Strömender Regen machte es unmöglich ein halbwegs vernünftiges Tempo zu halten. Dazu kam eine alles verschlingende Dunkelheit, die es verhinderte, die Ränder der Fahrbahn genügend einzusehen.
"So gibts wenigstens kein Aquaplaning," dachte er sich als er mit angestrengter Miene seinen Wagen langsam Richtung Heimat lenkte. "Ich hätte doch versuchen sollen, einen Flug zu bekommen. Ich muss mir die Erledigung meiner Aufträge in Zukunft besser einteilen. Wenn ich keinen billigen Flug kriege, geht die ganze Reisepauschale auf, wenn ich mit dem Wagen fahre darf ich die Zeit auch nicht rechnen, auch wenn unterm Strich ein paar Hunderter bleiben."
Peter Handl hatte sich vor ein paar Jahren selbstständig gemacht. Er war Softwareentwickler für Systemsteuerungen. Es ist ein Unterschied, ob man Verkaufssysteme für Onlineshops programmiert, oder Steuerungen für verschiedenste Anwendungen. Sein Gebiet ging in Richtung Mechatronik. Die schönste Maschine hat keinen Sinn, wenn sie nicht mit dem User kommuniziert. Als Maschine kann man alles bezeichnen, was nicht Mensch ist und eine Arbeit verrichtet und sei es nur eine wiederkehrende Bewegung. Peters Aufgaben waren jedoch meist sehr viel komplizierter. Er hatte sich einen guten Namen gemacht in der Branche. Nicht selten wurden Konstruktionen, die er programmierte auf sein Betreiben hin erweitert, bis eine komplexe Apparatur entstand, die dem ursprünglichen Kundenwunsch mehr als entsprach. Sehr viel von seiner Arbeit konnte er zu Hause an seinem Rechner machen. Allerdings musste er sich vorher ein Bild davon machen, was genau er für Abläufe nach welchen Kriterien kreieren sollte.
Auf dem Heimweg von Stuttgart, wo er einen Auftrag angenommen und eine Maschine und deren Abläufe studiert hatte, war er schon Stunden unterwegs. Es war kurz vor Mitternacht, die Autobahn war geisterhaft leer heute, nur der blendende Gegenverkehr war lästig. Die Lichter auf der regennassen Windschutzscheibe erschwerten die ohnehin schlechten Sichtbedingungen nochmal erheblich. Langsam wurde die Gefahr eines Sekundenschlafes immer größer. In einiger Entfernung stand ein Warndreieck, ein Stück weiter vorne ein unbeleuchtetes Fahrzeug. Ein Auto und eine Person auf dem Pannenstreifen. Armer Hund, dachte er sich. Das ist heute auch nicht lustig. Offenbar stand die Gestalt im strömenden Regen, denn er konnte eine bewegte Warnweste erkennen. Er verlangsamte seine Fahrt und sah, dass die Person mit beiden Armen winkte. Auch schon egal, bleib ich halt kurz stehen. Er setzte die Warnblinkanlage in Gang und rollte hinter dem Pannenfahrzeug aus. Eine junge Frau stand da völlig durchnässt. "Gehen sie auf die Beifahrerseite!" rief Peter durch den kleinen Spalt, den er die Scheibe hinuntergelassen hatte. Die Frau ging auf die andere Seite, machte jedoch keine Anstalten, die Tür zu öffnen, also ließ Peter die Seitenscheibe einen Spalt herunter. "Steigen sie doch ein, mir regnet's ja zum Fenster rein. Und sie sind auch schon ganz nass. Sie holen sich ja den Tod!" Ängstlich öffnete sie die Tür und stieg ein. "Na also! Was ist denn mit ihnen?" - "Ich steige normal nicht zu fremden Männern ins Auto, aber mein Auto streikt und mein Handy auch!" - "Bei mir funktioniert beides. Wir können den Pannendienst rufen, wenn sie wollen. Aber sie sollten die Warnblinkanlage einschalten." - "Geht nicht! Alles was Strom verbraucht ist tot. Auch das Handy." Peter stutzte. Das war schon sehr seltsam. Selbst wenn die Batterie im Auto aus irgend einem Grund defekt war, das Handy war davon normalerweise nicht betroffen. "Wo gibts denn sowas?" - "Ich fürchte, wenn ich ihnen die Wahrheit sage, glauben sie mir kein Wort und werfen mich aus ihrem Auto, weil sie mich für eine Irre halten..." Peter überlegte kurz und meinte dann: "Bei diesem Wetter haben sie eine reelle Chance, bleiben zu dürfen."