was hast du vor? Du wolltest mir doch nicht euer Heulager zeigen?«, fragte der Unsterbliche und zwinkerte Luca zu.
»Das siehst du gleich.« Der Jugendliche ließ Viktors Hand los und kletterte die Leiter hinauf. »Komm, hier sind wir ungestörter.«
Der Vampir schmunzelte und folgte dem Jungen dann geschmeidig wie eine Katze nach oben. Dort wurde ebenfalls Grünfutter gelagert, allerdings war hier mehr freier Raum als unten und es war nicht so stickig. Luca ging zu einem, halb mit Holzläden geschlossenen, Fenster und öffnete dieses. Viktor riskierte einen Blick nach draußen. Sie waren offensichtlich auf der Seite des Gebäudes, die zum Hinterland des Gestüts führte, denn der Adlige sah Weiden, auf denen Pferde grasten, Bäume und einen Reitplatz.
»Die Anlage ist wirklich wunderschön, das muss ich zugeben.«
Luca, der sich ein Stück vom Fenster entfernt hatte, grinste. »Ja, das ist sie, aber ich habe dich nicht wegen des tollen Blicks auf die Gegend hier mit rauf genommen.«
Langsam drehte Viktor sich um. »Sondern?«
»Darum«, schnurrte der Jugendliche, während er betont langsam sein Shirt über den Kopf zog und es über einen Ballen Stroh legte, bevor er Knopf und Reißverschluss seiner Hose öffnete und sich auch dieser entledigte.
Viktor beobachtete ihn dabei, ohne sich von der Stelle zu rühren, auch wenn ihn dieser kleine Striptease nicht kaltließ. Er merkte, dass seine Jeans zusehends enger wurde, nachdem der Jugendliche nun auch seine Boxershorts zu den übrigen Klamotten auf den Strohballen geworfen hatte und nackt vor dem Unsterblichen stand. Mit einem kecken Grinsen im Gesicht, aber ohne ein Wort zu sagen, trat Luca an den Vampir heran, streifte ihm die Weste über die Schultern und öffnete schließlich dessen Hemd. Der Jugendliche ließ die beiden Kleidungsstücke zu Boden gleiten, bevor er sich an Viktors Hose zu schaffen machte, während er das Schlüsselbein des Adligen küsste.
Als der Unsterbliche, der den Jungen ohne Gegenwehr hatte gewähren lassen, schließlich nackt vor Luca stand, ließ dieser seine Finger über Viktors Erektion gleiten. Mit einem Funkeln in den blauen Augen und einem frechen Schmunzeln hauchte der Jugendliche: »Geiler Schwanz. Den hab ich vermisst.«
Der Vampir stöhnte leise auf. Er schloss die Augen, als Luca in die Knie ging und mit seinen Lippen dabei über den Körper des Adligen streichelte. Der Junge knabberte sanft an der Haut des Anderen und arbeitete sich so Zentimeter für Zentimeter weiter nach unten vor, bis er Viktors bestes Stück erreicht hatte und mit den Fingern darüber strich. Der Unsterbliche krallte sich in Lucas Haare, als dieser seine Erektion vorsichtig mit den Zähnen packte und begann, mit der Zunge über die empfindliche Spitze zu lecken.
»Das halte ich nicht lange aus«, wimmerte der Vampir und legte den Kopf in den Nacken.
»Das ist der Sinn«, schnurrte der Blonde, während er sich langsam wieder nach oben arbeitete und auf dem Weg jeden Zentimeter von Viktors Haut mit Küssen bedeckte, bevor er sich schließlich löste und aufstand.
Er machte ein paar Schritte rückwärts und musterte Viktor, dessen Augen wieder gefährlich funkelten. Außerdem lag ein unterschwelliger, rötlicher Schimmer in ihnen. Luca stutzte einen kurzen Augenblick, ließ sich davon jedoch nicht weiter irritieren. Im Gegenteil. Er grinste frech und fragte: »Bock auf Sex?«
Mit einem leisen Knurren und ohne zu antworten, überwand der Vampir die Distanz zwischen ihnen, packte Luca an der Hüfte und drehte den Jungen um. Unsanft presste er ihn gegen die Wand neben dem Fenster.
