Sicherlich kennst du den Spruch, dass der erste Satz einer Geschichte der entscheidende sei. Es gibt Listen der besten ersten Sätze! Agenturen und Verlage lesen manchmal nur den ersten Satz, ehe sie entscheiden, ob das Buch die restliche Arbeit wert ist – nun, ganz so dramatisch ist es vielleicht nicht immer, dennoch ist der erste Satz wichtig. Er ist das grundlegende Mittel, um eine Seite mit Wörtern zu füllen und eine Schreibblockade zu überwinden. Hier geht’s jetzt also darum, deine ersten Sätze ein wenig zu trainieren!
Die ursprüngliche Version der Challenge greift das Design deiner Geschichte massiv an. Da die Idee nicht jedem gefällt, gibt es auch eine weniger aufwendige „nur für dich“-Challenge. Diese ist eher darauf ausgelegt, ein bereits existierendes Werk zu überprüfen, während die erste Version voraussetzt, dass du eine neue Geschichte beginnst und schreibst.
Version 1
Du beginnst eine neue Geschichte. Am besten hast du einen groben Plan, was passieren soll, aber Discovery tut es hier auch. Mache dir hier allerdings keine Gedanken um Kapiteltitel, denn – der erste Satz von jedem Kapitel ist gleichzeitig die Kapitelüberschrift!
[Das habe ich selbst mal gemacht und war von der Wirkung für meinen Schreibstil begeistert. https://belletristica.com/de/books/11366-freedom-means-to-fall/chapter/26791-was-sind-die-wichtigsten-dinge-die-man-zum-uberleben-braucht]
Die „Regeln“ hier sind einfach: Der allererste Satz wird bis zum ersten Punkt in die Überschrift gepackt. Ist der Satz zu lang (beispielsweise aufgrund einer Zeichenbeschränkung), darf man an einem Komma kürzen. Lange Sätze sollten aber wenn, mit Begründung gewählt sein und werden ansonsten am besten vermieden. Satzzeichen werden immer mitgenommen, beispielsweise auch Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Zur Aufhübschung darf hier etwas gemogelt werden. Wenn du beispielsweise mit einem längeren Absatz in der wörtlichen Rede beginnst, aber nur den ersten Satz nutzt, darfst du die schließenden Anführungszeichen einsetzen, die sonst erst viel später folgen würden.
Als verdeutlichende Beispiele:
Erster Satz: Dies ist ein langer Nebensatz mit vielen Erklärungen, Beschreibungen, eingefügten anderen und – weils so schön ist – noch mehr Nebensätzen!
Der Kapiteltitel: Dies ist ein langer Nebensatz mit vielen Erklärungen, …
Oder: Dies ist ein langer Nebensatz …
Erster Satz: „Ein erster Satz in wörtlicher Rede. Gefolgt von noch mehr Sätzen!“
Der Kapiteltitel: „Ein erster Satz in wörtlicher Rede.“
Erster Satz: „Wörtliche Rede“, gesagt mit einem Redebegleitsatz.
Der Kapiteltitel: „Wörtliche Rede.“
Version 2:
Nimm eine bereits existierende Geschichte von dir und schreibe dir die ersten Sätze jedes Kapitels in einer separaten Datei auf! Keine Änderungen, nichts, was die Leser sehen, nur eine private Datei auf deinem PC.
Uuund das wichtigste:
Mit dieser Taktik sollte es dir schnell auffallen, wenn deine Sätze immer gleich anfangen. Beginnst du vielleicht immer mit einer allgemeinen Beschreibung der Landschaft? Wie wirken deine ersten Sätze, wenn man sie in Folge liest? Gibt es immer den gleichen Aufbau von Subjekt-Prädikat-Objekt?
Wenn dir solche Häufungen auffallen, wird es Zeit, daran zu arbeiten! Versuche, mit deinem ersten Satz mitten im Geschehen zu sein. Schreibe lebendig. Kein „Es war ein nasser Septembertag.“, sondern ein „Der Regen ertränkte die grauen Straßen.“ Im Idealfall gibt deine Sammlung erster Sätze Stimmung oder Atmosphäre wieder, ohne dem Leser irgendwas über den Inhalt des Kapitels zu sagen – wir sollen ja nicht, dass deine Geschichte nach Lektüre des Inhaltsverzeichnisses gespoilert ist!
Gibt es generische Sätze, oder sind deine ersten Sätze kraftvoll und einzigartig? Fangen alle Szenen „gleich“ an, oder merkst du einen deutlichen Unterschied zwischen Action und Ruhe?
Probleme bei den ersten Sätzen werden dich vermutlich ganz von selbst anspringen, wenn du die Liste oder das Inhaltsverzeichnis betrachtest. Dieser kleine Trick ermöglicht dir einen Einblick in deinen Schreibstil, auf wenige Zeilen komprimiert. Stell dir selbst die Frage, welche Wirkung diese wenigen, unzusammenhängenden Sätze auf dich haben und ob sie dem entsprechen, was du für deine Geschichte möchtest.