»Ja, tu es«, stöhnte der Jugendliche, als er Viktors Härte an seinem Hintern spürte. Doch der Vampir rieb sich lediglich ein bisschen an Luca, bevor er ihn wieder herumdrehte und ins lose Stroh neben den Ballen schubste. Keine Sekunde später war der Unsterbliche neben dem Jungen, der ihn nicht aus den Augen gelassen hatte. Als Viktor sich auf ihn schob, kicherte der Jugendliche leise und schlang die Beine um die Hüften des Unsterblichen. Der keuchte auf und sah dem Jungen ins Gesicht.
»Sicher, dass du das willst? Das könnte weh tun.«
»Ja, ich bin mir absolut sicher«, erwiderte Luca und ergänzte, »sei sanft, dann wird es schon gehen. Außerdem ...« Er griff nach seiner Hose, zog die kleine Tube aus der Tasche und reichte diese Viktor. »Kein Gleitgel, aber besser als Nichts.«
Der Adlige konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Allzeit bereit, ja?«
Doch Luca lachte nur leise und erwiderte: »Nein, bestimmt nicht. Und du, mach endlich.«
Der Unsterbliche spürte das leichte Zittern der Erregung, das von Luca ausging, trotzdem zögerte er einen Moment, bevor er die Lotion großzügig auf sich und dem Jungen verteilte und schließlich ganz langsam, Stück für Stück, in den Jugendlichen eindrang. Es fiel Viktor nicht leicht, sich zu beherrschen, denn Lucas Enge machte ihn wahnsinnig. Aber er wollte dem Jungen auf keinen Fall Schmerzen bereiten oder ihn verletzen. Ein Vampir, der seine Kräfte nicht unter Kontrolle hatte, konnte schlimmen Schaden bei einem Menschen anrichten und das galt es zu vermeiden.
Nach einer Weile, als Viktor sich sicher war, dass er dem Jungen nicht wehtat, begann er, sich intensiver zu bewegen. Lucas lustvolles leises Stöhnen und sein sich winden unter ihm, heizte den Vampir an und die Nägel des Jungen, die kleine Wunden in Viktors empfindlichen Rücken rissen, machten ihn rasend.
Er knurrte dunkel und ritzte die Haut an Lucas Hals an, was diesen sich aufbäumen ließ. Viktor bewegte sich stärker und der Jugendliche ließ sich völlig auf ihn ein, genau wie bei ihrem ersten Mal. Und dann überrollte der Höhepunkt den Jungen. Mit einem lauten Stöhnen kam er und biss dem Vampir dabei in die Schulter, was diesen nun gänzlich um den Verstand brachte. Tief drang er in Luca ein und als Viktor vom Rausch seines eigenen Orgasmus überwältigt wurde, grub er seine Fänge in den Hals des Jungen und stahl sich etwas von dessen Blut.
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Willow duckte sich, nachdem sie gesehen hatte, dass ihr bester Freund diesen Grafen geküsst hatte, und rieb sich über die Augen, bevor sie sehr leise seufzte. Mit zusammengezogenen Brauen schlüpfte sie wieder aus dem Gebäude, darauf achtend, die Türe so leise und wenig wie möglich zu öffnen. Willow wollte nicht, dass die beiden im Stall doch noch bemerkten, dass sie sie gesehen hatte.
Ihr bester Freund würde ihr später ohnehin noch genug zu erklären haben!
Was ging hier eigentlich vor? Seit wann benahm sich Luca so, als würde er jedem um den Hals fallen? Erst dieser One-Night-Stand und jetzt das hier. Den ganzen Nachmittag schon hatte Willow das Gefühl gehabt, der Blonde würde diesen vornehmen Herren kennen, doch der Jugendliche hatte nichts übrig für Adlige. Wo also sollte er den Grafen getroffen haben? Dieser war zum ersten Mal hier auf dem Hof und sonst kam Luca eher selten irgendwohin, wo Personen dieser Gesellschaftsschicht verkehrten, wenn er sich davor drücken konnte.
Hatte sein Onkel die beiden bekannt gemacht? Der war im Gegensatz zu seinem Neffen nämlich erpicht darauf, sich nur in den feinsten Kreisen zu bewegen und kannte sicher eine Menge von ihnen.
Aber nein, das hätte Luca ihr bestimmt erzählt - sie konnte sich fast bildhaft ausmalen, wie sehr er abgelästert hätte über diese Leute.
Während sie den sonnenüberfluteten Weg hinter dem Stall entlangging, blickte sie über ihre Schulter auf das Gebäude zurück. Willow wollte eigentlich gar nicht wissen, was darin gerade vor sich ging, doch ein flüchtiger Gedanke trieb ihr die Röte ins Gesicht.
»Mein Gott, reiß’ dich zusammen!«, fauchte sie sich leise zu und musste kichern. Es war nun wirklich nicht in Ordnung, sich ihren besten Freund in einer solchen Situation vorzustellen. Er war beinahe ihr kleiner Bruder!
Der Blick der Rothaarigen fiel auf den Butler, der noch immer unter einem der Bäume auf der Bank saß. Er hatte sein Jackett ausgezogen und trug eine ebenso schwarze Weste darunter. Lässig hatte er die langen Beine ausgestreckt und das Gesicht gen Himmel erhoben, als würde er nur die Sommerwärme und den feinen Wind genießen.
»Entschuldigung, dass ich Sie habe warten lassen«, sprach die junge Frau ihn an, sie konnte hören, wie zittrig sich ihre Stimme anhörte. Sollte sie Sebastian sagen, dass sein Boss im Stall weiß Gott was mit Luca trieb? Wusste der Butler, dass der Mann, dem er diente, offenbar auf das eigene Geschlecht stand? Willow schüttelte fast unmerklich den Kopf. Es ging sie nichts an und schlimm war es auch nicht. Sie wusste zwar nicht, wie so etwas in Adelskreisen gehandhabt wurde, doch für sie bedeutete es nichts. Immerhin war ihr bester Freund ein Schwuler und ihr eigener Bruder bisexuell.
Sebastian wandte ihr schmunzelnd das Gesicht zu. »Das ist in Ordnung. Hier im Schatten lässt es sich gut aushalten.« Er sah sich etwas um. »Müssen wir zurück? Ich möchte meinen Herrn nicht unnötig warten lassen.«
»Ah«, machte Willow unwillkürlich, »Luca ... Luca zeigt dem Grafen die Stallanlagen«, stotterte sie und merkte, wie ihre Wangen erneut warm wurden.
Ihr entging das zarte Lächeln des Butlers. Sicher hatte Graf Viktor eine Möglichkeit gefunden, einen Moment mit dem Jugendlichen allein zu sein, um sich zu erklären.
Sich unauffällig die Hände an der Reithose abwischend, setzte sich die junge Frau zu dem Mann auf die Bank. Sie blickte über die Pferdewiese, auf der anderen Seite des Weges, wo sich Silver Spirit im Schatten der alten Bäume ins kühle Gras gelegt hatte, während Midnightdancer im Stehen neben ihm döste. Es herrschte eine angenehme Ruhe. Nur gelegentliches leises Schnauben der Pferde und das Summen der Bienen waren zu hören.
»Hat ... hat der Graf vor, Lady Bramlett zu heiraten?« Willow hatte die vornehme Dame noch nie einen Mann mit auf den Hof bringen sehen, doch so, wie sie sich Graf Draganesti gegenüber benahm, war es für die junge Frau sehr eindeutig, dass Lady Amelia Interesse an ihm hatte. Außerdem war sie Witwe, vermögend, noch nicht zu alt und oberflächlich betrachtet wirklich ziemlich attraktiv. Dass Lady Bramlett ihr, Luca und auch Alan die Hölle heiß gemacht hätte, wenn Midnightdancer in der Vorstellung versagt hätte, einfach nur, weil sie es hasste, wenn etwas nicht nach ihren Wünschen geschah, war die Schattenseite der Medaille.
Sebastian warf seiner Banknachbarin einen leicht spöttischen Blick zu, der Willow leise zum Lachen brachte.
»Verzeihung. Ich weiß, dass Sie nicht darüber reden dürften, selbst wenn Sie es wüssten. Das gehört sich nicht.«
»Das auch.«
»Oder gibt es bereits eine Gräfin Draganesti? Entschuldigung, ich bin furchtbar neugierig. Ich habe nicht so oft mit altem Adel zu tun«, kicherte die Rothaarige und schob sich eine Strähne hinter das Ohr.
»Nein, mein Herr ist ledig und verfolgt keine ernsthaften Heiratspläne. Nicht in nächster Zukunft.«
»Er wird von den Damen der Gesellschaft bestimmt umschwärmt wie ein ...«, sie sah sich um, weil ihr kein passendes Beispiel einfiel, als sie aufmerkte, »wie ein Misthaufen.« Sie brach prustend in Gelächter aus und zu ihrer Erleichterung fiel der Butler mit ein.
»Kein sehr schmeichelhafter Vergleich, aber ja, das stimmt. Er ist ein gern gesehener Gast auf den Partys der feinen Ladys und Gentlemen. Er wirkt auf die Menschen durch seinen Akzent exotisch und sie bewundern sein virtuoses musikalisches Talent .«
»Sie«, Willow wandte Sebastian das Gesicht zu, »haben auch einen sehr exotischen Akzent.« Sie spürte die Hitze in den Wangen und verfluchte ihre blasse britische Haut.
»Danke. Sie auch. Irgendwie ... hm ... schottisch?«
Willow nickte und lächelte etwas breiter. »Ja, ich bin mit meiner Grandma und meinem Bruder nach London gekommen, als ich fünf war, aber der Dialekt ist geblieben.«
»Das ist gut. Sprache ist das Stück unserer Heimat, das wir immer mit uns tragen, egal wo es uns hinverschlägt.« Sebastian beschloss, der Höflichkeit halber nicht nach dem Verbleib der Eltern der jungen Frau zu fragen. Für eine leichte Konversation erschien ihm das nicht passend, sollte es eine traurige Geschichte dazu geben. Er wollte niemanden belasten oder die Laune verderben.
»Also haben Sie und der Graf Rumänien ganz hinter sich gelassen?«
»Nein. Aber die meiste Zeit des Jahres verbringen wir hier. Hier ist das Zentrum von Graf Viktors sozialem Leben und auch ich habe hier mehr Umgang als in unserer Heimat. Wir leben dort doch sehr einsam.«
»Nur Sie beide?«
Sebastian nickte und zog sich sein Jackett wieder über. »Und es ist nicht halb so merkwürdig, wie es sich anhört«, lachte der Butler leise.
»Das ... das habe ich auch nicht gedacht«, murmelte Willow verlegen und wandte wieder den Kopf zum Stall. Ob Luca und der Graf noch immer darin waren?
Sie zuckte zusammen, als sie ihr Handy in der Hosentasche vibrieren spürte. Hektisch zog sie es hervor und erkannte Alans Nummer auf dem Display.
»Ja?«, beantwortete sie den Anruf.
»Willow! Wo seid ihr alle? Hast du die Pferde auf die Wiesen gebracht? Und wo ist Luca hin? Solltet ihr dem Grafen nicht das Anwesen zeigen? Kommt sofort nach vorn, bevor Lady Bramlett ungeduldig wird!« Der Gestütsbesitzer hatte seinen Wortschwall zischelnd wie eine Schlange in das Telefon gefaucht. Offenbar stand er unter Stress, was man ihm nicht verübeln konnte, nachdem er einige Zeit mit Lady Amelia allein gewesen war, die furchtbar anstrengend werden konnte.
»Bin gleich da«, entgegnete Willow ihrem Boss knapp und beendete das Telefonat.
»Die Pflicht ruft?«, Sebastian lächelte.
»Ja. Wir sollten nach vorn zurückgehen.«
»Wo nur mein Herr steckt. Er hatte großes Interesse am ganzen Anwesen gehabt und nun ist er verschollen«, der Butler konnte sich ein spitzbübisches Grinsen nicht verkneifen, das Willow nicht als solches erkannte.
»Vermutlich hat sich Luca damit verquatscht, ihm sämtliche Sättel genauestens zu zeigen«, murmelte die junge Frau, unangenehm berührt, weil sie nicht wusste, was ihr Freund trieb und dass der einfach nicht auftauchte. Seufzend erhob sie sich von der schattigen Bank und kehrte mit dem Butler zurück zum Vorplatz des Hofes.